Heiligenhaus. Warum wird man heute Priester, wie hat sich Pastor Nicolae Nuszer in Heiligenhaus eingelebt und wie sieht die die Zukunft der Gemeinde aus?
Es sind keine einfachen Zeiten für die Katholiken – Diskussionen um die Zukunft, viele Austritten auch aufgrund von Missbrauchsskandalen oder der Umgang mit dem Thema Homosexualität gibt es bundesweit. In Heiligenhaus steht nun der Übergang zu einer pastoralen Einheit mit der Velberter St. Michael und Paulus-Gemeinde an. Pfarrer Nicolae Nuszer (45) im Interview über die Herausforderungen und seine Zeit in Heljens.
Herr Nuszer, Sie haben vor ein paar Jahren die Gemeinde von Alfons Demand übernommen. Wenn Sie jetzt noch einmal zurückblicken, wie war die Anfangszeit für Sie?
Nicolae Nuszer: Wenn jemand Neues kommt, kommt es auch zu Änderungen. Viele vergleichen, und nicht alle konnte ich erreichen. Gerne möchte ich vorwegnehmen, dass ich am Anfang als erzkonservativ und Hardliner, auch in Ihrer Zeitung, vorgestellt wurde. Ich würde mir aber wünschen, dass man nicht in Schubladen denkt und sich fragt, welcher Richtung jemand angehört. Ich habe die Menschen hier nun über die Jahre kennen- und lieben gelernt. Es war nicht einfach, aber das war es sicher auch nicht für Alfons Demand, als er nach Heiligenhaus kam. Man spricht die einen an und manche leider nicht.
Wie würden Sie Ihre Art beschreiben?
Als Priester muss mich in meiner Ausrichtung nur fragen: Ich halte es mit Rom – oder nicht. Mein pastoraler Ansatz ist es, Menschen zu Christus zu führen. Jesus war eine fantastische Person, er konnte die Wahrheit sprechen, ohne die Menschen zu verletzen und die jeder annehmen kann. Es gibt nicht den einen Weg zum Glauben an Gott, jeder hat seinen eigenen Weg, Gott wird unterschiedlich erfahren. Wie kann ich einen Raum anbieten, Christus kennenzulernen? Das geht nur, indem ich mich intensiv mit der Heiligen Schrift beschäftige. Das Gelesene sollte dann in kleinen Gruppen vertieft werden. Der eigene Glaube wächst und wird geschliffen in der Gemeinschaft, das geht nur, wenn man sich kritisch mit dem eigenen Glauben auseinandersetzen kann.
Inwieweit darf sich ein Gläubiger denn kritisch mit Bibelpassagen oder dem Glauben auseinandersetzen?
Freiheit besitzt jeder auch vor Gott – es ist unser Glaube, der Glaube der Kirche, nicht mein Glaube. Der Glaube ist in der Kirche überliefert, meine Rolle ist es, anzuregen. Man darf, man muss kritisch sein, blinder Gehorsam oder dass der Wille ausgeschaltet wird, das bringt den Glauben nicht weiter. Glauben mit Vernunft – im gemeinsamen Glauben unter einem Dach setzten wir uns mit Jesu Worten und der Wahrheit auseinander.
Sie baten am Anfang darum, nicht Pfarrer, sondern Pastor genannt zu werden. Können Sie das erklären?
Das ist nicht ganz richtig. Ich spürte, dass ich Priester sein möchte. Mir ging es nicht um die Funktion der Leitung einer Gemeinde, also das Pfarramt. Ich bin hier bestellt für euch, mit euch. Ich sehe mich als Pastor als Hirte, der seine Schafe im Blick hat. Leitung ist auch, zu verdeutlichen, Glauben ist kein Wunschkonzert. Also stelle ich die Frage, was braucht der Mensch, um zu wachsen? Ein Hirte schaut, dass seine Schafe gut versorgt sind, er lässt sie nicht alles machen, denn einiges könnte ihnen schaden. Er leitet sie. Eine Mutter wird ihr Kind nicht mit Messern spielen lassen, womit sich das Kind verletzten könnte, sondern Alternativen anbieten – und Konsequenzen aufzuzeigen.
Wann war Ihnen persönlich klar, dass Sie diesen Weg zum Priester gehen wollte?
Ich habe den Ruf mehrfach gehört. Ich war aktiv in meiner Heimatgemeinde in Rumänien, unter anderem als Messdiener und Jugendleiter. Ich hatte mich am Anfang zunächst gesträubt, da dieser Weg nicht mit meinen Lebensplänen konform ging. Ich hatte auch Freundinnen, zum Beispiel. Doch beim Weltjugendtag 1997 in Paris hörte ich den Ruf zum dritten Mal – und da habe ich es deutlich gespürt, dass es der richtige Weg für mich ist. Es war kein einfacher Weg. Ich spürte dann den Wunsch, nicht nur einer Gemeinde zu dienen, sondern mich senden zu lassen. So kam ich nach Bonn, anschließend nach Wuppertal, war Kaplan in Köln-Deutz und dann im Oberbergischen. Als der Ruf nach Heiligenhaus erfolgte, muss ich ehrlicherweise gestehen, wusste ich nicht, wo das liegt (lacht).
Was wünschen Sie sich für die Zukunft, auch im Hinblick auf die pastorale Einheit, die mit der Velberter Gemeinde St. Michael und Paulus ansteht?
Ich würde mir persönlich wünschen, dass wir uns in Zukunft aufeinander einlassen, dass wir Menschen nicht in Schubladen stecken. Mir kann vieles nicht gefallen, aber im gemeinsamen Glauben können wir einen Weg finden. Kirche muss nicht homogen sein, das bringt sie in Schwung. Ich gehe auf die Menschen zu und ich würde mich freuen, wenn die Menschen auch auf mich zukommen würden, die sich am Anfang vielleicht zunächst entschieden haben, weil ich eben anders als Alfons Demand bin.
Was die pastorale Einheit, und nicht etwa die Fusionierung, angeht: Die Kennenlernphase beider Gemeinden St. Suitbertus und St. Michael und Paulus beginnt nun am 1. September, dann tritt die Anordnung in Kraft. Ein Jahr lang wird sich personell und bei der Gottesdienstordnung nichts ändern, die Pfarreien lernen sich kennen und versuchen, zueinanderzufinden. Pfarrer Ulrich Herz wird absehbar in den Ruhestand gehen, Pater George wird nach fünf Jahren in eine andere Gemeinde gesendet. Wer dann der pastoralen Einheit als Pfarrer vorsteht, wird man dann sehen. Wichtig ist: Die Themen Verwaltung, Finanzen und Immobilien verbleiben in den Gemeinden. Die Kirchenvorstandswahlen sollten 2024 stattfinden, werden aber nun gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat 2025 durchgeführt. Alle Entscheidungen werden vom Bistum gesteuert.