Heiligenhaus. Es kommen wieder mehr Flüchtlinge nach Deutschland – das hat auch Auswirkungen auf Heiligenhaus. Stadt sucht nach Wohnraum und hat eine Bitte.

Es kommen wieder mehr Asylsuchende nach Deutschland und das nicht nur aus der Ukraine. Das stellt die Kommunen vor weitere Herausforderungen. Heiligenhaus muss bis Ende des Jahres noch 118 Menschen aufnehmen, und das, obwohl die Stadt schon an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Auf der Suche nach Wohnraum hat die Stadt nun eine große Bitte: Dass Vermietende keinen Unterschied mehr machen bei der Herkunft der Geflüchteten.

Jonathan Köhlinger vom Sozialamt der Stadt hat die Situation der hiesigen Geflüchteten, aber auch die weltweiten Nachrichten im Blick: „Mit den Jahren kommt die Erfahrung, da sieht man Krisen in aller Welt und weiß, da kommen bald wieder Menschen, die aus dieser Situation flüchten wollen.“ Aus vielen Ländern tun Menschen es aus unterschiedlichen Gründen, aus purer Armut, aus Angst vor Krieg oder weil sie wegen ihrer Religion oder Sexualität gefährdet sind. „Wir hatten in diesem Jahr viele Flüchtlinge aus der Ukraine und sind froh, dass hier die Heiligenhauser schnell und unkompliziert Wohnraum zur Verfügung gestellt haben“, berichtet Köhlinger.

So sieht der Wohnraum für Geflüchtete in Heiligenhaus aus

In der Harzstraße in der Oberilp sind viele Geflüchtete untergebracht. Hier gibt es auch eine Anlaufstelle direkt vor Ort von der Diakonie.
In der Harzstraße in der Oberilp sind viele Geflüchtete untergebracht. Hier gibt es auch eine Anlaufstelle direkt vor Ort von der Diakonie. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Denn der städtische Wohnraum ist knapp bemessen. Ende September stellte sich die genaue Zuordnung wie folgt dar: In der Harzstraße 9 leben derzeit 134 Bewohner, davon sind 30 anerkannt, 76 im Verfahren, 28 geduldet – freie Plätze gibt es derzeit 26. An der Ludgerusstraße 5 leben 32 Menschen, davon sieben Obdachlose, zehn anerkannt, zwölf im Verfahren und zehn geduldet – sieben Plätze sind frei. Im Bereich Rhönstraße sind 20 der 21 Plätze belegt, davon sechs anerkannt, neun im Verfahren und fünf geduldet. In Tüschen leben sieben Personen, alle sieben sind anerkannt, 23 freie Plätze stehen hier noch zur Verfügung. Am Werkerhofplatz leben aktuell zwölf Personen, davon einer im Verfahren, zehn geduldet – einen freien Platz gebe es noch. In sonstigen Wohnungen leben 119 Menschen, davon 119 anerkannt; acht freie Plätze gibt es hier ebenfalls.

Unterm Strich leben derzeit also 323 Flüchtlings- und Asylbewerber in Heiligenhaus – 65 freie Plätze stünden ad hoc zur Verfügung. Was bei weitem nicht reichen würde, denn Heiligenhaus muss bis Ende des Jahres noch über 100 Menschen aufnehmen, wie Köhlinger berichtet: „Die Quote wird regelmäßig angepasst. Derzeit müssen wir noch 106 dauerhaft anerkannte Geflüchtete aufnehmen und zwölf nicht Anerkannte.“ Auf dem Wohnungsmarkt gebe es jedoch viel Bewegung, „das stellt uns als Stadt vor eine echte Herausforderung.“ Und hier hat Jonathan Köhlinger eine große Bitte: „Die Heiligenhauser haben sehr unkompliziert und sehr schnell Wohnraum für ukrainische Geflüchtete zur Verfügung gestellt. Das würde ich mir auch für Menschen anderer Nationalität wünschen, aber es werden leider Unterschiede wegen der Herkunft bei den Vermietern gemacht, das ist leider so.“

Menschen aus Resettlement-Programm kommen nach Heiligenhaus

Ein Übergangsheim wie hier an der Ludgerusstraße kann keine Lösung für anerkannte Geflüchtete sein und hofft, dass Vermieter Wohnraum melden – und das Unvoreingenommen bezüglich der Herkunft.
Ein Übergangsheim wie hier an der Ludgerusstraße kann keine Lösung für anerkannte Geflüchtete sein und hofft, dass Vermieter Wohnraum melden – und das Unvoreingenommen bezüglich der Herkunft. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Dabei gehe es unter anderem um besonders gefährdete Geflüchtete, berichtet Köhlinger weiter: „Wir haben erstmals Geflüchtete aus dem Resettlement-Programm. Das sind ganz besonders gefährdete Menschen, die derzeit in einem Erstfluchtland leben, sich aber aussuchen können, in die Nähe von Verwandten zu ziehen.“ Häufig leben diese Verwandten im Großraum Rhein-Ruhr, doch auch die Städte gelangen irgendwann an ihre Kapazitätsgrenzen, „da kommen wir dann als nahe liegende Stadt ins Spiel.“ Bei diesen Menschen handele es sich zum Beispiel um ehemalige Ortskräfte aus Afghanistan. „Ich würde mir wünschen, dass man diese oftmals westlich sozialisierten Menschen kennenlernt und sich unvoreingenommen ein Bild machen kann, dass diese Menschen wie du und ich sind.“

Die Zuteilung erfolge dann sehr spontan, „es ist so, dass dann ein Flugzeug 120, 130 Menschen aus dem Erstfluchtland hier nach Deutschland bringt und dann erfolgt die Zuweisung in den nächsten zwei Tagen“, berichtet Köhlinger. „Und es kommt nicht selten vor, dass es sich dabei um Großfamilien handelt.“ Die könnten schwierig in ein Übergangsheim. Und auch die platzen eben aus allen Nähten – das Schlimmste, was dann passieren würde, sei, wenn Menschen zu lange in diesen eigentlich nur für einen kurzen Aufenthalt angedachten Notunterkünften leben müssten, „da staut sich dann einfach auf engem Raum mit der Zeit auch Frust auf.“ Gerade alleinstehende Herren könnten da in einen Kreislauf mit psychischem Druck und Unzufriedenheit gelangen.

Derzeit wöchentliche Zuweisungen

Wenn die 118 Menschen dann aufgenommen sind, könnte das aber noch nicht das Ende sein, weiß Köhlinger: „Die Quote wird immer an die aktuelle Situation angepasst. Wir erhalten derzeit jede Woche wieder Zuweisungen, was aber eben auch daran liegt, dass neben NRW nur ein weiteres Bundesland derzeit Geflüchtete aufnimmt.“

Doch auch Positives gebe es aus der Flüchtlingspolitik zu vermelden, findet Köhlinger: So sollen Geflüchtete, die schon seit fünf Jahren hier leben, ihre Identität geklärt haben und sich um ein eigenständiges Leben mit Job und Unterkunft bemühen, endlich aus dem Duldungskreislauf ausbrechen können. Dieser Aufenthalt auf Probe könnte dann auch für einige Heiligenhauser Geflüchtete in Kraft treten.

Die kleine Halle der Karl-Heinz-Klein-Halle wird weiterhin als mögliche Notunterkunft bereitgehalten.
Die kleine Halle der Karl-Heinz-Klein-Halle wird weiterhin als mögliche Notunterkunft bereitgehalten. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

>>> Notunterkunft ist weiter in Betrieb