Heiligenhaus. Um die Entwicklung von Heiligenhaus nach dem Zweiten Weltkrieg geht es im nächsten Teil unserer Serie zum Doppeljubiläum.
Nachdem sich in den drei vorherigen Teilen der Serie zum Stadtjubiläum alles um die entfernte Vergangenheit gedreht hat, soll es in diesem vorletzten Abschnitt um den Weg von Heiligenhaus bis hin zur Jahrtausendwende gehen.
Dafür haben sich Bürgermeister Michael Beck, Bürgermeister-Büroleiter und langjähriger Wirtschaftsförderer Peter Parnow und Stadtarchivar Dr. Axel Bayer zu einer Gesprächsrunde mit WAZ-Mitarbeiter Simon Klaus im Rathaus eingefunden.
Was war die Triebfeder zur Entwicklung von Heiligenhaus?
Auch interessant
Die einleitende Frage: Was war eigentlich nach den Zeiten der Erhebung zur Stadt mit damals rund 10000 Einwohnern die größte Triebfeder zur Entwicklung von Heiligenhaus? Archivar Dr. Axel Bayer hat eine deutliche Antwort: „In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kamen zahlreiche Flüchtlinge nach Deutschland. Dadurch hatte man auf einmal Ende der 1960er-Jahre mehr als 30.000 Einwohner – und genug Arbeiter für die Unternehmen!“
Alleine AEG habe stellenweise mehr als 5000 Mitarbeiter gehabt, wie Peter Parnow feststellt: „Die Entwicklung der Elektronik-Branche als zweite große Industrie in Heiligenhaus war sehr wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung.“
Heiligenhaus war Weltmarktführer im Bereich von Auto-Schließsystemen
Auch der Autoboom in dieser Zeit hat den Heiligenhauser Schlüssel-Unternehmen in die Karten gespielt. Dr. Axel Bayer blickt zurück: „Heiligenhaus war Weltmarktführer im Bereich Schließsysteme für Autos. Je mehr die Nachfrage gewachsen ist, desto mehr waren auch die Heiligenhauser Produkte gefragt.“
Mit steigender Einwohnerzahl veränderte sich die schlauchförmige Charakteristik
Mit der wachsenden Bevölkerung schrumpfte eine Charakteristik von Heiligenhaus: die vormals sehr „schlauchförmige“, da vorwiegend entlang der Hauptstraße, entwickelte Stadt dehnte sich in Richtung Norden und Süden aus. Hierbei wurden zahlreiche neue Viertel wie beispielsweise der Nonnenbruch oder die Ober- und Unterilp gegründet.
Doch nicht nur die Entwicklung der Einwohnerzahl sowie die Wirtschaft haben interessante Geschichten hervorgebracht. So erzählt Bürgermeister Michael Beck eine spannende Anekdote zum Heljensbad, die mit diesem rasanten Bevölkerungswachstum zu tun hat: „Man hatte sich damals auf weiteres Wachstum eingestellt und somit das neu gebaute Heljensbad auf 50.000 Einwohner konzipiert. Heute profitieren wir alle von dem weitläufigen Areal“, so Beck lachend. Der Anstieg indes blieb jedoch vor allem wegen anhaltenden Problemen mit der Abwasserentsorgung und einem damit einhergehenden Baustopp aus.
Diskussionen um Eigenständigkeit der Stadt
Doch das Heljensbad sollte bereits 1975 eine entscheidende Rolle spielen: „Im Zuge der kommunalen Gebietsreform sollten zahlreiche Städte und Gemeinden zusammengefasst werden. Da war die Frage: wie eigenständig ist eine Stadt?“ erläutert Michael Beck. Heiligenhaus habe damals unter anderem durch das Heljensbad, aber auch durch die diversen Schulformen und den Club als Veranstaltungs- und Jugendzentrum punkten und eigenständig bleiben können.
Doch bei allen positiven Effekten gab es logischerweise auch negative Faktoren. So konnte das infrastrukturelle Konzept der Stadt vor allem im Bereich Verkehr nicht mit dem Wachstum der Stadt mithalten. Knapp 30.000 Autos quetschten sich Tag für Tag durch die Innenstadt Richtung Ratingen – Richtung Velbert waren es gerade einmal einige Tausend weniger.
Die Lösung dieses Problems, der Status quo von Heiligenhaus sowie ein Ausblick in die nahe Zukunft wird Bestandteil des letzten Teils dieser Serie sein.
>>> Das Doppeljubiläum
Vor 125 Jahren – 1897 – hat sich Heiligenhaus von Velbert getrennt und wurde eine eigenständige Landgemeinde.
Weitere 50 Jahre später, am 1. April 1947, wurden der Stadt mit Urkunde des Innenministeriums NRW die Stadtrechte verliehen. Heiligenhaus ist somit seit 75 Jahren eigenständige Stadt.
1947 hatte Heiligenhaus knapp 12.00 Einwohner – heute sind es mehr als 26.000.