Heiligenhaus. Folgt man den Ausführungen eines Gutachters, dann könnten die Tage des Südrings als Einbahnstraße gezählt sein. Es gibt viele, was dafür spricht.
Es ist seit langem ein großes Thema in Heiligenhaus: Warum braucht man drei Richtungsspuren nach Osten Richtung Hetterscheidt/ Velbert und nur eine nach Westen, Richtung Hösel? Vor allem seit der Öffnung der A44 und dem dadurch bedingten, stark gesunkenen Verkehrsaufkommen auf dem Südring (2002 waren es täglich rund 17.000 Fahrzeuge, 2019 sind es etwa 7000), steht die Frage im Raum, ob des nicht sinnvoller wäre, die B 227 für den Straßenverkehr in zwei Richtungen zu öffnen, statt sie weiter als zweispurige Einbahnstraße zu nutzen.
Geteilte Meinung der Heiligenhauser über eine mögliche Zweirichtungsführung des Südrings
„Es gibt Anwohner, die darüber froh wären, weil sie auf ihren persönlichen Wegen Umwege vermeiden können. Andere sind strikt gegen eine solche Veränderung, weil sie dann eben wieder mit mehr Verkehr rechnen müssen“. weiß Tiefbauamtsleiter Michael Krahl. Um die bestmögliche Lösung zu finden, wurde von der Verwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben – mit der Fragestellung, wie sich ein potenzieller „Spurwechsel“ auf die verkehrstechnische Gesamtsituation auswirken würde.
Erfassung der Verkehrssituation mit hochmodernen Meßanlagen
Der beauftragte Bochumer Gutachter, Lothar Bondzio, Diplom-Ingenieur für Verkehrswesen, hat zuerst einmal die jetzige Verkehrssituation anhand verschiedener, hochmoderner Meßmethoden erfasst. „Wir haben dazu unter anderem die Bluetooth-Messung durchgeführt. Dabei verbinden sich die Messstationen anonymisiert mit den eingeschalteten Handys der Autofahrer. Wird das selbe Handy an mehreren Mess-Stationen erfasst, bekommen wir so sehr genaue Daten über Fahrtrouten und deren Zwecke. Das ist datenschutztechnisch wesentlich unbedenklicher und genauer, als beispielsweise die Erfassung von Autokennzeichen“, erläutert Bondzio.
Verkehrsaufkommen wird sich bis 2035 nicht gravierend verändern
Tempo-30-Zone vor Tersteegen Schule
Der Verkehrsausschuss will sich dafür stark machen, dass vor der Tersteegen Schule an der Velberter Straße eine Tempo-30-Zone eingerichtet wird. Bei einer Ortsbegehung mit Elternvertretern und Polizei habe sich gezeigt, dass eine solche Maßnahme sinnvoll sei, so Michael Krahl, Leiter des Tiefbauamtes.
Auch der Blitzkasten auf Höhe der Schule soll reaktiviert werden, eine Anfrage dazu an die Kreisverwaltung wird folgen.
Eine Prognose für 2035, unter Berücksichtigung einwirkender Fakten, wie der demografische Wandel oder die bis dahin höchstwahrscheinlich fertig gestellte A44, kann der Experte ebenfalls abgeben: es sei nicht mit großen Veränderungen in Bezug auf das innerstädtische Verkehrsaufkommen zu rechnen. Basierend auf diesen Ergebnissen hat der Gutachter nun zwei mögliche Planfälle untersucht.
Gutachten spielt zwei Fallmöglichkeiten durch
Fall eins: Der Südring wird so umgebaut, dass der Verkehr künftig in beide Richtungen fließt, die Velberter Straße würde Einbahnstraße bleiben. Bauliche Maßnahmen am Knotenpunkt Abtskücher Straße/Hauptstraße/ Pinner Straße könnten zu einer Zusammenführung der Fahrtrichtungen führen. „Dabei haben wir festgestellt, dass es auf dem Südring in den unterschiedlichen Abschnitten zu einer Mehrbelastung zwischen 700 und 4000 Fahrzeugen pro Tag kommen wird, dafür aber die Westfalenstraße/ Rheinlandstraße entlastet wird. Knotenpunkte, also Kreuzungsbereiche, können auf Grund der Straßenbreite problemlos umgebaut werden, etwa wenn eine Linksabbiegerspur eingerichtet werden muss“, informiert der Bochumer Experte, der in den vergangenen Jahren bereits häufiger für die Stadt Heiligenhaus beratend tätig war.
Fall zwei beschäftigt sich ebenfalls mit der Möglichkeit des Zweirichtungsverkehrs auf dem Südring. Die Velberter Straße würde bei dieser Variante ebenfalls in beide Richtungen befahrbar werden und würde dadurch besonders attraktiv für die Hetterscheidter. Der Durchgangsverkehr Richtung Velbert/ A44 würde über die Pinner Straße (ebenfalls in diesem Bereich Zweirichtungsfahrbahn) geleitet werden. Auch hier kommt der Verkehrsingenieur zu einem ähnlichen Ergebnis: Verlagerungen des Verkehrs entstünden nur lokal begrenzt, es gäbe einen leichten, wenig wahrzunehmenden Anstieg beim Verkehrsaufkommen, die Velberter Straße würde um 50 Prozent entlastet, dafür würde die Pinner Straße mehr frequentiert. Ebenfalls sei ein Ausbau der Knotenpunkte auch hier kein Problem.
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Emissionsgutachten wird nachgereicht
Ob denn eine CO2-Bilanzierung auch Teil des in Auftrag gegebenen Gutachtens sei, möchte Ausschussmitglied Stefan Okon (WAHL) wissen. Das nicht, lässt der Gutachter wissen, allerdings sei klar, dass bei den durch den Umbau eingesparten Umwegen, die viele täglich durch das Einbahnstraßensystem in Kauf nähmen, eine Schadstoffreduzierung logische Konsequenz sei. Die Verwaltung wird aber auf Antrag der Grünen ein Emissionsgutachten erstellen lassen.
Kosten sind noch nicht bezifferbar
Auch zu den Kosten kann der Gutachter nichts sagen. An einem solchen Punkt Zahlen zu nennen, sei grob fahrlässig, denn man wisse nie, was einen erwarte. Dazu sei alles noch nicht konkret genug geplant und untersucht, so der externe Ingenieur. „Wir haben nun Fakten auf dem Tisch, die wir der Politik vorlegen können. Fakten, anhand derer man diskutieren und einen Entschluss fällen kann“, resümiert Michael Krahl, „wir hoffen nun, dass sich viele Bürger in die Diskussion einbringen werden, damit wir zeitnah eine Entscheidung treffen können.“