Heiligenhaus. . Im WAZ-Sommerinterview nimmt die Fraktion der Grünen Stellung zu den Themen des Jahres. Schnelles Handeln fordern sie nun beim Heljensbad.

Für die Grünen ist der zukunftsfähige Erhalt des Heljensbads das bestimmende Thema in der Stadt, und als Oppositionspartei verlangen sie dort ein schnelles Handeln aller Fraktionen sowie eine Bürgerbeteiligung. Doch sie wollen auch mit Themen Akzente setzen, die ihrer Meinung nach bei manch anderen Parteien keine hohe Priorität genießen – wie der Radverkehr und der Verzicht auf Beigeordnete. Mit der Fraktionsvorsitzenden Beate-Marion Hoffmann und ihrem Stellvertreter Lothar Nuthmann sprach WAZ-Redakteur Oliver Kühn im Sommerinterview.

Frau Hoffmann, Herr Nuthmann, was ist ihre Lösung für das Heljensbad?

Nuthmann: Ein Ganzjahresbad ist unverzichtbar. Wir wollen ein Allwetterbad, bei dem man das Dach und die Seitenwände wegnehmen kann. Dort, wo jetzt die Freibadbecken sind. Auch eine biergartenfähige Gastronomie sollte möglich sein, die auch für Gäste geöffnet ist, die nicht schwimmen gehen. Die gesamte Fläche soll erhalten bleiben, aber das Hallenbad wollen wir nicht sanieren, es soll nur noch solange in Betrieb bleiben, wie das Allwetterbad gebaut wird.


Hoffmann: Langfristig soll das Hallenbad nicht mehr genutzt werden, zumindest nicht als Schwimmbad. Denkbar sind aber Events.


Nuthmann: Ganz konservativ gerechnet, kostet das 15 Millionen Euro und macht einen Verlust von 800 000 Euro netto pro Jahr. Aber auch 20 Millionen Euro wären für die Stadtwerke machbar. Wir haben aber schon viel Zeit verloren. Wenn man Fördergelder haben will, muss man dieses Jahr noch zu Potte kommen. Die Fraktionen müssen sich also über Standort, Fläche und Angebot einig werden.

Sie wollen die Bürger beteiligen.

Hoffmann: Ja, aber zuerst müssen die Fachleute, die Architekten, ran. Wir brauchen konkrete Vorstellungen mit konkreten Kosten.


Nuthmann: Daher fordern wir einen prämierten Architektenwettbewerb mit einem Baukastenmodell. Den müssen wir abwarten, bevor wir die Bürgerschaft fragen können. Was eine Partei zurzeit macht ist unehrlich, weil es suggeriert, dass die Anderen das Bad schließen wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Stattdessen sollte man sich an einer öffentlichen Diskussion in den Gremien des Rates beteiligen und sie nicht durch Geschäftsordnungsanträge verhindern.

Priorität hat bei Ihnen auch der Radverkehr.

„Der Panoramaradweg kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass man als Radfahrer immer alleine gelassen wird“, findet Beate-Marion Hoffmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen.
„Der Panoramaradweg kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass man als Radfahrer immer alleine gelassen wird“, findet Beate-Marion Hoffmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen. © Alexandra Roth

Hoffmann: Heiligenhaus war schon vor 20 Jahren eine Autostadt und ist es immer noch, der Autoverkehr und auch der ruhende Verkehr haben hier immer Vorrang. Der Panoramaradweg kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass man als Radfahrer immer alleine gelassen wird. Das jüngste Beispiel ist die Rheinlandstraße, die zwischen Kurze Straße und Gohrstraße verkehrsberuhigt ist. Die Verwaltung will das zum Nachteil der Fahrradfahrer und Fußgänger wieder zurückbauen, weil zu viele Autofahrer nicht wissen, wie die Vorfahrtsregelung ist.

Fußgänger beschweren sich aber auch über rüpelhafte Radfahrer auf dem Panoramaradweg.

Hoffmann: Klar fahren einige Radler zu schnell, aber das ist Einzelverhalten. Ich wehre mich gegen Verallgemeinerungen. Man muss gegenseitig Rücksicht nehmen, denn auch Fußgänger lassen nicht immer Fahrradfahrer vorbei. Unverzichtbar ist aber ein Winterdienst, denn der Panoramaradweg ist eine wichtige Pendlerverbindung, sowohl für die Fußgehende als auch für Radfahrende.


Nuthmann: Die Verwaltung hat bei der Vorstellung ihres Parkraumkonzeptes ausdrücklich betont, dass nur die konsequente Förderung des Fuß- und Radverkehrs zum Erfolg führen kann. In der Praxis geschieht aber genau das Gegenteil.

Ein anderes Thema: Warum wollen Sie die Beigeordneten abschaffen?

Nuthmann: Wir lehnen das Beigeordnetentum per se ab, wir halten es nicht für nötig. Bei den Fachbereichsleitern ist das Knowhow und ohne seine Mitarbeiter ist ein Beigeordneter nichts. Als Wahlbeamter hat er auch keine Probezeit und bekommt nach seinen acht Dienstjahren sofort eine lebenslange Pension, auch wenn er nicht wiedergewählt werden sollte. Eine Pension, von der man gut leben kann und die nicht auf andere nachfolgende Tätigkeiten angerechnet wird.

Sie haben gegen die Ernennung von Björn Kerkmann zum ersten Beigeordneten gestimmt. Stört das die Zusammenarbeit?

Nuthmann: Wir arbeiten mit allen zusammen, die mit uns arbeiten wollen. Aber Björn Kerkmann werden wir daran messen, ob er den Jahresabschluss 2017 schnellstmöglich vorlegt, spätestens mit den Haushaltsplanberatungen. Außerdem muss er den Haushaltsplan so vorlegen, dass ihn jeder versteht, so dass er plausibel und verständlich ist, damit sich jeder Bürger beteiligen kann, ohne dass er dazu Fachleute in der Verwaltung befragen muss. Hier traue ich ihm aufgrund seiner Vorkenntnisse zu, dass er das könnte.

Wie bewerten Sie die Situation beim Innovationspark?

Hoffmann: Vieles ist noch nicht in trockenen Tüchern, zum Beispiel nicht alle Bebauungspläne. Es sollte jetzt aber mit der Vermarktung begonnen werden. Dafür müssen aber, anders als es andere Parteien wollen, keine neuen Mitarbeiter eingestellt werden.


Nuthmann: Die Wirtschaftsförderung sollte sich Unterstützung von einem Makler holen. Dafür muss man natürlich zunächst mehr Geld in die Hand nehmen, aber nach drei bis vier Jahren ist die Vermarktung erledigt. Niemand sollte dafür auf Dauer angestellt werden, schließlich sind verwertbare Flächen endlich. Das spart im Endeffekt Geld und man bekommt eine wirklich professionelle Dienstleistung.

Ein weiteres Großprojekt ist das Nahversorgungszentrum.

Nuthmann: Wir haben die Befürchtung, dass es ein zweites Kiekert-Fiasko wird. Wir kennen die Altlastenproblematik, die wird die Stadt viel Geld kosten. So ein Einkaufszentrum gehört eigentlich in die Innenstadt, aber da sind die Entscheidungen bereits gefallen. Rewe soll in das Einkaufszentrum, damit verliert die Hauptstraße ein Ankergeschäft. Dass dort aber keine Läden mit Sortimenten hinein kommen, die es in der Innenstadt gibt, ist Vertragsinhalt. Der Investor versucht jetzt, das aufzuweichen.


Hoffmann: Wenn man das zulässt, gibt man die Hauptstraße auf.

Was wünschen Sie sich für Heiligenhaus?

Nuthmann: Wir brauchen eine andere politische Mehrheit, mehr Basisdemokratie und sollten deshalb öfters die Bevölkerung fragen. Das politische Klima hat sich verschlimmert. Aber es gab für uns nie ein gutes Klima, in dem wir gut arbeiten konnten.

Hoffmann: Alle Anträge, die unsere Partei oder Fraktion einbringt, werden abgelehnt, weil sie von uns kommen – auch schon früher. Inzwischen werden Tagesordnungspunkte aber auch abgesetzt, obwohl sie ordnungsgemäß beantragt wurden.

Nuthmann: Es wird nicht mehr über das geredet, was der Mehrheit nicht passt. Dass es besser wird, die Hoffnung haben wir aber immer.