Heiligenhaus. Ein Gutachten kann erst im Herbst klären, ob auf dem Südring Gegenverkehr eingerichtet werden kann. Derweil will die Politik gegen Raser vorgehen

Schon lange wird in Heiligenhaus über die Verkehrssituation auf dem Südring diskutiert. Diese Debatte wurde auch im zuständigen Verkehrsausschuss fortgeführt. So griffen die Parteien als Diskussionsgrundlage unter anderem Anwohnerbeschwerden auf, dass dort nun verstärkt gerast werde. Die SPD forderte als Maßnahme gegen die Raser, den Südring schnellstmöglich auf Gegenverkehr umzustellen. Diese Diskussion erstickte die Verwaltung jedoch mit ein paar Fakten. Und auch Äußerungen der Polizei zur aktuellen Situation bargen einige Überraschungen.

Denn Tiefbauamtsleiter Michael Krahl unterstrich, dass eine sachliche, gut fundierte Entscheidung getroffen werden solle, ob auf dem Südring künftig Gegenverkehr eingerichtet werde. „Die Verwaltung ist von der Politik beauftragt, ein Gutachten zu erstellen und damit eine Diskussionsgrundlage zu schaffen.“ Das Bochumer Gutachterbüro Brilon Bonzio Weiser arbeite mit Hochdruck daran, so seien bereits die Verkehrszählungen und die Videobeobachtungen gelaufen.

Einfließen würden unter anderem neue und geplante Wohngebiete und auch das Verkehrsaufkommen anderer Straßen sowie Szenarien mit einer gegenspurigen Velberter Straße oder Pinner Straße. Stehen werde das Gutachten aber erst im Herbst, so Krahl weiter, so dass es wohl im November in den zuständigen Gremien besprochen werden könne.

Diskussionen um den Gegenverkehr sind ohne das Gutachten komplett verfrüht

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Daher gebe es noch „überhaupt keinen Zeitplan“, wann Gegenverkehr auf dem Südring frühestens umgesetzt werden könne. Mehr noch: „Alle Diskussionen um den Gegenverkehr ohne die Ergebnisse des Gutachtens sind komplett verfrüht“, meinte Michael Krahl. Das akzeptierten zwar alle Ausschussmitglieder, doch Jürgen Rolf Braun (CDU) kündigte bereits an, dass die Heiligenhauser Bürger an der Südring-Entscheidung beteiligt werden müssten.

Aber nicht nur die Zukunft dieser Straße wurde angesprochen, sondern auch aktuelle Probleme. So wollte die CDU aufgrund von Anwohner-Beschwerden eine Einschätzung der Kreispolizei zum Sachverhalt. Der Südring sei kein Unfallschwerpunkt, berichtete Hauptkommissar Stefan Göbels. Demnach habe es zwar von Juni 2018 bis Mai 2018 acht Verkehrsunfälle mit Verletzten auf der Straße gegeben, „aber nur ein einziger Unfall lässt darauf schließen, dass zu schnell gefahren wurde“. Ansonsten seien es vier Abbiegefehler, zwei Rotlichtverstöße sowie eine Kollision mit einer Garage. Diese Unfälle hätten sich über die gesamte Länge des Südrings verteilt.

Auswertung der Radarkontrollen überrascht selbst die Polizei

Anwohner wehren sich gegen die Änderung der Verkehrsführung, hier Christel und Werner-Joachim Bleis (rechts) und Dr. Christoph Kaiser im vergangenen Jahr.
Anwohner wehren sich gegen die Änderung der Verkehrsführung, hier Christel und Werner-Joachim Bleis (rechts) und Dr. Christoph Kaiser im vergangenen Jahr. © Ekkehard Viefhaus

Überdies habe eine Parallelauswertung ergeben, so Göbels weiter, dass bei fünf Geschwindigkeitsmessungen im vergangenen Jahr zwar 112 Verstöße registriert worden seien. Doch nur sechs Autofahrer seien über 20 Stundenkilometer zu schnell gefahren – und waren damit im Bußgeldbereich. „Das hatte ich anders erwartet“, sagte der Polizist. Dieses Jahr sei jedoch noch keine Messung durch die Polizei durchgeführt worden; dafür sei etwa die Verkehrsfrequenz zu gering, und sie habe seit der Öffnung des ersten A44-Abschnitts noch abgenommen. Dennoch bat die Politik darum, dass künftig dort geblitzt werde. Die Stadt selbst dürfe aufgrund ihrer geringen Einwohnerzahl keine eigenen Blitzer oder Starenkästen aufstellen, betonte der Erste Beigeordnete Björn Kerkmann, dies sei Sache des Kreises und der Kreispolizei.

Ob es gegen Raser helfen könne, auf dem Südring Tempo 30 einzurichten, wollte der Christdemokrat Jürgen Rolf Braun von der Kreispolizei wissen. Denn dann könnte man ihnen einfacher den Führerschein abnehmen. Hauptkommissar Stefan Göbels gab sich skeptisch: Es werde Autofahrern schwer fallen, dort nur 30 km/h zu fahren, solange der Südring durch die zwei Spuren den Charakter einer Hauptverkehrsstraße habe.

Unklar ist, wer die möglichen Umbaukosten trägt

Solange das Gutachten über einen möglichen Gegenverkehr auf dem Südring nicht vorliegt, äußert sich die Verwaltung weder über einen Zeitplan noch über die mit einer Umstellung verbundenen Kosten.

Unklar ist zudem, wer die Bauarbeiten bezahlen müsste. Das hängt davon ab, ob die derzeitige Bundesstraße zu einer Landes-, Kreis- oder Stadtstraße umgewidmet werden wird. An dieser Entscheidung sind unter anderem die Bezirksregierung und das Land NRW beteiligt.

Einen Beschluss, wie man künftig gegen Autofahrer auf dem Südring vorgeht, wurde nicht gefasst. Doch alle Parteien sind sich einig, dass sie dieses Problem im Blick behalten müssen.