Hattingen. Die Lage ist dramatisch: 20.000 bis 25.000 Menschen im Ennepe-Ruhr-Kreis sind noch nicht mal mehr theoretisch in der Lage, ihre Schulden zurückzuzahlen. Immer mehr junge Leute würden Schulden anhäufen. Die Wartezeit für eine Beratung hinsichtlich eines privaten Insolvenzverfahrens betrage zehn Monate.

Im Ennepe-Ruhr-Kreis können 20 000 bis 25 000 Menschen noch nicht mal mehr theoretisch ihre Schulden begleichen. Das erklärte Dr. Hans-Joachim Boschek, Fachbereichsleiter für Soziales und Gesundheit beim Kreis. Auf eine Beratung für ein privates Insolvenzverfahren bei der Schuldnerberatung müssen die Betroffenen zehn Monate warten. Im benachbarten Hagen sind es sogar bis zu drei Jahren.

Immer mehr junge Leute tappen in die Schuldenfalle, erklärte Brigitte Müller-Schwitering, Leiterin der Schwelmer Schuldnerberatungsstelle, den Politikern im Ausschuss. „Viele Jugendliche haben von zu Hause nicht mitbekommen, wie mit Geld umgegangen wird“, sagte die Expertin. Mit null Prozent Zinsen für Finanzierungen in der Werbung würden sie dann angelockt, ohne das dicke Ende zu sehen.

Manchmal reicht ein kurzes Gespräch

Fast 2000 Menschen, die vor lauter Schulden keine Zukunft mehr sehen, wurden von der Schuldnerberatung des Ennepe-Ruhr-Kreises, die von der Diakonie getragen wird, im vergangenen Jahr beraten. Manchmal reichte ein kurzes Gespräch aus, auf das die Betroffenen höchstens eine Woche warten müssen, aber es gab auch 638 Insolvenzberatungen mit einem monatelangen Vorlauf.

Die Gründe für eine Überschuldung seien vielfältig, so Brigitte Müller-Schwitering. Es könnte zum Beispiel eine Spielsucht sein, aber auch die Trennung von einem Ehepartner, die die weitere Ratenzahlung unmöglich macht. Auch eine Krankheit oder der Verlust des Arbeitsplatzes als Auslöser sei oft gegeben.

Schuldnerberatung eigentlich gut aufgestellt

Eigentlich sei die Schuldnerberatung im Kreis gut aufgestellt. „Wir müssen niemanden abweisen“, so Brigitte Müller-Schwitering. Aber auch die Schuldnerberatung selbst sei unterfinanziert. Wie sich das ändern könnte, da hat die Beraterin auch schon eine Idee: Es sei doch unverständlich, dass die überwiegend seriös arbeitenden Sparkassen die Beratung über einen Fond unterstützen, die Privatbanken aber nicht in die Tasche greifen müssen.