Hattingen/Sprockhövel. Organisierte Kriminalität in Hattingen & Sprockhövel: Die Betrugszahlen sind „extrem hoch“. Die Polizei beschreibt aktuelle Tricks – und warnt.

„Ihre Tochter sitzt im Gefängnis, weil sie einen schweren Unfall verursacht hat, bei dem eine Person gestorben ist. Nur, wenn Sie eine Kaution von 20.000 Euro zahlen, kann sie freigelassen werden.“

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So ein Schockanruf eines vermeintliche Polizisten wirke fast immer, sagt Christoph Neuhaus, Sprecher der Kreispolizeibehörde. Skrupellos zockten Kriminelle so vor allem ältere Menschen ab – immer wieder auch in Hattingen und Sprockhövel.

Hattingen & Sprockhövel: Fallzahlen sind extrem hoch

„Die Fallzahlen dieser Straftaten sind nach wie vor extrem hoch. Man kann gar nicht oft genug warnen“, sagt Neuhaus. Die Täter erfänden immer wieder neue Tricks, um an Wertvolles zu kommen. Und immer wieder seien sie erfolgreich.

„Es handelt sich dabei um organisierte Kriminalität“, sagt Neuhaus. Dabei säßen die Täter oft gar nicht in Europa, es sei enorm schwer, an sie heranzukommen. „Im Bereich der Vermögens- und Eigentumsdelikte sind ältere Menschen häufiger von Straftaten betroffen. In allen anderen Deliktfeldern werden sie dagegen selten Opfer von Straftaten“, erklärt der Polizeisprecher.

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Warum es Verbrechern aber immer wieder gelingt, bei Senioren an meistens mittlere fünfstellige Summen zu kommen, erklärt Neuhaus so: Die Delikte der Tätergruppen erstrecken sich häufig auf Betrug im häuslichen Umfeld. „Dabei werden Verhaltensweise und Dispositionen älterer Menschen ausgenutzt. Senioren verfügen über ein stark ausgebildetes Sozialverhalten, das sich durch Höflichkeit, Anstand, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme auszeichnet. Die Täter verstehen es, sie rhetorisch gezielt unter Stress zu setzen und sich deren Sozialverhalten zunutze zu machen.“

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Dabei ziehe der Enkeltrick immer noch am besten, er wurde mittlerweile auch auf den Messenger-Dienst Whats-App ausgeweitet. Bei diesem Trick erhält das Opfer zum Beispiel eine SMS oder Whats-App-Nachricht von der angeblichen Tochter, die erklärt, sie habe eine neue Telefonnummer. Einige Zeit später kommt von der besagten Nummer eine Nachricht der „Tochter“, sie befinde sich in einer Notlage, würde nur gegen eine hohe Kaution aus dem Gefängnis entlassen.

„Die meisten rufen ja nicht zurück und vergewissern sich, ob die neue Nummer wirklich der Tochter zuzuordnen ist“, sagt Neuhaus. „Die Opfer werden von den Profis so eingelullt, dass sie in ihrer Panik sofort das Geld überweisen.“

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Häufig wenden die Täter auch diesen Trick an: Ein angeblicher Polizist ruft an, erklärt, in der Nachbarschaft sei eingebrochen worden und man habe einen Zettel gefunden, auf dem die Adresse des Gesprächspartners steht. Zur Sicherheit sollten sofort Geld, Schmuck und Wertgegenstände eingepackt werden. Es komme gleich ein Beamter in Zivil, der sie abhole.

„Das Üble ist, dass die Menschen um ein beträchtliches Vermögen gebracht werden und noch dazu ständig Angst haben, dass bei ihnen eingebrochen wird.“

Eindringliche Warnung der Polizei

Die Polizei warnt eindringlich davor, auf die bekannten Maschen der Betrüger hereinzufallen. „Sprechen Sie sofort mit der Familie, mit Freunden und Bekannten, wenn Sie solche Anrufe bekommen“, sagt beispielsweise der Polizeipressesprecher im EN-Kreis, Christoph Neuhaus. „Die Polizei wird Sie niemals um Geld oder Wertgegenstände bitten­.“

„Übergeben Sie niemals Geld- oder Wertgegenstände an Unbekannte“, betont Christoph Neuhaus. Im Falle eines Anrufs sollte man sich an die nächstgelegene Polizeidienststelle wenden und Anzeige erstatten.

Betrügereien funktionierten zudem auch über Ebay-Kleinanzeigen, bei denen es gar nicht um den Verkauf eines Gegenstandes gehe, sondern nur darum, an Mailadressen oder Telefonnummern zu kommen, mit denen ältere Menschen abgezockt werden, sagt Neuhaus.

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Die Dunkelziffer bei Betrugsdelikten hält die Polizei für ausgesprochen hoch. Die Folgen für die Geschädigten beschränkten sich nicht nur auf hohe finanzielle Einbußen, sondern hinterließen bei den Opfern Scham, Angst, Unwohlsein und vor allem die Sorge um die eigene Autonomie.