Hattingen. Die Firma Stüwe aus Hattingen zieht bis vor das Landesarbeitsgericht, um ihren Betriebsrat loszuwerden. Mehrfach scheiterte sie vor Gericht.
Die Hattinger Firma Stüwe versucht, ihren Betriebsrat aufzulösen. Zunächst war gerichtlich beantragt worden, ein Mitglied auszuschließen – erfolglos. Ein weiteres Verfahren hatte das Ziel, auch den Betriebsratsvorsitzenden aus dem Amt zu hebeln – ebenfalls erfolglos. Die Auseinandersetzungen haben inzwischen das Landesarbeitsgericht in Hamm erreicht. Dort sollen die Richter wunschgemäß den gesamten Betriebsrat absetzen.
Bei Stüwe in Holthausen werden seit 75 Jahren hochspezialisierte Maschinenbauteile hergestellt. Ihre gut 2500 Produkte, vor allem Kupplungen und Reibschlussverbindungen, kommen in der Antriebstechnik von großen Schiffen, Windkraftanlagen und Förderbändern zum Einsatz. Besonders stolz ist die Firma darauf, 1967 die weltweit erste Schrumpfscheibe auf den Markt gebracht zu haben. Am Betriebs-Standort im Gewerbegebiet Ludwigstal arbeiten 85 Beschäftigte.
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Unzufrieden ist die Stüwe-Geschäftsleitung mit ihrem zuletzt gewählten Betriebsrat. Diesem werden „erhebliche und grobe Pflichtverletzungen“ vorgeworfen: Obwohl seine Wahl bereits am 13. April vergangenen Jahres stattfand, sei erst acht Monate später eine Versammlung einberufen worden. Das sei jedoch keine ordentliche Betriebsversammlung gewesen, da der Arbeitgeber nicht eingeladen worden war. Auch hätte man der Firmenleitung vorab keine Tagesordnung zugesandt, obwohl ein „Bericht der Geschäftsführung“ vorgesehen war. Stattdessen wäre der versammelten Belegschaft mitgeteilt worden: „Von der Geschäftsführung ist niemand erschienen.“
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Diese und weitere Vorwürfe erhoben die Prozessvertreter der Firma Stüwe in einem Beschlussverfahren (Az. 3 BV 24/22) vor dem Arbeitsgericht Hagen. Sie rügten außerdem, dass der Betriebsrat kein Gespräch geführt habe, obwohl ihn der Arbeitgeber mehrfach dazu aufgefordert habe. Stattdessen habe die Arbeitnehmervertretung mitgeteilt, die Fronten seien so verhärtet, dass Gespräche keinen Sinn machten. Auch wisse der Arbeitgeber nie, wann Sitzungen stattfänden, da sich die Betriebsräte dafür nicht von ihren Arbeitsplätzen abmeldeten. Die Liste der behaupteten Pflichtverletzungen müsse dazu führen, den Betriebsrat durch Gerichtsbeschluss aufzulösen, so der Antrag der Stüwe-Geschäftsführung.
Der Betriebsrat konnte die Vorwürfe weitestgehend entkräften: Der Arbeitgeber sei sehr wohl zu der Betriebsversammlung am 9. Dezember 2022 eingeladen worden – mit einer E-Mail vom 28. November. Die Tagesordnung sei durch einen Aushang am Schwarzen Brett im Betrieb bekanntgegeben worden. Und die Durchführung von Monatsgesprächen habe der Stüwe-Geschäftsführer selbst „faktisch unmöglich gemacht“, als er gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Mitglied erklärt habe, mit zwei der gewählten Betriebsratsmitglieder keine Gespräche führen zu wollen.
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Zudem wisse der Arbeitgeber sehr wohl, wann Betriebsratssitzungen stattfänden, da man sich stets ordnungsgemäß vom Arbeitsplatz abmelde. Zum Beweis wurden E-Mails mit den Vorgesetzten und der Geschäftsführung vorgelegt.
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Die 3. Kammer des zuständigen Arbeitsgerichts Hagen sah letztlich keinen Grund, den Betriebsrat der Firma Stüwe aufzulösen. Der Antrag des Arbeitgebers wurde als unbegründet zurückgewiesen.
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Das Arbeitsgericht Hagen musste nicht zum ersten Mal in Sachen „Stüwe GmbH gegen Betriebsrat Stüwe“ verhandeln: Bereits Anfang Dezember wollte das Unternehmen ein Betriebsratsmitglied gerichtlich ausschließen lassen. Es habe ein Flugblatt mit angeblichen Lügen verteilt und damit den Betriebsfrieden nachhaltig gestört. Auch dieser Antrag wurde erstinstanzlich abgewiesen. (Az. 3 BV 16/22).
Bei einer anderen Kammer in Hagen lag noch ein weiterer Antrag von Stüwe vor: Diesmal sollte der Betriebsratsvorsitzende gerichtlich abberufen werden. (Az. 4 BV 21/22). Letztlich zog das Unternehmen diesen Antrag zurück und das Verfahren wurde eingestellt.
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Mit harten Bandagen wird auch zukünftig gefochten: Im Streit um das Flugblatt und die Abwahl des gesamten Betriebsrats will die Firma Stüwe nicht klein beigeben. Gegen beide Beschlüsse, die sie verloren hat, wurde Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt.