Hattingen. 75 Jahre WAZ: Jürgen Uphues ist Herr auf der Isenburg in Hattingen – und hat Leserinnen und Lesern exklusive Einblicke gewährt. Die Fotos dazu.
Exklusive Einblicke zum WAZ-Jubiläum: Jürgen Uphues, der auf den Ruinen der Isneurg im Haus Custodis lebt, hat bewegende Geschichten erzählt.
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Ohne Moos nix los. Den Spruch kennt man normalerweise in Bezug auf Geld. Eine ganz neue Bedeutung brachte Denkmalpfleger Uphues den Leserinnen und Lesern näher, die zu einer Aktion „75 Jahre WAZ“ hoch zur Isenburg gekommen waren.
Es ist eine spannende Moosgeschichte: Damals gab es in der Burg zehn Toiletten, viereckig gemauert. „Sie funktionierten nach dem Schwerkraftprinzip. Es fällt alles nach unten. Dann war die Frage, wie macht man sich sauber. Entweder man bleibt sitzen, bis 1927 das Klopapier erfunden wird oder man greift zu anderen Mitteln“, erzählt Uphues.
Geheimnisse der Isenburg in Hattingen für WAZ-Leser gelüftet
Das adäquate Mittel waren weder Blätter noch Gras. „Da hätte man feine Hände gebraucht, um erfolgreich zu sein.“ Nein, es war Moos. Entweder es war frisch, feucht und weich oder getrocknet. Aber auf jeden Fall gut einsetzbar. Denn man hat Schichten von getrocknetem Moos an den Toiletten gefunden.
>>> Hier gibt es die Fotos vom Rundgang:
WAZ-Leserinnen und Leser besuchen die Ruine Isenburg
Genauso faszinierend ist der Bericht vom Kühlschrank, den der Denkmalpfleger vor Ort zeigt. Baumeister konstruierten vor vielen Hundert Jahren. Es ist ein Raum, dessen Grundrisse man von oben auf der Mauer betrachten kann. Der war an einer Seite an die Felswand gebaut und hatte einen Kamin, der als Luftabzug funktionierte. Direkt gegenüber, am anderen Ende des Raums war eine Öffnung, so dass ständig ein Luftzug die Lebensmittel kühlte.
Denkmalpfleger Jürgen Uphues berichtet Spannendes
Erbaut wurde die Burg für Arnold von Altena in den Jahren 1193 bis 1199. Im Jahr 1225 wurde sie zerstört. Der Sohn Graf Arnolds nahm 1217 den Namen Friedrich von Isenberg (1193-1226) an. Er musste sich für den Tod seines Onkels, des Erzbischofs Engelbert I. von Köln, verantworten. Die Isenburg wurde daraufhin von Truppen der Vasallen des neuen Kölner Erzbischofs Heinrich von Molenark belagert und teils bis auf die Grundmauern abgebrannt. Am 14. November 1226, ein Jahr nach dem Mord, wurde Friedrich von Isenberg in Köln öffentlich durch Rädern hingerichtet. „Das Rädern war keine Foltermethode, wie man immer meint. Es war die Methode, jemanden möglichst qualvoll umzubringen“, schildert Jürgen Uphues.
Anke Lehmann-Schulz und ihr Mann Jörg kannten die Burg – wie alle anderen Gäste auch – längst von außen von Wanderungen. „Aber es zeigt sich, dass zwei, drei Stunden gar nicht reichen“, sagt die Hattingerin. Frank Minnebusch war Lehrer an einer Hattinger Schule und ist jetzt Konrektor an einer Realschule in Essen-Steele. „Ich erkundige mich gerade, ob ein Besuch für ein Projekt innerhalb des Duke of Edinburgh’s Award taugt“, erklärt er.
Teilnehmende sind fasziniert von der Führung
Anette Parco, die mit ihrem Mann Giuseppe die Tour mitmacht, hat so ihre eigenen Erfahrungen mit der Burg. „Wir mussten jedes Jahr mit der Klasse zur Isenburg hochlaufen, haben Modelle gebaut und es drehte sich immer alles um die Burg.“ Aber leid geworden ist sie das Thema offenbar nicht. Ditte Hermanspann und Matthias Jahn kannten die Isenburg auch. „Aber wir waren bisher noch nie im Museum.“
Verein zur Erhaltung der Isenburg
Der Verein zur Erhaltung der Isenburg wurde 1976 gegründet und ist als gemeinnütziger Verein anerkannt. Gründungsmitglied ist Denkmalpfleger Jürgen Uphues, der mit zwei weiteren Gründern den Deutschen Preis für Denkmalschutz erhielt. Der Verein erforscht die Geschichte der Burg und ihrer Bewohner.
Immer samstags ist Arbeitstag der ungefähr 50 ehrenamtlichen Mitglieder. „Wie in jedem Verein ist aber nur eine Handvoll auch wirklich aktiv“, sagt Uphues. Am Wochenende ist also Rasenmähen, Laubharken und Grünpflege angesagt. Alleine das Freihalten der Mauern von Spontanvegetation ist auf dem riesigen Gelände eine Herausforderung. Im Internet findet man unter www.burg-isenberg.de Informationen.
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Marcus und Katja Kubascheck finden die neuen Erkenntnisse beeindruckend. „Zum Beispiel, dass eher 60 bis 80 Menschen hier gewohnt haben als 600, wie bisher angenommen.“ Die Teilnehmenden an der Aktion anlässlich des 75-jährigen Bestehens der WAZ danken Uphues mit viel Applaus für so viel launig vermittelte Informationen.