Hattingen. Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Hattingen erhält nach Kündigung einen „goldenen Handschlag“. Das sind die Vorwürfe, so lief der Prozess.

Das Ende eines ungewöhnlichen Dienstverhältnisses: Nicht mal ein Jahr arbeitete der Mann aus Velbert (57) im Ordnungsamt der Stadt Hattingen. Bereits innerhalb der Probezeit wurde ein Aufhebungsvertrag geschlossen, der Mitarbeiter jedoch nahtlos weiterbeschäftigt. Dann folgte die Kündigung und jetzt der „goldene Handschlag“.

Vor dem Arbeitsgericht Hagen konnte sich der entlassene Stadtbedienstete letztendlich freuen. Er bekommt jetzt genau den Abfindungsbetrag, die er sich zuvor gewünscht hat: satte 38.000 Euro. Eine stolze Summe nach nur einem Jahr Beschäftigungsdauer.

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Zum konkreten Fall will sich der Personaldezernent der Stadt, Frank Mielke, nicht äußern. Ganz allgemein stellt er jedoch fest: „Manchmal ist es für die Stadt sehr wichtig, dass eine Stelle möglichst schnell wieder besetzt werden kann.“

Er hat noch keine neue Stelle gefunden

Es sei dann eine Risikoabwägung, ob man den langen Rechtsweg durch alle Instanzen eingehe oder einen schnellen Schlussstrich ziehe. „Man kann Abfindungszahlungen eben nicht wie im Internet nach einem ,Schema F’ berechnen. Die sind je nach Sachlage individuell. Das muss man im Auge behalten.“

Frank Mielke, Personaldezernent und Kämmerer der Stadt Hattingen.
Frank Mielke, Personaldezernent und Kämmerer der Stadt Hattingen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Zuvor hatten die beiden Prozess-Vertreterinnen der Stadt das Angebot unterbreitet, dem Kläger ein dreifaches Brutto-Monatsgehalt als Abfindung zu zahlen. Das hätte 13.200 Euro bedeutet und wäre schon äußerst großzügig gewesen. Doch der gekündigte Ordnungsamts-Bedienstete winkte ab: Es sei ihm zu wenig.

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Sein Leben lang hätte er bei kommunalen Dienstgebern gearbeitet und wäre jetzt, in seinem höheren Alter, arbeitslos. „Er hat noch keine neue Stelle gefunden“, erklärte sein Anwalt, „deshalb setzt er auf die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses in Hattingen.“

Eine leicht hervorgehobene Stelle

Zum 1. Januar 2022 war der Kläger, ein gelernter Berufskraftfahrer, bei der Stadt eingestellt worden, als Außendienst-Koordinator im Kommunalen Ordnungsdienst. „Eine leicht hervorgehobene Stelle, aber ohne echte Leitungsfunktion“, beschreibt Mielke das Anforderungsprofil, „es geht dabei um das Erstellen der Schichtpläne und darum, die zehn Außendienst-Mitarbeiter des Ordnungsamts für die verschiedenen Aufgaben einzuteilen.“ Offenbar war man mit den Tätigkeiten des Klägers aber nicht zufrieden: Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht trägt Stadt-Assessorin Kerstin Mimberg konkret „mangelnde Leistungen im Außendienst und unentschuldigtes Fehlen“ vor.

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Noch innerhalb der Probezeit wurde deshalb das Dienstverhältnis mit dem Ordnungsamts-Mitarbeiter durch einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2022 beendet. Das bedeutete aber nicht das Ende seiner Anstellung bei Stadt: Bereits am nächsten Tag, dem 1. Juli, arbeitete er nahtlos in derselben Abteilung, also im Fachbereich Bürgerservice, Rechts- und Ordnungsangelegenheiten, weiter. Ohne auf den konkreten Fall eingehen zu wollen, erklärt Personaldezernent Mielke, es handele sich um „zwei völlig unterschiedliche Stellen mit unterschiedlichen Arbeitsinhalten“. Deshalb sei aus Sicht der Stadt Hattingen ein völlig neuer Vertrag geschlossen worden, mit erneuter Probezeit.

Die Güteverhandlung wurde unterbrochen

Doch auch auf diesem Posten lieferte der Ordnungsamts-Mitarbeiter keine zufriedenstellenden Leistungen ab, hieß es im Gütetermin. Die Stadt hätte ihn deshalb am 2. Dezember gekündigt. „Innerhalb der Probezeit“, wie sie glaubte. Es würden im Kammertermin auch noch Gründe nachgelegt, wie belastet das Arbeitsverhältnis inzwischen sei, kündigte die die Stadt-Assessorin an.

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„Weil die Stadt dem Kläger aus ihrer Sicht eine zweite Chance gegeben hat, sitzen wir jetzt hier“, fasste es Richter Michael Seidel deutlich zusammen. Er wollte sich deren Auffassung, dass im vorliegenden Fall zwei voneinander unabhängige Dienstverhältnisse eingegangen wurden, nicht anschließen: „Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass, wenn keine zeitliche Unterbrechung dazwischen liegt, die Tätigkeits-Zeiträume zusammenzuziehen sind. Hier ging es direkt nahtlos weiter.“ Es gelte deshalb auch nicht die vereinbarte zweite Probezeit. Stattdessen fände das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Seidel: „Die Stadt braucht jetzt einen Kündigungsgrund, der diesem Gesetz Stand hält.“

Die Güteverhandlung wurde unterbrochen. Die beiden Vertreterinnen der Stadt wollten außerhalb des Gerichtssaals telefonieren. Am anderen Ende der Leitung gab Dezernent Mielke schließlich das Okay, die Abfindungssumme von 38.000 Euro mit dem Kläger zu vereinbaren. „Der Betrag liegt deutlich höher als die üblich geartete Faustformel“, kommentierte Richter Seidel, nachdem er den Vergleichsbetrag ins Protokoll diktiert hatte.