Hattingen. Bjarne aus Hattingen ist zweisprachig, liebt Musik, Sport, hat eine Freundin und Trisomie 21. Am Welt-Down-Syndrom-Tag spricht er über sein Leben.
Konzentriert sitzt Bjarne Dumke (17) aus Hattingen am Esstisch und spielt mit seiner Mutter Saskia Kniffel. Das ist eines seiner Lieblingsspiele. Bjarne ist zweisprachig aufgewachsen, spricht darum neben Deutsch Niederländisch, spielt leidenschaftlich Fußball, hat eine Freundin – und das Down-Syndrom. Am heutigen Welt-Down-Syndrom-Tag (21.3.) erzählt er von seinem Alltag.
Bjarne besucht gerne die Berufspraxisstufe an der integrativen Matthias-Claudius-Schule in Bochum. Morgens holt ihn ein Bus ab und bringt ihn auch wieder heim. „Zur Lebenshilfe, in die Stadt, fahre ich alleine mit dem Bus“, berichtet er. Sein Handy hat er dann immer dabei, ist er angekommen, schreibt er seiner Mutter kurz eine Whatsapp. Geht er alleine joggen, kann seine Mutter ihn übers Handy orten. Für den Fall der Fälle.
Am Welt-Down-Syndrom-Tag erzählt Bjarne Dumke aus Hattingen aus seinem Leben
Bjarnes Start ins Leben war nicht leicht. Bauchspeicheldrüse und Dünndarm waren miteinander verwachsen. Einer schwierigen, langen Operation folgten Komplikationen wie eine Blutvergiftung, dazu kam Morbus Hirschsprung, eine Krankheit, die die Darmfunktion beeinträchtigt. Daran kann Bjarne Dumke sich nicht erinnern, aber Bilder aus der Zeit zeigen, die in seinem Fotoalbum sind, das er so liebt.
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Da ist er auch zu sehen mit seinem Vater und seinen Brüdern Lasse und Mika. „Die sind älter als ich. Einer wohnt jetzt in der Stadt“, sagt Bjarne, der in Holthausen lebt und dem seine Familie sehr wichtig ist. „Wenn er da ist, spielen wir alle drei Darts.“ Das ist auch eine seiner Leidenschaften. Und weil er Dartspieler Peter Wright so toll findet, hat er sich für eine Irokesen-Frisur entschieden. „Ich muss jetzt bald wieder zum Friseur zum Nachfärben“, erklärt Bjarne, der Bewegung liebt, im Special-Team der Sportfreunde Niederwenigern spielt. „Meine Freundin hat Strähnchen.“ Auch sie hat das Down-Syndrom.
Seine Freundin ist ein Jahr älter
„Meine Freundin Sarah ist ein Jahr älter als ich. Sie bewegt sich nicht so gerne wie ich“, erzählt Bjarne, der auch schon bei Schwimmwettbewerben an den Start gegangen ist. Seit der Grundschule kennt er Sarah, die er auch „meine Verlobte“ nennt. Und wenn sie mal heiraten, will er anschließend in Blankenstein in der Eisdiele ein Eis essen. Beide nehmen Angebote der Lebenshilfe Hattingen wahr. Seit Jahren. Am Wochenende war Bjarne beim Wanderprojekt. Es gibt auch ein Kochprojekt.
Bjarne liebt Musik, vor allem klassische. Er mag Elvis und Abba. Aber sein Held ist ganz klar: „André Rieu.“ Dabei kann er dann lange im Zimmer stehen und dazu dirigieren, verrät seine Mutter. Und weil er immer schon mal beim großen Open-Air-Konzert in Maastricht dabei sein wollte, haben ihm seine Eltern zu Weihnachten Karten genau dafür geschenkt. Im Sommer radelt das Trio – Bjarne ist auf einem Stufentandem mit von der Partie – von Hattingen nach Maastricht zum Konzert. „Mit Übernachtungen“, freut sich Bjarne. Seine Freundin, bedauert er, die höre lieber Micky Krause und Ballermannlieder. Aber dazu tanzt er dann immer mit ihr.
Bjarne Dumkes Lieblingsbuch ist Jim Knopf
Gerade liest der aufgeschlossene Jugendliche „Jim Knopf“, sein Lieblingsbuch. „Das habe ich schon ganz oft gelesen.“ Seit Jahren schon reitet er auf dem Carolinenhof in Sprockhövel, wo er auch ein Praktikum absolvierte. „Ich habe jeden Freitag die Ställe ausgemistet, Heu verteilt, Pferde versorgt, Pferde auf die Wiese gebracht.“
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In den Niederlanden arbeitete er zwei Wochen in einem inklusiven Café – als Praktikum. „Da habe ich dann bei Oma und Opa gewohnt.“ Derzeit macht er ein Praktikum – immer freitags für ein Jahr – im Café Herzken in Wetter, ebenfalls einem inklusiven Café. „Meine Freundin arbeitet in einer Küche.“
Die Arbeit im Café macht ihm Spaß
Zu bedienen, das macht Bjarne Spaß, er hilft auch gerne in der Küche. In welche Richtung es später aber beruflich gehen soll, weiß er noch nicht. „Wir sehen uns nach integrativen Arbeitsplätzen um, leider ist das in Deutschland noch nicht weit verbreitet. Das ist in den Niederlanden anders“, sagt seine Mutter.
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Sie schildert, dass Bjarne ein gutes Gespür für andere Menschen hat, sich gerne kümmert. „Wenn es jemandem nicht gut geht, merkt er das sofort und spricht auch darauf an.“ Dass er das Down-Syndrom hat, weiß Bjarne, hat seiner Mutter erzählt, dass da in dem Café, das er schon von Privatbesuchen kannte, „viele waren, die haben das Gleiche wie ich“. Dass er nicht Abitur machen wird wie seine Brüder, hat er inzwischen akzeptiert. „Er ist einfach ein glücklicher, offener Mensch“, sagt seine Mutter.