Hattingen. Unternehmen in Hattingen bieten wieder mehr Ausbildungsplätze an. Aber es fehlt an Bewerbern, geeigneten noch dazu. Wie es dazu kommen konnte.

Das waren noch Zeiten, als sich gleich mehrere Jugendliche um einen Ausbildungsplatz drängelten. Heute suchen Firmen händeringend nach geeigneten Kandidaten. Zum Ausbildungsstart sind in Hattingen noch 117 Stellen unbesetzt.

Krasse Situation auf dem Ausbildungsmarkt in Hattingen

Die Stadt ist damit längst kein Einzelfall. Kreisweit gibt es mehr als doppelt so viele Ausbildungsplätze wie Bewerber und Bewerberinnen. In Zahlen ausgedrückt: 878 zu 417. In Hattingen ist die Lage sogar noch krasser. Die Zahl der Suchenden liegt gerade mal bei 41. Selbst wenn es gelingen sollte, dass alle noch einen der angebotenen Plätze bekommen würden – in 76 Fällen wird der Arbeitgeber leer ausgehen.

Warum nun so viele Firmen keinen neuen Azubi finden, dafür gibt es mehrere Gründe. Das Interesse an der dualen Ausbildung, zu der neben der Arbeit im Betrieb der Besuch der Berufsschule gehört, lässt deutlich nach. Das sagt Katja Heck, Chefin der Hagener Arbeitsagentur.

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Sie sieht aber noch zwei weitere Entwicklungen: Nachdem heimische Firmen in den beiden vergangenen Corona-Jahren die Ausbildungsplätze etwas zurückgefahren hatten, beleben sie nun wieder das Geschäft, weiten die Angebote aus. Dem Zuwachs an Stellen steht allerdings der demografische Wandel gegenüber, sprich: Die Zahl der jungen Menschen ist rückläufig.

Wunsch und Wirklichkeit passen oft nicht zusammen

Aber abgesehen von solchen statistischen Werten gibt es auf dem Ausbildungsmarkt ein immerwährendes Problem: Berufswünsche und Talente der jungen Menschen passen mit dem Stellenangebot nicht oder nur bedingt zusammen. Unter den aktuellen Top 10 der beliebtesten Berufe von Jugendlichen im EN-Kreis finden sich: Kaufmann/Kauffrau, Kfz-Mechatroniker, Medizinische Fachangestellte(r) und Fachinformatiker. Das hat dann zur Folge, „dass leider in der Gastronomie und der Logistik noch immer junge Nachwuchskräfte fehlen“, sagt Michael Bergmann.

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Der Chef der IHK Mittleres Ruhrgebiet wird sogar noch deutlicher und schärfer, wenn er sagt: „Wenn wir ehrlich sind, dann zeichnet sich immer mehr ab, dass gerade Berufe, in denen nicht von 9 bis 17 Uhr gearbeitet wird und die mit körperlichen Tätigkeiten einher gehen, unattraktiv für die Jugend sind“. Zugleich sollen sich nach seinen Worten aber manche Unternehmer wohl auch an die eigene Nase fassen. Denn eine Reihe von Firmen würden noch am Abitur als Grundvoraussetzung für die Ausbildung festhalten. Da sei ein Umdenken erforderlich, so Bergmann, und meint aber auch die Jugendlichen mit ihren Berufswünschen.

Firmen stellen hohe Ansprüche an die Kandidaten

Ausbildungsmessen gehören längst zum festen Programm von Unternehmen, um junge Menschen auf Berufsangebote aufmerksam zu machen.
Ausbildungsmessen gehören längst zum festen Programm von Unternehmen, um junge Menschen auf Berufsangebote aufmerksam zu machen. © dpa | Martin Schutt

Dass hohe Erwartungen von Unternehmen sich als Bremse auf dem Ausbildungsmarkt erweisen können, gibt auch Ulrich Brauer, Sprecher der Arbeitsagentur, zu verstehen. Allerdings würden Betriebe auch häufig das Argument ins Feld führen, bestimmte Leistungsstandards einfordern zu müssen. Ansonsten käme der Bewerber mit dem Beruf und die Firma mit ihm nicht klar.

Firmen locken mit geldwerten Vorteilen

Kontaktdaten für Firmen und Kandidaten

Jugendliche, die sich beruflich orientieren möchten, können sich jederzeit bei der Berufsberatung kostenfrei melden unter: 0800/4555500.

Arbeitgeber können jederzeit freie Arbeits- und Ausbildungsplätze kostenfrei melden unter: 0800/45555 20. Hier können sie auch Beratung zu Förderleistungen erhalten

Um am Ende doch noch einen Auszubildenden anheuern zu können, locken Betriebe inzwischen gern mit geldwerten Vorteilen. Da gibt’s ein Tablet gratis dazu oder ein Handy. Chefs stellen dem Azubi in einer Art Leasingverfahren ein Auto zur Verfügung. Bei guten Noten wandern ein paar Euros mehr aufs Konto. Die Liste lasse sich noch fortsetzen, sagt Katja Fox von der IHK. Und meint Ausflüge, Feste oder auch Weiterbildungen auf Kosten des Ausbildungsbetriebes.

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Sie weiß aber auch von manchen Firmen, die solche Extras durchweg ablehnen. Zu groß sei die Gefahr, dass junge Leute es zu sehr aufs Geld absehen, aber kein Interesse am Beruf mitbringen würden. Ein frühzeitiger Abbruch der Lehre könne dann eine Folge sein oder es komme immer wieder zu Problemen zwischen dem Azubi und Vorgesetzten.