Hattingen. Eine umstrittene Gedenkstele hat die katholische Pfarrei Hattingen nun aufgestellt. Warum das angesichts des Ukraine-Krieges brisant ist.

Die umstrittene Stele, mit der die Pfarrei St. Peter und Paul in Hattingen aller Opfer des Nationalsozialismus’ auf den fünf katholischen Friedhöfen gedenken möchte, steht jetzt an der Friedhofskapelle auf dem katholischen Friedhof an der Blankensteiner Straße.

Die 1,90 Meter hohe umstrittene Steinsäule mit orthodoxem Kreuz entwarf der Hattinger Künstler Egon Stratmann 2016. Zwei Frickstein-Quader umschließen dabei von unten und oben einen Glaskubus, den der Künstler als versöhnendes Symbol mit russischer Erde füllte. Stratmann verewigte auf der Stele die Namen der Zwangsarbeiter. Das war aber nicht im Sinne der Kirchengemeinde, weil sie mit der Stele auch weiterer namenloser Opfern gedenken wollte.

Hattingen: Umstrittene Stele auch für Zwangsarbeiter aus der Ex-Sowjetunion aufgestellt

„1941-1945 Während der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten verstarben Bürger der ehemaligen Sowjetunion, Männer und Frauen als Zwangsarbeiter hier in Hattingen. Sie ruhen in fremder Erde. Denkt an sie – betet für sie“ heißt die Inschrift auf Russisch und Deutsch, die vorne auf der Stele zu sehen ist.

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Die ist nun so aufgestellt, dass „man Mühe hat, die Namen der Zwangsarbeiter zu lesen, weil die Stele nah an der Wand und damit ungünstig steht“, sagt Stratmann.

Kriegsgräberfürsorge hatte das Aufstellen am Kriegsgräberfeld untersagt

Das vorgesehene Aufstellen der Stele im Bereich des Kriegsgräberfeldes, wo 58 Kriegstote des Zweiten Weltkriegs aus Deutschland, der Ex-Sowjetunion, Polen und den Niederlanden ruhen, hatte die Kriegsgräberfürsorge wegen der Beschriftung 2018 untersagt – darum wählte der Kirchenvorstand nun den Standort an der Friedhofskapelle. Die Gemeinde hat eigens die Entstehungshintergrund inklusive Streit um die Gravur der Namen der Zwangsarbeiter auf der Homepage zusammengefasst und dazu auch die Dokumente veröffentlicht.

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Unter den in den Kriegsgräbern auf dem Friedhof Bestatteten sind sowohl Russen als auch Ukrainer. „Wir möchten der Trauer um die Toten von damals, dem Unrecht, das den Zwangsarbeitern von deutscher Seite zugefügt worden ist, und ihrem Ende in fremder Erde mit unserer Stele Raum geben“, so Andreas Lamm, leitender Pfarrer der Pfarrei St. Peter und Paul Hattingen, „dabei möchten wir das Unrecht von damals nicht mit den Geschehnissen von heute inhaltlich vermischt, verglichen oder abgemildert sehen. Unrecht ist Unrecht. Damals wie heute.“

Keine öffentliche Enthüllung der Steinsäule

„Wir stiften die Gedenkstätte diesen Toten – ob sie nun einen Grabstein haben oder namenlos bestattet wurden“, sagt Markus Oles, stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstands.

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Von einer öffentlichen Enthüllung nahm die Pfarrei Abstand. An sie war in der Vergangenheit die Anregung herangetragen worden, die Stele im Beisein von Delegationen aus Ländern der Ex-Sowjetunion zu enthüllen, da ein großer Teil der Toten, die in Hattingen ihre letzte Ruhestätte fanden, daher stammt.„Angesichts des aktuellen Kriegs in der Ukraine haben wir darauf verzichtet“, sagt Lamm.

Was die Stele insgesamt gekostet hat, sagt die Pfarrei nicht

Was die Stele gekostet hat, möchte Sprecherin Claudia Kook indes nicht sagen: „Wir möchten den Fokus nicht aufs Geld, sondern auf das Gedenken legen.“