Hattingen. Nach dem Tönnies-Skandal fragen sich Verbraucher: Wo lässt mein Fleischverkäufer eigentlich schlachten? Händler in Hattingen geben Auskunft.

Hygieneverstöße, miese Arbeitsbedingungen, leidende Tiere: Der Tönnies-Skandal hat die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Verbraucher machen sich nun mehr Gedanken über ihren Fleischverzehr. Und viele wollen wissen: Wo werden die Tiere für das Fleisch, das ich kaufe, eigentlich geschlachtet? Nachgefragt bei Händlern in Hattingen.

Die Aufzucht der Tiere schlägt sich in der Fleischqualität nieder

Landwirt Peter Oberdellmann (46) war an diesem Morgen wieder mal am Schlachthof in Bochum, der Besitzer des Kneibelhofes in Holthausen lässt dort seine Rinder schlachten. Die je zwei Schlachthälften der toten Tiere gehen dann von Bochum aus zum Produktionsbetrieb von Fleischermeister Michael Müller im Vogelsang, werden dort weiter zerlegt und verwurstet, die Waren später in Müllers Laden in der Innenstadt (Große Weilstraße 16) verkauft. Die Aufzucht der weiblichen Tiere vom Kneibelhof - mit Weidegang, einem Aufwachsen in Ruhe - schlage sich in der Fleischqualität nieder, betont Müller. Und auf die lege nicht nur er Wert. "Auch meine Kunden schätzen sie." Im Zuge des Tönnies-Skandals sei der Kundenzulauf dabei "deutlich angestiegen".

Fleischermeister Michael Müller steht im Kühlhaus. Die Fleischzerlegung findet im eigenen Betrieb statt.
Fleischermeister Michael Müller steht im Kühlhaus. Die Fleischzerlegung findet im eigenen Betrieb statt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Wenn es nach dem 44-Jährigen ginge, müsste er die Tiere, die er stets selbst weiterverarbeitet ("denn aus der Industrie bekommt man nie genau die Produkte, die man haben will"), allerdings nicht in Bochum schlachten lassen. Er hätte vielmehr den Fortbestand des 1982 geschlossenen Schlachthofes auf der Kreisstraße in Hattingen begrüßt. Je kürzer der Weg zum Schlachthof sei, so Müller, desto besser für das Tier.

Schulte Stade schlachtet seine Tiere selbst

Auch Alfred Schulte-Stade vom Schultenhof (Königsteiner Straße 103) ist ein Befürworter davon, Tieren keine langen Fahrten zum Schlachthof zuzumuten. Die Schließung zahlreicher städtischer Schlachthöfe "aus Kostengründen" nennt er denn auch "einen großen Fehler", der die Entstehung von Großschlachthöfen à la Tönnies erst möglich gemacht habe. Schulte-Stade geht den entgegengesetzten Weg: Der Hattinger schlachtet seine Tiere - Auerochsen und Simmentaler Rinder - selbst, "als einziger Landwirt im Kreis". Sein Schlachthaus auf dem "Bioland"-zertifizierten Hof hat er 1993 gebaut. In Kürze will er übrigens auch noch Bioschafe und Biolämmer züchten, später schlachten, verarbeiten, verkaufen. Die Schlachtgenehmigung dafür hat er bereits.

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Für Schulte-Stade ist artgerechte Tierhaltung eine Herzensangelegenheit, die Massenproduktion von Billigfleisch bringt ihn in Rage. "Es kann doch nicht sein, dass ein Kilo Katzenfutter teils mehr kostet als ein Kilo Schweinegulasch", legt er den Finger in die Wunde.

Bei Rewe Lenk gibt's Fleisch von Ruhrtaler Freilandschweinen

Das sicher nicht, aber dass unterschiedliche Fleischqualitäten unterschiedliche Preise nach sich ziehen, ist klar. Im Rewe-Markt Lenk in Blankenstein (Heinrich-Puth-Straße 6-8) etwa gibt es so gesehen eine breite Angebotspalette - von preisgünstigerer Ware, die Stefan Lenk über Rewe Dortmund bezieht, bis hin zu etwa Ruhrtaler Freilandschweinen vom Essener Landwirt Alexander im Brahm, die im Ruhrtal aufwachsen und auf einem Bio-Schlachthof in Unna geschlachtet werden.

Und sonst? Beziehen die Reuters vom Bergerhof (Bergerweg 8) ihr Fleisch von verschiedenen Betrieben im Münsterland. "Geschlachtet und grob zerlegt werden die Rinder und Schweine in einem kleinen familienbetriebenen Schlachthof in Lippstadt", sagt Metzgermeister Dominik Reuter (42). Und die Metzgerei Radtke mit Läden in Welper (Thingstraße 30) und Blankenstein (Hauptstraße 5) verkauft Schweinefleisch von der Firma Thomas und Wilhelm Temme. Mit dem Familienunternehmen aus Bad Iburg, so Metzgermeister Heinz-Günter Radtke (79), das in Hofnähe schlachten lasse, arbeite er seit über 50 Jahren zusammen, Stammkunden wissen das. "Und dennoch sind jedes Mal, wenn es einen Skandal rund ums Fleisch gibt, die Flyer, in denen wir über unser Schweinefleisch informieren, wieder besonders stark nachgefragt."