Hattingen. Dagmar Goch ist nach ihrer Wahl zur Bürgermeisterin 2004 die erste Frau an der Spitze der Stadt. Sie ist bürgernah, aber auch kampfeslustig.

„Nein!“ Die Antwort ist eindeutig, als Künstler Bernhard Matthes gegen Ende des Jahres 2003 bei Dagmar Goch anfragt, ob sie sich vorstellen kann, bei der Bürgermeisterwahl in Hattingen anzutreten. Perplex sei sie gewesen, „ich habe den Anruf gar nicht ernst genommen“, verrät sie später zur WAZ. „Erst als es nach und nach immer mehr Anrufe mit dieser Frage gab, habe ich mir Gedanken gemacht.“ Sie tritt schließlich im September 2004 für die SPD an, gewinnt knapp gegen Frank Burbulla (CDU) – und ist am 10. Oktober Hattingens erste Bürgermeisterin.

Am 1. Januar 1984 wird aus der pädagogische Mitarbeiterin die neue VHS-Chefin

Gehen wir aber ein paar Schritte zurück im Leben der Holthauserin: Offen bekundet sie im Herbst 1983 Interesse, Nachfolgerin von VHS-Chef Peter Wolfshöfer zu werden. In der (nicht-öffentlichen) Vorlage der Po­litik heißt es am 24. November 1983: „Die besondere Situation der VHS, die sich von anderen Volkshochschulen durch die Übernahme von kulturellen Aufgaben unterscheidet, legt es nahe, auf vorhandene Erfahrungen zurückzugreifen.“ In der Person von Frau Dr. Goch sei dies gewährleistet. „Es wird vorgeschlagen, auf eine Ausschreibung der Leiterstelle zu verzichten.“ Am 1. Januar 1984 wird aus der pädagogische Mitarbeiterin die neue VHS-Chefin – ihr erster Schritt.

Portrait von Dr Dagmar Goch, von 2004 bis 2015 Bürgermeisterin in der Stadt Hattingen, in den 80ger Jahren war sie VHS Leiterin Foto: Archiv WAZ Hattingen, 29.08.1987
Portrait von Dr Dagmar Goch, von 2004 bis 2015 Bürgermeisterin in der Stadt Hattingen, in den 80ger Jahren war sie VHS Leiterin Foto: Archiv WAZ Hattingen, 29.08.1987 © WAZ | NN

Dagmar Goch wird am 1. September 1949 in Dinslaken geboren. Nach dem Abitur studiert sie an der Ruhr-Uni Germanistik und Anglistik, promoviert im Februar 1978 als Doktor der Philosophie. Bereits im Jahr 1971 steigt sie als freie Mitarbeiterin für Sprachen bei der Volkshochschule in Hattingen ein. Es folgt erst die Festanstellung, später die Beförderung.

„Frauen in leitenden Positionen haben es in dieser Männerwelt nicht leicht“, sagt sie in ihrem ersten WAZ-Interview am VHS-Leiterin. „Aber es für Frauen reizvoll, diese Aufgabe zu durchstehen. Vieles fällt mir leichter, weil ich spontan bin und ehrlich. Ich habe die Erfahrung gemacht: Das mögen die Leute.“

Im Jahr 1992 wird sie Kultur-, Sport- und Schuldezernentin in Herne

Sie geht ihren Weg, ist bürgernah, nimmt die Menschen mit. Sie wird Hattingens Kulturbeauftragte – und leistet offensichtlich gute Arbeit: Denn im Sommer 1992 wird sie Kultur-, Sport- und Schuldezernentin in Herne, einer Stadtverwaltung mit rund 2600 Mitarbeitern.

Mehr als elf Jahre später gibt es diesen Anruf, diesen Rückruf nach Hattingen. Und ein halbes Jahr später die (dienstliche) Rückkehr in die Stadt, in der sie auch in ihren Herner Jahren immerzu gelebt hat.

Wenige hundert Stimmen Vorsprung vor Frank Burbulla

Im Herbst 2004 tritt Dagmar Goch also zur Bürgermeisterwahl an – und gewinnt mit wenigen hundert Stimmen Vorsprung gegen Kämmerer Frank Burbulla. Fünf Jahre später­ wiederholt sie ihren Erfolg dann mit einem satten Vorsprung gegen Barbara Niemann (CDU). Elf Jahre lang ist sie Verwaltungschefin und Ratsvorsitzende – „eine schöne Zeit“, bilanziert sie.

2007: Dagmar Goch bei der Einweihung des Ruhrtalbahn-Bahnsteigs am LWL-Industriemuseum Henrichshütte.
2007: Dagmar Goch bei der Einweihung des Ruhrtalbahn-Bahnsteigs am LWL-Industriemuseum Henrichshütte. © WAZ | Arne POLL

Drei Wünsche für die Hattingerinnen und Hattinger verrät sie zu Beginn ihrer Amtszeit: „Genügend Arbeitsplätze, eine gute Finanzausstattung und engagierte Bürgerinnen und Bürger mit Gemeinsinn."

Haken an die Arbeitsplätze: Die Zahl der Arbeitslosen wird über die Jahre deutlich reduziert.

Haken an engagierte Bürger: Das Bürgerzentrum Holschentor wird unter ihrer Führung konzipiert.

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Bleibt die Finanzausstattung: Macht der fehlende Finanzausgleich zwischen Bund, Land und Kommunen eher zornig und kampfeslustig oder mürbe und desillusioniert, lautet die Frage 2015. Antwort: „Zornig und kampfeslustig. Bei Gesprächen mit Land und Bund haben wir Kommunen oft den Eindruck, auf der anderen Seite wird die Realität ausgeblendet.“

Ausgleich zum hochgetakteten Tagesablauf findet Dagmar Goch beim Yoga

Meditation, Entspannung, Ausgleich: Ausgleich: Dagmar Goch in ihrer Zeit als Bürgermeisterin beim Yoga in Elfringhausen.
Meditation, Entspannung, Ausgleich: Ausgleich: Dagmar Goch in ihrer Zeit als Bürgermeisterin beim Yoga in Elfringhausen. © WAZ | Arne POLL

Ausgleich zum hochgetakteten Tagesablauf findet Dagmar Goch beim Yoga. Lange Jahre macht sie bei einer VHS-Gruppe in der Elfringhauser Schweiz mit. „Man muss Distanz gewinnen, loslassen können, den Körper elastisch halten“, erklärt sie. „Und diese Entspannungstechniken kann man immer anwenden.“ Zudem gibt es Fahrrad-Urlaube mit ihrem Mann Martin Burkert, etwa im Loire-Tal oder bis an die tschechische Grenze.

Worauf sie stolz ist: „Auf das offene Rathaus, das Beschwerdemanagement, das rollende Bürgerbüro, die Neubürgerempfänge. Weihnachtsbäckerei und den Gesundheitstag“, sagt sie selbstbewusst.

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Ihr letzter Arbeitstag ist der 20. Oktober 2015 – aus einem klaren „Nein“ wurden elf Jahre „Ja“! Dagmar Goch war die erste Frau an der Spitze der Stadt Hattingen. Damit hat sie Geschichte geschrieben – und mit ihrem Wirken darüber hinaus auch ein paar Ausrufezeichen.

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