Hattingen. Dieter Liebig ist ab 1997 erster hauptamtliche Bürgermeister der Stadt Hattingen. Er steht für Fairness und Kompromissfähigkeit in der Politik.
Dieter Liebig wird immer der Erste sein; der erste Einzelkämpfer an der Spitze der Stadt Hattingen. Denn nachdem er im Jahr 1997 bereits sieben Jahre lang als Stadtdirektor der Verwaltungschef gewesen ist, wird die Doppelspitze abgeschafft – und Liebig wird als Nachfolger des Ehrenamtlichen Günter Wüllner (SPD) auch Bürgermeister. 1999 muss er sich dann zum ersten Mal einer Wahl durch die Bürger stellen.
Was für eine Wahl: Neben Liebig, der für die Sozialdemokraten antritt, stehen auch Michael Lunemann (CDU), Stefan Kietz-Borgwardt (Grüne/FWI), Ulrike Dieckmann (FDP) und der parteilose Thomas Röthig auf dem Wahlzettel – und im ersten Wahlgang gibt es keine absolute Mehrheit für einen der Kandidaten. Liebig erzielt 44,2 %, Lunemann holt 41,4 % – eine Stichwahl entscheidet. Und die wird noch enger: Mit 389 Stimmen Vorsprung setzt sich der SPD-Mann durch.
Mit 36 wird er jüngster Beigeordneter der Stadt Hattingen
Dieter Liebig wird in Bochum geboren. Sein Arbeitsleben (und später auch sein Privatleben) verbringt er aber nie woanders als in Hattingen: Nach seinem erfolgreichen Jurastudium wird er 1971 Leiter des Rechtsamts bei der Stadtverwaltung. Sechs Jahre später ist er mit 36 Jahren der jüngste Beigeordneten der Stadt, 1989 wird er als Nachfolger von Hans-Jürgen Augstein Stadtdirektor.
Ehrenamtlicher Bürgermeister ist damals, in der schwierigen Zeit des Umbruchs nach dem Hütten-Aus, Günter Wüllner. „Er mochte die Menschen und sie mochten ihn“, sagt Dieter Liebig über den zweiten Mann dieser so genannten Doppelspitze. „Mir persönlich stand er sehr nah, wir haben eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet.“
Wüllner gibt das Lob zurück: „Es war mein Wunsch, dass Dieter Liebig mein Amt übernimmt als ich mit 70 Jahren aufgehört habe. Mit ihm habe ich gut zusammengearbeitet, bin nie von ihm enttäuscht worden.“
Nach der 600-Jahr-Feier im Jahr 1996 wird die Doppelspitze abgeschafft
Nach der 600-Jahr-Feier der Stadt Hattingen im Jahr 1996 wird diese Doppelspitze abgeschafft. Dass Liebig lieber Stadtdirektor geblieben wäre und für die Repräsentation einen ehrenamtlichen Bürgermeister behalten hätte, hat er nie verschwiegen. Hinbekommen hat er es dennoch. „Ich bin nicht öffentlichkeitssüchtig, aber auch nicht öffentlichkeitsscheu“, hat er im WAZ-Gespräch zum Ende seiner Dienstzeit gesagt.
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Strukturwandel und Stadterneuerung sind seine Schwerpunkte, naheliegende, denn die Stadt muss sich nach dem Schock ‘87 neu aufstellen. Er ist kein Lautsprecher (laut ist er nur, wenn er sein legendäres Lachen lacht), keiner, der sich mit Kawumms in den Vordergrund stellt. Nein, Dieter Liebig ist ein Verwaltungsmann – korrekt, freundlich, auch mal hart in der Sache, wenn es nicht anders geht. „Vernünftig“ sei er, und das trifft ihn wohl am besten.
Kunst und Kultur liegen Dieter Liebig besonders am Herzen
Kunst und Kultur liegen ihm am Herzen. Liebig ist an der Idee für die Stadttore beteiligt, er kämpft dafür, in den Amtshäusern in Blankenstein das Stadtmuseum einzurichten. Später, als Pensionär, wird er dort auch Vorsitzender des Fördervereins, auch heute ist seine Meinung nach wie vor gefragt und geachtet.
Der SPD hat sein Handeln indes nicht immer gefallen. Denn von Koalitionen in der Kommunalpolitik hält der Südstädter eher nichts: „Besser ist, wenn man sich, auch mit wechselnden Mehrheiten, von der Sacharbeit leiten lässt“ – und so hat er gegen Ende seiner Amtszeit mit CDU und FDP und gegen eben seine SPD und Grüne/FWI für die Schließung des Hallenbads Talstraße gestimmt – sein Votum gab den Ausschlag fürs Aus.
Er wird als „überparteilicher Bürgermeister für alle Hattinger“ gelobt
Genau deshalb wird Dieter Liebig bei seinem Abschied aus dem Rathaus als „überparteilicher Bürgermeister für alle Hattinger“ gelobt. Und als Mensch. Als ein Vorbild für Fairness und Kompromissfähigkeit in der Politik. Mehr geht wohl nicht.
Heute ist Dieter Liebig Privatmann – und als solcher ist er am liebsten privat. Trotzdem freut er sich jedes Mal, wenn er noch angesprochen wird. „Es ist schön, dass ich immer noch eingeladen werde. Aber es ist auch schön, dass ich nicht mehr überall hin muss.“