Hattingen. Günter Wüllner sind während seiner Amtszeit die Herzen zugeflogen. Er hat sich selbst als „Kummerkasten für die Bürger” Hattingens bezeichnet.
An seine Popularität als Stadtoberhaupt kommt keiner heran: Günter Wüllner ist nach wie vor Hattingens beliebtester Bürgermeister – für die Älteren war er einfach „Unser Günter“, die Jüngeren haben ihn liebevoll als den „BüGüWü“ bezeichnet. Elf Jahre lang ist der Winz-Baaker ehrenamtlich Erster Bürger der Stadt, Höhepunkt dieser Zeit ist im letzten Amtsjahr die 600-Jahr-Feier.
„Ich bedauere es, wenn Leute aneinander vorbeigehen und sich nicht grüßen“, sagt der Sozialdemokrat in seinem letzten großen Interview. Er ist ein Menschenfreund, sieht sich als „Kummerkasten für die Bürger”, der sich mit den Sorgen und Klagen seiner Hattinger ebenso gern auseinandersetzt wie er sich auch über Lob und Dank freut. Ein Dutzend Briefe erreicht ihn im Monat, zur Zeit des Hüttenkampfs kommen sie sogar aus ganz Europa.
Sein Traumberuf ist Lehrer
Günter Wüllner marschiert im Jahr 1987 in die Herzen der Bürger – wenn er da nicht schon längst angekommen ist. Er kämpft Seite an Seite mit den Arbeitern, den Gewerkschaftern, mit ganz Hattingen für den Erhalt von Tausenden Arbeitsplätzen auf der Henrichshütte. Leider ohne Erfolg. Thyssen beschließt seinen Abschied – das Ende für den Stahl-Standort Hattingen. Wüllners Position ist indes stärker denn je.
Am 16. September 1926 wird Günter Wüllner in Winz geboren. Er geht zur Volksschule Ruhrbrücke, träumt davon, Lehrer zu werden. Doch dieser Wunsch bleibt wegen des Zweiten Weltkrieges unerfüllt. Also lernt er Maurer und wechselt im Jahr 1953 zum Verbandswasserwerk Bochum. Nach der Meisterprüfung arbeitet Wüllner bis zur Rente 1987 als Wassergewinnungsmeister in Essen-Burgaltendorf.
1964 folgt das erste politische Amt
Im Jahr 1946 tritt er der Gewerkschaft ÖTV bei, zwölf Jahre später wird er Mitglied im SPD-Ortsverein Winz-Baak. 1964 folgt das erste politische Amt: Gemeindevertreter. Wüllner wird zum stellvertretenden Bürgermeister von Winz gewählt (1968), er gehört nach der Kommunalen Neuordnung sogleich dem neuen Hattinger Stadtrat an. 1977 verliert der Sozialdemokrat eine Kampfabstimmung gegen Parteifreund Paul Wolf, als es um die Nachfolge von Bürgermeister Willy Brückner geht. Erst acht Jahre später, als Wolf aus gesundheitlichen Gründen aufhört, ist der Weg frei Wüllner. Er ist Ehrenamtler, hat nicht die Bürde, parallel die Verwaltung zu führen (das macht bis 1988 Hans-Jürgen Augstein, danach Dieter Liebig). Wüllner kann uneingeschränkt volksnah sein.
Wüllner ist beliebt, bei Parteifreunden und politischen Gegnern
Wüllner ist beliebt, bei den Bürgern, bei SPD-Parteifreunden und auch seinen politischen Gegnern. Weil er sich nicht vehement gegen sie stellt, weil er den Dialog sucht. „Ich verstehe so manches Gerangel nicht“, sagt er zu den politischen Machtkämpfen, und geht auch immer wieder in Sitzungen der CDU, um seine Sichtweisen darzustellen. Mit klarer Kante, aber auch mit einem warmherzigen Mutterwitz. Was ihn auszeichnet: Es handelt immer so, wie er es vorher gesagt hat.
Günter Wüllner ist bodenständig, verlässt seine Heimat WinzBaak nie und ist 58 Jahre lang mit seiner Hannelore verheiratet. Die Kaninchenzucht liegt ihm am Herzen, das Vereinsleben in der Nordstadt sowieso. Ihm wird das Bundesverdienstkreuz verliehen, der NRW-Verdienstorden, natürlich auch der Ehrenring der Stadt Hattingen.
Hattingen ist ein Ort der Hoffnung und der Zuversicht
„Hattingen ist ein Ort der Hoffnung und der Zuversicht“, sagt anlässlich seines 70. Geburtstages. Er weiß, dass die Stadt die Herausforderungen nach dem Hütten-Aus gut angegangen ist, dass sie es schaffen wird, dass Strukturwandel hier nicht nur ein Wort ist. Kurz später, gibt er sein Amt ab an Dieter Liebig, der erster hauptamtliche Bürgermeister wird. Er selbst wird zum Ehren-Bürgermeister ernannt.
Alte Weggefährten vermissen Günter Wüllner und seine Glaubwürdigkeit heute. Er ist ein Stück Hattinger Geschichte – er ist „Unser Günter“ und der „BüGüWü“.