Gladbeck. . Das Schicksal der Zechensiedlung Phönixstraße stand lange auf Messers Schneide. Das Wohnungs- und Immobilienunternehmen Viterra wollte die heruntergekommenden Häuser abreißen. Nach jahrelangen Debatten konnten sie gerettet und privatisiert werden. Heute ist die Phönixstraße ein echter Hingucker.

Verrammelte Fenster an noch wenigen Häusern erinnern daran, wie es in der Phönixstraße vor ein paar Jahren aussah. Das Schicksal der mehr als 100 Jahre alten Zechensiedlung stand lange auf des Messers Schneide. Eigentümerin Viterra hatte 1999 den Abriss der heruntergekommenen Häuser beschlossen. Es folgte eine jahrelange erbitterte politische Diskussion über das Für und Wider von Abriss und Erhalt. 2002 schließlich wurde die Siedlung unter Denkmalschutz gestellt, die neue Eigentümerin, die Firma Akimo, schaffte, was nur wenige für möglich gehalten hatten: Sie brachte ein Gebäude auf Vordermann und fand dank dieses „Schmuckstücks“ als Anschauungsobjekt Käufer für fast alle 54 Haushälften.

Familie Stollfuß gehört dazu. Andreas (48), Lilla (39) und die Kinder Lisa-Marie (12), Sophie (9), Jana (8) und Paul (6), damals in Gelsenkirchen zu Hause, entdeckten bei einem Ausflug nach Wittringen per Zufall das Verkaufsschild am Eingang zur Phönixstraße. „Wir waren entsetzt über die Ruinen, als wir die Straßen entlangfuhren“, erinnert sich Lilla Stollfuß. Im Musterhaus aber bekamen sie eine Vorstellung davon, wie die „Bruchbuden“ nach dem Umbau aussehen könnten – und machten sich ans Werk.

Tag und Nacht gearbeitet

„Für den Kaufpreis von 85 000 Euro hat Akimo noch neue Fenster eingebaut, die Fassade saniert und das Dach neu gedeckt“, erzählt Lilla Stollfuß. Der „Rest“ war ausnahmslos Eigenarbeit. In der Rekordzeit von vier Monaten verwandelte das Ehepaar die drei winzigen Wohnungen in eine schmucke 160-m²-Haushälfte auf drei Etagen, mit eigenem Zimmer für jedes Kind.

„Wir haben Tag und Nacht gearbeitet“, erinnert sich Lilla Stollfuß mit Schaudern an die Zeit, als ihr Mann von der Arbeit um 17 Uhr sofort zur Baustelle an der Phönixstraße fuhr. Wenn er um 22 Uhr nach Hause kam, begann ihre „Schicht“. „Bis 2 Uhr morgens habe ich hier jeden Tag geschuftet, obwohl es mir in dieser noch kaum bewohnten Geistersiedlung manchmal unheimlich war.“

Im Inneren des denkmalgeschützten Hauses ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Beim Blick ins gemütliche Wohnzimmer, in dem die vier Kinder mit Freunden am großen Esstisch spielen, kann man sich kaum vorstellen, dass dieser Raum früher geteilt war in Wohn- und Schlafzimmer. Dazu noch eine kleine Küche, ein kurzer Flur und ein winziges Bad. Das war’s an Wohnraum für eine fünfköpfige Familie.

Umgestaltet haben Andreas und Lilla Stollfuß die Haushälfte in Anlehnung an das Musterhaus. „Da hat man tolle Anregungen bekommen“, schwärmt die 39-Jährige. Die handwerkliche Umsetzung war kein Problem: „Mein Mann ist von Beruf Isolierer und handwerklich sehr geschickt. Und ich stamme aus Polen, da kann auch eine Frau eigentlich alles.“

Fünf Jahre wohnt Familie Stollfuß jetzt an der Phönixstraße, und alle sechs Familienmitglieder fühlen sich pudelwohl in diesem Haus mit dem großen Garten samt Swimmingpool, mit der Freizeitstätte Wittringen quasi vor der Haustür, mit der netten Nachbarschaft.

Der abbruchreife Schandfleck Phönixstraße hat sich in wenigen Jahren zu einer Vorzeige-Zechensiedlung gemausert.