Gladbeck. . Sie müssen sich wohl damit abfinden: Karl und Helmut Reinisch, die Brüder, die als letzte Mieter in einem der vier alten Zechenhäuser an der oberen Uhlandstraße leben, haben keine realistische Chance mehr, dort zu bleiben. Das mussten sie am Dienstag bei einem Gütetermin vor dem Amtsgericht einsehen.

Wie berichtet, wehren sich die 58 und 62 Jahre alten Männer mit allen Mitteln dagegen, die Wohnung, in der schon ihre Großeltern lebten und sie selber groß geworden sind, zu verlassen. Die Deutsche Annington als Eigentümerin hatte das Mietverhältnis gekündigt, weil sie das 4700 qm große Grundstück zwischen Goethestraße und Horster Straße der Stadt Gladbeck verkauft hat. Der Vertrag wird allerdings erst wirksam, wenn alle Wohnungen frei sind. Weil Helmut und Karl Reinisch das Haus nicht freiwillig verließen, reichte Annington Räumungsklage ein.

In der Güteverhandlung machte Amtsrichterin Dr. Rieks den Brüdern gestern gleich zu Beginn unmissverständlich klar, dass sie ihnen wenig Chancen einräume, „obwohl ich sehr gut verstehe, dass die Wohnung Ihnen am Herzen liegt“. Ein Umzug sei zumutbar. Rieks: „Sie sind schließlich noch relativ jung. Wenn sie 85 oder 90 und krank wären, sähe die Sache vielleicht anders aus.“

Eine Mietwohnung kommt nicht in Betracht

Rechtsanwalt Gerd Dorka argumentierte, das Grundstück sei für die Stadt in erster Linie im Zusammenhang mit dem Ausbau der B 224 zur A 52 von großem Interesse gewesen. Nach dem Ratsbürgerentscheid gegen den Autobahnausbau gebe es keine Planungen für das Areal, und Geld für eine Folgenutzung habe die öffentliche Hand ohnehin nicht. Ein Privatinvestor sei auch nicht in Sicht. Dorka: „Außer einem Abriss der Häuser ist da in den nächsten Jahren nichts möglich.“ Auch sei bei der Frage der Zumutbarkeit eines Umzugs nicht allein das Alter der Mieter entscheidend. Dorka: „Die Brüder Reinisch sind mit diesem Haus verwurzelt. Sie können dort schalten und walten, wie sie wollen und haben einen eigenwilligen Lebensstil entwickelt. Eine Mietwohnung irgendwo in der dritten Etage eines Mehrfamilienhauses kommt für sie nicht in Betracht. Da könnten Sie sie lieber ins Gefängnis stecken.“

Rechtsanwalt Sebastian Raape konterte, Annington habe den Brüdern neun Wohnungen angeboten, alle ein bis zwei Kilometer Luftlinie von ihrem jetzigen Wohnort entfernt und alle in der Parterre. Das Wohnungsunternehmen habe zudem Umzugshilfen zugesagt. Annington sei auch jetzt noch bereit, den Brüdern Alternativwohnungen anzubieten. Allerdings: „Wenn sie erwarten, dass sie auch in Zukunft allein in einem Haus wohnen, dann brauchen wir nicht weiter zu reden.“

Chance auf gütliche Einigung besteht noch

Eine Erdgeschosswohnung mit Garten sei wichtig, die Qualität nicht entscheidend, sagte Rechtsanwalt Dorka nach einer Beratung mit seinen Mandanten. Wenn Annington ein solches Angebot machen könne, sei eine gütliche Einigung nicht ausgeschlossen.

Dafür haben die Parteien jetzt zwei Monate Zeit. Wenn es nicht klappt, will Richterin Dr. Rieks dann ein Urteil verkünden – und das fällt wohl nicht zugunsten der Brüder aus. Das haben die jetzt wohl verstanden, denn so zuversichtlich sie den Gerichtssaal betreten hatten, so zerknirscht sahen sie am Ende aus.