Gladbeck. Ärzte geben altersbedingt ihre Praxen auf. Das kommt für den Gladbecker Dr. Klemens-Michael Albring nicht infrage. Er feiert Praxisgeburtstag.
Nein, etwas anderes als Arzt wollte Klemens-Michael Albring beruflich nie machen. Allenfalls vielleicht noch Rennfahrer. Aber nee! Der Facharzt für Innere Medizin in Gladbeck ist Mediziner mit Leib und Seele. Und das ist keine Floskel, stellt sich im Gespräch mit dem 73-Jährigen heraus. Seit 40 Jahren betreut Albring Kranke. Anlass für eine Überraschungsparty.
+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! +++
So ein Trubel herrscht in der Praxis an der Bottroper Straße wahrscheinlich sonst nur, wenn eine Erkältungswelle plus Magen-Darm tobt. Doch an diesem Dienstag sind Husten, Schnupfen, Heiserkeit einmal vergessen, denn die reguläre Sprechstunde gibt‘s heute nicht. Auch das zur Überraschung des Chefs. „Ich wusste von nichts“, sagt die Hauptperson inmitten dieses gelösten, gut gelaunten Wirbels, „nicht einmal, dass es schon 40 Jahre sind.“
Tochter Maximiliane (37) und Praxismanagerin Adriane Krieger hingegen hatten den runden Geburtstag der Praxis hingegen sehr wohl auf dem Schirm – und organisierten die Fete zu Ehren Albrings. Mit allem Pipapo: Prickelnde Tropfen und Orangensaft statt Medizin, Häppchen statt Krankschreibungen. Gratulanten haben Danksagungen in Kartenform und Geschenke dabei. Plus viele herzliche Worte und Umarmungen.
+++ Nachrichten aus Gladbeck bequem ins Postfach: Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Newsletter anmelden! +++
Es ist unübersehbar: Die Patientenschaft weiß den Einsatz des Arztes zu schätzen. Besonders in Zeiten, in denen gerade Mediziner ab einem gewissen Alter ihren weißen Kittel und Stethoskop an den Nagel hängen. Häufig fehlt es an Nachwuchs, der eine Arztpraxis übernehmen oder führen wollen.
Kann Albring, der übrigens den „Klemens“ im Namen eher untern Tisch fallen lässt, nicht nachvollziehen. Mit dem Brustton der Überzeugung betont der Gladbecker Arzt: „Für mich ist aufhören keine Option. Ich kann nicht ohne meine Praxis.“ So will er, wenn es seine Gesundheit zulässt, noch viele, viele Jahre als Arzt tätig sein.
Klemens-Michael Albring wurde in eine Mediziner-Familie hineingeboren
Ist vielleicht auch nicht so verwunderlich, schließlich wurde dem heute 73-Jährigen die Medizin quasi in die Wiege gelegt. Vater Klemens „war auch Internist“, dessen Praxis in Gladbeck übernahm der Sohn mit dem Doppelnamen, der in Mülheim an der Ruhr das Licht der Welt erblickte. Bruder Christian ist anderenorts Gynäkologe.
Michael Albring lernte das ABC, Rechnen und mehr an der Gladbecker Lambertischule. „Mit neun kam ich ins Internat nach Österreich zu Jesuiten“, erzählt der Facharzt. Von den Jesuiten habe er viel für seinen Lebensweg mitbekommen. Einen ethnisch-moralischen Kompass. Und: „Ich habe gelernt, zu leben.“ Unter den insgesamt 400 Jungen, die im Internat die Schulbank drückten, seien mehr als 50 Nationen vertreten gewesen – da bekommt man auch Toleranz für ein gedeihliches Miteinander mit auf den Lebensweg. So bekennt denn Albring: „Ich habe von Kindheit an andere Kulturen erlebt.“ Er fühle sich also nicht als Deutscher, „Weltenbürger“ wäre treffender.
Zumal er auch beruflich heutzutage eine enge Verbindung zu China hat. Die dortige klassische Medizin hat er bei etlichen Visiten im Reich der Mitte studiert, praktiziert manches in Gladbeck. „Ich habe mit Akupunktur angefangen“, so Albring.
Dabei nahm dieses Kapitel keinen erfolgversprechenden Anfang. Mit einem Lachen gesteht der Mediziner: „Ich habe das anfangs für Schmarrn gehalten.“ Ehefrau Margarethe (70) „verschrieb“ ihm mit mehr oder minder sanftem Druck ein Seminar zum Thema Akupunktur. Der ehemals begeisterte Rennwagenfahrer plaudert aus dem Arztköfferchen: „Ich wollte eigentlich zum Nürburgring, bin dann zum Seminar gefahren, habe in der ersten Reihe gesessen und demonstrativ eine Rennzeitung gelesen. Der Professor sah das und hat mich direkt angesprochen.“
„Ich latschte in Unterhose durch den Hörsaal“
Der Spezialist forderte den Skeptiker gefragt, ob dieser irgendwelche Beschwerden haben. „Also latschte ich in Unterhosen durch den Hörsaal.“ Und siehe da: Die Schmerzen waren wie weggeblasen. „Ich wollte wissen, wie das funktioniert“, berichtet der Gladbecker Internist. Das könne er zwar immer noch nicht sagen, doch er habe erfahren, dass klassische chinesische Medizin helfe. In seiner Praxis hängen gerahmt chinesische Schriftzeichen, Malerei und sogar Ginseng. Übrigens: Tochter Maximiliane, Hebamme in Buer, nutzt Akupunktur für Schwangere. Die 37-Jährige ist nach Felicitias (41) und Philippa (40) das jüngste Kind der Albrings.
Die Erfahrung: Klassische chinesische Medizin funktioniert
Er denkt an eine Verwandte mit Multipler Sklerose (MS). Deren Leben sei dank Kräutermedizin „wieder lebenswert“ geworden. Darum dreht sich alles Streben des empathischen Arztes aus Gladbeck. Er bekennt: „Jeder Patient, der sich vertrauensvoll an mich wendet und verloren geht, ist auch eine Niederlage für mich.“ Und verlieren, das mag der begeisterte Sportler so gar nicht.
Rennen fährt er nicht mehr, er steigt mittlerweile aufs Fahrrad. Tochter Maximiliane: „Er ist schon in drei Tagen nach Berlin gefahren.“ Wegen einer Wette mit seiner Frau, wirft der Vater ein. Der Gewinn: eine Reise nach Schottland, neben der Normandie ein Sehnsuchtsort für Albring.
Und da der Gladbecker Arzt gerne am Ball bleibt, will er mit seinem Team – „drei Arzthelferinnen und eine Putzfrau, unsere Mutter der Kompanie, sowie meine Frau für den Schriftkram“ – noch möglichst lange seine Praxis führen. Seine Patienten danken es ihm.
Lesen Sie auch:
- Gesundheit: Ab Januar erhalten Gladbecker mehr Geld für die Pflege
- Blaulicht: Frau (31) in Gladbeck an Neujahr durch Rakete verletzt
- Ausblick 2024: Das erhoffen und wünschen sich Gladbecker fürs neue Jahr
- Geschäftsübergabe: Junger Apotheker übernimmt Gladbecker Einhorn-Apotheke