Gladbeck. Ein Schild verbietet Autofahrern auf der Buerschen Straße das Überholen von Fahrrädern – trotz des breiten Radwegs. Warum das Schild dort steht.
Ein wenig Verwunderung schwingt da in der E-Mail mit, die ein Gladbecker an die Redaktion geschrieben hat: „Wozu soll das sein?“, fragt er sich, und meint die ungewöhnlichen Verkehrsschilder, die an der Buerschen Straße stehen, ein rotes Auto, rechts davon ein schwarzes Fahrrad und ein Motorad. Drumherum ein roter Kreis, wer in der Fahrschule nicht komplett gepennt hat, weiß: Hier wird irgendwas verboten.
Das Schild nennt sich Zweiradüberhol-Verbotsschild, oder, knackig im Beamtendeutsch, „Verkehrszeichen 277.1“. Dass der ein oder andere Gladbecker verwundert auf das Schild blickt, könnte daran liegen, dass es erst seit 2021 existiert – und entsprechend selten ist. Was es verbietet – und im übrigen auch gebietet –, steckt eigentlich schon im Namen. Allerdings hat das rote Schild noch ein paar Tricks auf Lager, deswegen in aller Ausführlichkeit:
Seltene Verkehrsschilder in Gladbeck: Missachten wird teuer
Im Wirkungsbereich von 277.1, also bis es mit den bekannten Strichen und ausgegraut aufgehoben wird, dürfen Autos Fahrräder und Motorräder nicht überholen. Ganz genau dürfen „mehrspurige Fahrzeuge“ (also auch Lkw, Motorräder mit Beiwagen und mehr) „einspurige Fahrzeuge“ nicht überholen – sollten Sie also mal mit dem Einrad über die Buersche Straße flitzen, sind Sie vor rüden Überholern in der Theorie geschützt. Allerdings: Motorräder dürfen Fahrradfahrer trotzdem überholen, deswegen sind sie auf dem Schild schwarz dargestellt.
Wer sich dem Verbot des Schildes widersetzt, bekommt 70 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg aufgebrummt. Eine harte Strafe, aber nicht ohne Sinn, denn 277.1 soll einspurige Fahrzeuge und deren Fahrer an unübersichtlichen und engen Stellen schützen. Und damit sind wir dann wieder auf der Buerschen Straße gelandet.
Der Sinn hinter den Schildern an der Buerschen Straße
Eng ist es für Fahrer einspuriger Vehikel jedenfalls nicht, Motorräder fahren ohnehin auf der Straße, den Radfahrern stehen mit 2,50 Metern Radweg und 75 Zentimeter Schutzstreifen über drei Meter zur Verfügung. Bleibt noch die Unübersichtlichkeit – und die ist der springende Punkt. Die Schilder stehen nämlich jeweils vor den Bushaltestellen im Verkehrsversuchs-Bereich. Dort ist der Schutzstreifen mit seinen Pinöppeln natürlich unterbrochen, schließlich muss der Bus ja an den Straßenrand fahren, der Radweg wird an dieser Stelle bedeutend schmaler, der Sicherheitsabstand zu den zweispurigen Gefährten bedeutend geringer – und auch Motorradfahrer haben beim Überholen weniger Spielraum.
Damit es nicht zu brenzligen Situationen, gar Unfällen, kommt: Auftritt 277.1. Hinter der Bushaltestelle, wenn der Radweg mit Schutzstreifen wieder seine alte Breite erreicht hat, wird das Überholverbot aufgehoben. Gar nicht mal so kompliziert. Trotzdem werden die Schilder einigen Gladbeckern sauer aufstoßen. Nicht, weil das kurze Überholverbot so nervig wäre. Sondern weil der Verkehrsversuch auf der Buerschen Straße, der noch bis zum Sommer 2024 läuft, schon die Gemüter erhitzte, als er bloß noch ein kühnes Gedankenspiel im Rathaus war.
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Der größte Kritikpunkt am Projekt, damals wie heute: die Zahl 190. So viele Parkplätze sind der Gladbecker Innenstadt nämlich verloren gegangen, als der neue Radweg seinen Platz auf der Straße bekam. Im Innenstadtbereich klingen es seitdem immer wieder Stimmen, die einen Zusammenhang zwischen der höheren Zahl an Autofahrern, die nach Parkplätzen suchen, und dem Verkehrsversuch anprangern.