Gladbeck. Die Tafel Gladbeck ist nicht nur eine Lebensmittelausgabe, sondern auch ein sozialer Treffpunkt. So erleben ehrenamtliche Helfer die Arbeit.

Tatjana, Monika und Salih stehen in einem Raum voller schwarzer Kisten, die mit Obst und Gemüse gefüllt sind und sortieren konzentriert eine Kiste nach der anderen. Monika hebt eine Packung mit Pfirsichen hoch und überprüft, ob faule Stellen zu sehen sind, daneben schneidet Tatjana eine Packung Salatherzen auf, die sie dreht und wendet. Das sortierte Obst wird zusammen mit vielen anderen Lebensmitteln von der Tafel Gladbeck an Bedürftige ausgegeben – dabei muss viel beachtet werden.

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Sechs Mal in der Woche fahren die ehrenamtlichen Helfer der Tafel Gladbeck insgesamt 38 Lebensmittelmärkte an, um dort Spenden einzusammeln. Anschließend werden die Lebensmittel zum Sortiercontainer auf dem DRK-Gelände gefahren und nach der Sortierung in das Tafelmobil geladen – ein Lieferwagen mit extra Kühlung und Auslage. Heute unter anderem im Angebot: Toast, Schokopudding, Paprika, Multivitaminsaft und Leberwurst.

Tafel Gladbeck muss als Lebensmittelhändler viele Vorschriften beachten

Die Tafel ist in Gladbeck kein eigener Verein, sondern läuft unter der Trägerschaft des DRK (Deutsches Rotes Kreuz). Zirka 1600 Menschen werden wöchentlich versorgt, das erfordert einen hohen organisatorischen Aufwand. Wilhelm Walter, Kreisrotkreuzleiter, erklärt: „Mit der Übernahme der Lebensmittel von den Supermärkten und Discountern werden wir zum Lebensmittelhändler und müssen viele Vorschriften beachten. Gerade bei den Molkereiprodukten darf beispielsweise die Kühlkette nicht unterbrochen werden, weshalb unser Tafelmobil eine eigene Kühlung hat.“

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Die Helfer verteilen die Lebensmittel von Montag bis Donnerstag an zentralen Orten in den Stadtteilen, beispielsweise den Marktplätzen in Brauck, Mitte und Zweckel. „Uns ist es wichtig, dass die Menschen uns gut erreichen können, deshalb achten wir bei unseren Ausgabestellen darauf, dass beispielsweise eine Bushaltestelle in der Nähe ist“, so Walter. Neben Lebensmitteln werden dort auch Hygieneprodukte und Tierfutter verteilt – je nachdem, was die Supermärkte gespendet haben. „An der Ausgabe fragen wir unsere Kunden dann, was sie gerne haben möchten und verteilen alles so gerecht wie möglich.“

Lebensmittelrationen kostet bei der Tafel drei Euro für jeden Erwachsenen

Wichtig ist Walter, nicht von Bedürftigen, sondern von Kunden zu sprechen – vielen Menschen falle es schwer, Hilfe anzunehmen. Doch ohne die Tafel wissen viele Menschen in Gladbeck nicht, wie sie sich Mahlzeiten leisten sollen. Um Lebensmittel am Tafelmobil zu erhalten, müssen sie eine Tafelkarte mitbringen, die eingescannt wird. Dadurch sehen die Helfer, wie viele Lebensmittel der Person zustehen. Drei Euro kostet eine Lebensmittelration, die Verpflegung für Kinder ist kostenfrei.

In einem Sortiercontainer des DRK schauen Tatjana Funk, Salih Sahin und Monika Neumann (v.l.) nach faulem Obst und Gemüse.
In einem Sortiercontainer des DRK schauen Tatjana Funk, Salih Sahin und Monika Neumann (v.l.) nach faulem Obst und Gemüse. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Bei der Ausgabe beachten die Ehrenamtler auch individuelle Wünsche und Unverträglichkeiten. Veganer, Diabetiker, Muslime, die kein Schweinefleisch essen – auf alles wird Rücksicht genommen. Besonders groß ist der Andrang mittwochs, wenn das Tafelmobil in der Stadtmitte steht – bis zu 120 Lebensmittelpakete werden dort innerhalb von zwei Stunden ausgegeben. Manchmal gibt es auch besondere Aktionen. Jennifer Bartschat, Sachgebietsleiterin bei der Tafel, erinnert sich: „Einen Tag vor Heiligabend haben wir im vergangenen Jahr 50 Weihnachtsbäume gespendet bekommen, die waren innerhalb von zehn Minuten weg. Die Menschen haben sich riesig darüber gefreut, weil viele von ihnen seit Jahren keinen Weihnachtsbaum mehr hatten.“

Ehrenamtler verbringen bis zu 60 Stunden die Woche bei der Tafel

Die aufwendige Arbeit der Tafel ist nur dank der etwa vierzig Helfer möglich, die oft einen großen Teil ihrer Freizeit mit der ehrenamtlichen Arbeit verbringen. Bis zu 60 Stunden die Woche hilft Bartschat vor Ort und meint: „Die Tafel ist mein zweites Zuhause geworden, wir sind hier alle mit ganzem Herzen dabei.“ Dabei sei die Tafel sowohl für die Helfer, als auch für die Bedürftigen nicht nur eine Lebensmittelausgabe, sondern auch ein sozialer Treffpunkt.

Ihr Urteil ist gefragt: Stimmen Sie ab

  • Für die Ehrenamtsaktion „Menschen machen’s möglich“ stellen wir in unserer Zeitung zwischen Ende Juni und Mitte Juli sieben verschiedene ehrenamtliche Projekte in Gladbeck vor. In Kooperation mit der Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) und der Stadt können diese Projekte im Anschluss insgesamt 3000 Euro an Fördermitteln gewinnen – dafür ist ihre Stimme gefragt!
  • Nachdem wir alle Projekte vorgestellt haben, wird es eine Übersichtsseite geben und die Abstimmungsphase startet.
  • Ab Mitte Juli können sie per Mail oder per Post für das Projekt abstimmen, was Ihrer Meinung nach das Gewinnerpreisgeld in Höhe von 1000 Euro am meisten verdient hat.
  • Geld gewinnen können auch die vorgestellten Projekte, die nicht den ersten Platz erreichen – damit soll die ehrenamtliche Arbeit unterstützt werden. Die Gewinner werden dann am „Tag des Ehrenamtes“ bekannt gegeben – am 12. August.

Das zeigt sich auch bei den Hausbesuchen, die jeden Freitag anstehen. Circa 40 mobilitätseingeschränkte Menschen werden von der Tafel versorgt, die Lebensmittel werden ihnen direkt ins Haus gebracht. Bartschat erzählt: „Es ist wichtig, dass wir uns für diese Menschen einen Moment Zeit nehmen und nicht nur die Lebensmittel abstellen. Oft ist der Besuch der Tafelhelfer der einzige Kontakt mit der Außenwelt für diese sonst sehr zurückgezogenen Personen. Sie fiebern dann die ganze Woche auf den Besuch hin.“