Gladbeck. Weil die Mehrwertsteuer für die Gastronomie deutlich steigen soll, befürchtet der Dehoga Schließungen in NRW. So reagieren Gladbecker Wirte.
- Anfang des Jahres soll die Mehrwertsteuer für die Gastronomie von sieben auf 19 Prozent steigen.
- Aus diesem Grund befürchtet der Dehoga, dass es in NRW zu Restaurant-Schließungen kommen wird.
- Die Redaktion hat bei Gladbecker Wirten nachgefragt, wie sie dazu stehen.
Lange hatten Gastronomen gehofft, dass die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer doch noch gekippt wird. Doch inzwischen steht fest: Anfang Januar werden Speisen in Gastronomien wieder mit 19 Prozent besteuert. Darauf haben sich die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP verständigt. Der nordrhein-westfälische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga nennt dies eine „politische Fehlentscheidung“. Die Ampel habe eine ganze Branche im Stich gelassen, sagt NRW-Dehoga Präsident Patrick Rothkopf. Nach einer Umfrage erwartet der Verband um die 2200 Restaurant-Schließungen in NRW. Die Gladbecker Gastro-Szene zeigt sich angesichts des Themas resigniert, aufgeben will aber noch niemand.
Einige Gladbecker Wirtinnen und Wirte haben bereits damit gerechnet, dass die Mehrwertsteuer wieder auf das Vor-Corona-Niveau steigen wird. So auch Sandra Schwarte, die gemeinsam mit ihrem Mann das Rathaus-Café-Schwarte betreibt. Im August sagte sie noch gegenüber der Redaktion, dass ihr nichts anderes übrigbleibe, als die Preise für ihre Speisen erhöhen zu müssen, wenn die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent steigt. Jetzt, wo es feststeht, wirkt es, als hätte sie sich bereits damit abgefunden. Viel dazu sagen möchte sie nicht: „Es ist entschieden. Jeder muss schauen, wie er damit umgeht“, sagt sie. Existenzängste habe sie bislang nicht.
So stehen Gladbecker Gastronomen zur Mehrwertsteuer
Ibiza Jezidzic, Inhaber des Restaurants Templarii, weiß ganz genau, was die Erhöhung der Mehrwertsteuer für seinen Betrieb bedeutet: „Wir werden die Preise erhöhen müssen. Da kann man nichts machen“, sagt er im Gespräch mit der Redaktion. Dennoch bleibt auch er zunächst zuversichtlich mit Blick auf die Zukunft. Er sei nicht sicher, ob durch die Preiserhöhung weniger Gäste kommen würden. „Wir müssen einfach schauen, was passiert. Etwas anderes bleibt uns nicht übrig.“
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“, meint Goran Koscevic, Betreiber des Restaurants im Wasserschloss Wittringen. Dennoch habe auch er absehen können, dass die Steuererhöhung kommt. „Jeder, der realistisch ist, wird es gewusst haben.“ Der Staat reibe sich nun die Hände, so Koscevic. Denn laut Dehoga rechne die Regierung damit, mehr als drei Milliarden Euro durch die Steuererhöhung einzunehmen. Eine Rechnung, die laut Gastronomie-Verband nicht aufgehen werde. Es werde sich zeigen, „dass geschlossene Betriebe keine Umsatz-, aber auch keine Gewerbesteuer abführen und Arbeitslose keine Lohnsteuer. Der Staat wird feststellen, dass weniger Umsätze in Restaurants, Cafés und Gaststätten zu weniger Steuereinnahmen führen werden“, sagt Rothkopf, Chef des NRW-Dehoga.
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Erhöhung der Mehrwertsteuer: Gladbecker Wirt will Preise nicht an Gäste weitergeben
Goran Koscevic ist derzeit mit der Planung für das kommende Jahr beschäftigt. Ob er seine Preise anheben wird, könne er noch nicht absehen. Er versuche jedenfalls, die erhöhten Steuern nicht an seine Gäste weitergeben zu müssen. „In den letzten Jahren hat sich viel verändert, die Preise sind schon gestiegen“, sagt er. Das mache sich auch im Geldbeutel der Gäste bemerkbar.
Was die Zukunft des Restaurants im Schloss Wittringen angeht, ist auch Koscevic positiv gestimmt. Er glaube nicht, dass die Steuererhöhung das Ende seines Betriebs bedeuten wird. Dennoch ist ihm bewusst, dass er mehr Abgaben haben wird. Wie plant der Gastronom, damit umzugehen? „Ich kann nur versuchen, Kosten einzusparen“, sagt er, „durch gute Verhandlungen mit Lieferanten und dem Großhandel.“
Mehrwertsteuer für Gastronomien: „19 Prozent waren schon vor Corona ungerecht“
19 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen seien schon vor der Corona-Pandemie ungerecht gewesen, findet Mundart-Betreiber Matjaz Pestotnik. „Wir kaufen Speisen mit sieben Prozent Mehrwertsteuer ein und verkaufen sie mit 19 Prozent“, erklärt er. Daher sei die Senkung der Steuer auf sieben Prozent während der Corona-Zeit fair gewesen für eine Branche, die unter Schließungen im Lockdown gelitten habe.
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Doch nach der Pandemie sei die Situation für das Gastgewerbe noch schlimmer geworden, so Pestotnik. Inflation, gestiegene Energiekosten, höhere Personalkosten und teure Lebensmittelpreise machen die finanzielle Situation der Wirte auch ohne Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht einfacher. „Das macht sich natürlich an den Preisen der Getränke und Speisen bemerkbar“, weiß der Gastronom. Wer nicht mitmacht, würde kaputt gehen. Für Pestotnik sei die 19 Prozent Mehrwertsteuer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Er befürchtet, dass Kolleginnen und Kollegen aufhören oder in andere Branchen wechseln würden.
Letzten Endes betreffen die allgemein schwierige finanzielle Situation und die Erhöhung der Mehrwertsteuer sowohl Gastronomen als auch Gäste – eben alle. „Die Leute werden sich überlegen, wie oft sie noch auswärts essen gehen.“ Gastronomie, so Pestotnik, sei Lebensqualität. Und die sollte erhalten bleiben.