Gladbeck. Die Tierschutzsituation in Gladbeck wird dramatischer. Eine Auffangstation scheiterte an unterschiedlichen Vorstellungen von Stadt und Vereinen.

„Das ist das schwierigste Jahr, das wir je hatten.“ So deutlich formuliert es Tanja Zimmer, auch wenn man merkt – sie würde gerne noch eindrücklichere Vokabeln verwenden. Der Tierschutzverein Gladbeck geht auf dem Zahnfleisch, nicht nur wegen der Inflation und den verbundenen Teuerungen, sondern auch, weil sich die Tierschützer um immer mehr Tiere kümmern müssen. Die Arbeit zum Wohle der Tiere machen die Vereinsmitglieder immer noch gerne und mit Leidenschaft, klar. Aber anstrengender, aufreibender ist sie geworden, auch, weil Zimmer eine Art Selbstverständlichkeit verspürt, mit der die Stadt, vertreten durch den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD), dem Tierschutzverein begegnet. „Das ist ja auch gut so, über die Jahre hat sich ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis entwickelt“, sagt Zimmer, „aber im Moment ist es sehr viel.“

Immer wieder klingelt das Telefon, immer wieder neue Orte mit Streunern, die versorgt werden wollen. Ein bisschen was Gutes kann die vorsitzende Tierschützerin der Situation aber auch abgewinnen, denn: „Die Stadt merkt, dass sie etwas tun muss.“ So steigt die Zahl der Tiere in Not weiter, „wir haben erst kürzlich zwei Katzen aufgenommen, mit jeweils sieben Kitten“. Der ausgebaute Dachboden als Auffangstation hilft – und ist doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Wie der Prozess genau vonstattengeht, erklärt Stadtsprecher David Hennig. „Bei Erreichbarkeit des Tierschutzvereins übergibt der KOD gemeldete Katzen dem Tierschutzverein zwecks Versorgung, beziehungsweise auch zwecks Prüfung nötiger Kastrationen gemäß der Katzenschutzverordnung des Kreises Recklinghausen. Die Kosten werden seit Inkrafttreten der Katzenschutzverordnung am 1. Juli 2023 vom Kreisveterinäramt übernommen.“ Allerdings: Das Amt übernimmt nur die Kastrationskosten für Wildkatzen, bei allen anderen Pflegetieren ist der Verein auf das eigene Konto angewiesen. Und: „Wir gehen quartalsweise in Vorkasse für das Veterinäramt“, erklärt Tanja Zimmer. Ja, das Geld kommt wieder zurück – aber für ein paar Monate klafft ein Loch in der Kasse. Ist der Tierschutzverein indes nicht erreichbar, bringe der KOD die Katzen ins Gelsenkirchener Tierheim.

Stadt Gladbeck gibt 6000 Euro für den Tierschutz – jährlich

Ein Tropfen auf dem heißen Stein sind auch die 6000 Euro, die die Stadt Gladbeck den Tierrettern jährlich zur Verfügung stellt. Die Summe bestätigt Stadtsprecher David Hennig auf Anfrage, „der Betrag wird im ersten Quartal des Jahres vollständig ausgezahlt.“ 6000 Euro, das klingt erstmal gut und ist definitiv besser als nichts, aber: „Wenn wir im Monat 2000 Euro brauchen, ist das schon gut. Es können auch manchmal 3000 Euro sein.“ Katzenstreu, Futter, und ganz besonders die Tierarztkosten schlagen heftig ins finanzielle Kontor des Tierschutzvereins, gerade erst mussten Zimmer und ihre Kollegen neun Katzen kastrieren lassen. „Wir haben gerade von einer neuen Stelle erfahren. Ein Autohaus, an dem Katzen gefüttert wurden.“

Und auch wenn Hunde natürlich genau so von den Ehrenamtlern gerettet werden, des Pudels – Pardon, des Kätzchens – Kern liegt genau da: bei unkastrierten Freigängern. Die Treffen an den einschlägigen Orten auf Artgenossen, vermehren sich, und lassen die Sorgen des Gladbecker Tierschutzvereins weiter anwachsen.

Kein Tierheim in Gladbeck – Auffangstation geplant

Denn die Platznot ist neben den finanziellen Sorgen der zweite springende Punkt. Die Stadt Gladbeck hat kein eigenes Tierheim, die zuständige Einrichtung in Gelsenkirchen-Erle „platzt aus allen Nähten“, sagt Tanja Zimmer. Sagen übrigens auch andere Tierheime im Pott. Doch am Horizont zeigt sich ein schwacher Silberstreif, vielleicht. Nicht, dass Gladbeck ein „richtiges“ Tierheim bekäme, aber immerhin so etwas in die Richtung. „Die Stadt sucht nach einem Objekt, in dem wir Tiere unterbringen könnten“, so Tanja Zimmer, denn mit der Versorgung von Streunern alleine ist es nicht getan. „Wir kümmern uns ja nicht nur um gesunde Tiere, wenn sie krank sind, müssen wir sie auch unterbringen.“

David Hennig bestätigt die Suche nach einer Immobilie, die als „Auffangstation“ dienen sollte – gemeinsam mit und auf Wunsch des Tierschutzvereins Gladbeck und der Tierhilfe Gladbeck, den beiden Tierschutzgruppen der Stadt. Es gab schon einen gemeinsamen Ortstermin – doch damit auch die ersten Probleme.

Erster Versuch gescheitert: Tierschützer und Stadt haben unterschiedliche Vorstellungen

„Vor Ort wurden von beiden Vereinen jedoch Anforderungen an das Objekt gestellt, die im ersten Termin nicht genannt wurden – und die die Scheune (die Immobilie in Frage, Anm. d. Red.) aktuell nicht erfüllt.“ Damit, so Hennig, scheide das Objekt aus, „da die Anforderungen mit einem vernünftigen finanziellen Aufwand nicht herstellbar wären“.

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Der ursprüngliche Plan habe vorgesehen, die Scheune den beiden Tierschutzgruppen „für eine minimale Pacht“ zu überlassen, und dass die Vereine die Renovierungsarbeiten selber übernehmen. Trotzdem ist noch nicht aller Tage Abend für die Auffangstation, David Hennig: „Die Stadt wird nun weitere Optionen prüfen und in Kontakt mit den Vereinen bleiben.“

>> EHRENAMTLICHER TIERSCHUTZ BRAUCHT SPENDEN

  • Der Tierschutzverein Gladbeck ist in seiner Arbeit auf Spenden angewiesen – jeder Betrag hilft.
  • Wer spenden möchte kann das entweder per Überweisung an den Tierschutzverein Gladbeck u. Umgebung e.V., IBAN: DE 05 424 500 40 0000 012815 oder über Paypal an tierschutz-gladbeck@web.de tun.
  • Mehr Informationen über den Verein und seine Arbeit gibt es im Internet unter tierschutzverein-gladbeck.de.