Recklinghausen/Gladbeck. Wahlen des Kreisdirektors waren schon immer ein Politikum im Kreis Recklinghausen. Ein SPD-Landrat wollte das Amt sogar ganz abschaffen.

Kreisdirektor-Wahlen hatten im Kreis Recklinghausen schon immer etwas Pikantes. Aktuell liegt die Ernennung von Dominik Schad (40) auf Eis, weil das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zunächst über eine (bereits zweite) Klage des bisherigen Amtsinhabers Roland Butz (62) entscheiden muss.

Blick zurück ins Jahr 2006: Der Kreis braucht einen neuen Kreisdirektor. Da sorgt Landrat Jochen Welt (SPD) mit seinem Vorschlag, das Amt des Kreisdirektors aus Kostengründen ganz abzuschaffen und stattdessen einen seiner Dezernenten zu seinem Allgemeinen Vertreter zu machen, für ein Politikum. Die CDU läuft dagegen Sturm, unterstellt dem Landrat, die Kreisverwaltung mit sozialdemokratischen Gefolgsleuten unter seine Kontrolle bringen zu wollen. Die SPD wirft der CDU vor, einen Kreisdirektor als „Aufsichtsorgan“ installieren zu wollen.

Roland Butz erste Amtszeit: Gewählt mit einer Stimme Mehrheit

Am Ende entscheidet der Kreistag mit einer Stimme Mehrheit, die Kreisdirektor-Stelle auszuschreiben. Ein Bewerber ist ein Herr namens Roland Butz (CDU), bis dahin Erster Kreisrat des niedersächsischen Landkreises Verden. Die CDU-Fraktion will ihn wählen. Die SPD favorisiert hingegen mit der Baudezernentin Susanne Gobrecht eine kreisinterne Lösung. Bei einer geheimen Abstimmung im Kreistag – mittlerweile schreiben wir das Jahr 2007 – setzt sich Butz mit 36 zu 35 Stimmen durch – und Susanne Gobrecht (Marl) tritt empört („ein Affront“) aus der CDU aus.

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Für Roland Butz ist es nach der ganzen Vorgeschichte alles andere als ein Traumstart, zumal die SPD auch noch auf den Gedanken verfällt, den neuen Kreisdirektor in seinen Kompetenzen zu beschneiden, ihm das wichtige Finanzressort vorzuenthalten. Aber auch damit vermögen die Sozialdemokraten sich im Kreistag nicht durchzusetzen.

Kandidatin und Landrat im Wahlgang 2015 tief zerstritten

Ein Sprung ins Jahr 2015: Die achtjährige Amtszeit von Roland Butz läuft ab. Anders als aktuell im Jahr 2023 wollen alle Fraktionen den Kreisdirektor in dieser Funktion behalten. Und wieder kommt Susanne Gobrecht ins Spiel. Im Alter von 51 Jahren – und mittlerweile SPD-Mitglied – will die Dezernentin noch ein zweites Mal gegen Butz antreten.

Die Sache ist pikant. Die Vorstellung, dass Gobrecht mit dem mittlerweile amtierenden Landrat Cay Süberkrüb (SPD) eine Doppelspitze im Kreishaus bilden könnte, hat schon etwas Skurriles. Denn die Nummer eins (Süberkrüb) und die Nummer drei im Kreishaus (Gobrecht) sind tief zerstritten. Der Landrat ist schon lange nicht mehr mit seiner Dezernentin einverstanden. Die Rede ist sogar von Dienstpflichtverletzungen. Gobrecht ihrerseits fühlt sich von Süberkrüb gemobbt und ausgebootet. Der sich daraus entwickelnde Rechtsstreit geht bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Jahre später gehen beide Seiten als Verlierer aus der Sache heraus – aber das ist eine andere Geschichte.

Warten auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Zurück ins Jahr 2015: Weil sie sich von ihrer eigenen Partei – der SPD – „nicht mehr hinreichend unterstützt“ fühlt, gibt Susanne Gobrecht ihr Vorhaben, Kreisdirektorin zu werden, auf und zieht die Bewerbung zurück. Damit steht der Wiederwahl von Roland Butz nichts mehr im Wege.

Acht Jahre später (2023) – mittlerweile ist Bodo Klimpel (CDU) Landrat – hat sich der Wind im Kreishaus gedreht. Die Mehrheit des Kreistages, auch die CDU, will einen neuen Kreisdirektor. Der Kreistag unternimmt zwei Anläufe, um Roland Butz loszuwerden und Dominik Schad ins Amt zu hieven. Jetzt warten alle auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts.