Gladbeck. Die Stadt Gladbeck versteigert Fundsachen. Auf die Besucher warten Unterhaltung und Schnäppchen – und nächstes Mal vielleicht eine Kuriosität.
Im Fahrradkeller des Gladbecker Rathauses ist wieder Platz. Rund 50 Räder brachte Christof Wolthaus am Samstagvormittag an den Mann und die Frau – per Versteigerung unter freiem Himmel auf der Rückseite des Verwaltungsgebäudes. Und was der Abteilungsleiter im Ordnungsamt den Interessenten nicht alles mit Erfolg andiente…
Fundsachen kommen an diesem Vormittag unter den Hammer. Ein paar Smartphones, ein paar Taschen und Rucksäcke, eine Pulsuhr sind dabei, aber in erster Linie schleppen die Helfer vom Betriebshof Rad um Rad aus dem Innenhof des Rathauses herbei und hieven die Exemplare auf den Tisch.
Die Räder wurden im Verlauf des Jahres in Gladbeck gefunden
Die Räder waren im Verlauf des vergangenen Jahres im Gladbecker Stadtgebiet gefunden und beim Fundbüro abgegeben worden. Ob sie gestohlen worden sind, ob sich die Eigentümer ihrer Räder auf illegale Weise entledigten, ob sie nach durchzechter Nacht ihre Vehikel ganz einfach vergessen haben, das ist nicht bekannt. Aber sechs Monate lang interessierte sich niemand für die Fundsachen, weshalb sie nun von Christof Wolthaus angepriesen werden.
Erstes Rad: ein Exemplar der Marke Ikarus, 28 Zoll, sieben Gänge. Wolthaus wirft kurz einen Blick auf das Rad und ruft fünf Euro als Eingangsgebot auf. Hubert Kleimann hebt seine Hand und bleibt damit auch der Einzige. Kurze Zeit später ist das Rad – Platten, verrostete Kette, aber ansonsten einigermaßen in Schuss – seins.
Gladbecker ergattert bei erster Teilnahme ein echtes Schnäppchen
Der Gladbecker, der zum ersten Mal bei einer Versteigerung dabei ist, wirkt selbst ein wenig erstaunt darüber, wie schnell er das Rad ergattert hat. Und für wie wenig Geld. „Ich brauche kein Fahrrad für schön, sondern um mich damit zu bewegen“, freut er sich über das Schnäppchen. Vermutlich ist das Rad gestohlen worden, denn das durchgeschnittene Schloss klemmt noch auf dem Gepäckträger.
Die Vielfalt an Rädern ist riesig. Es gibt das Alpina-Herrenrad mit nur drei Gängen, das Wolthaus als „gute, alte Mittelklasse“ anpreist, es finden sich Damenräder mit Korb und Kinderräder. „Für Familien oder frisch Verliebte, die noch in der Planungsphase sind“, wirbt der Auktionator und schiebt noch hinterher: „Sie glauben nicht, wie schnell das manchmal geht.“
Fünf Fahrräder bekommt der Gladbecker Auktionator nicht verkauft
Lediglich bei fünf Rädern sind alle Bemühungen von Wolthaus vergebens. Kein Wunder: Was soll man mit einem Fahrrad ohne Lenker? Dass es sich dabei um „autonomes Fahren“ handelt, will das sich gut unterhalten fühlende Publikum dem Abteilungsleiter nicht abnehmen.
Eda Arici hat für ein Mountainbike 15 Euro bezahlt. Sie hat’s für ihren Vater ersteigert, der Spaß an alten Rädern hat. Sie schickt ihm gleich ein Foto. Was, wenn’s nicht gefällt? Dann gebe es ja immer noch Ebay, antwortet die junge Frau.
Um ein E-Bike entwickelt sich ein echtes Bietergefecht
Ein- bis zweimal im Jahr versteigert die Stadt Gladbeck die Fundsachen. Dinge, die in Bussen oder Bahnen liegen gelassen werden, sind nicht darunter. Die Bahnunternehmen und die Vestischen Straßenbahn unterhalten eigene Fundbüros. Finderinnen und Finder, so erklärt Sabrina Ritter vom Ordnungsamt, haben auch die Möglichkeit, die Fundsachen nach Rücksprache mit dem Fundbüro daheim aufzubewahren. Spricht der rechtmäßige Eigentümer vor, stellen die Beschäftigten aus dem Rathaus den Kontakt zum Finder her. Meldet sich innerhalb eines halben Jahres niemand, geht die Fundsache in den Besitz des Finders über. Nicht selten, berichtet Sabrina Ritter, finden auch Mitarbeiter des Betriebshofs Dinge, die entwendet oder verloren worden sind. In Mülleimer entdecken sie immer wieder Brieftaschen oder Portemonnaies, ohne Geld, aber mit wichtigen Papieren, die dann zurückgegeben werden.
Am Rathaus lichten sich die Reihen mit den Fahrrädern. Ein ganz besonderes Exemplar kommt noch auf den Tisch – ein E-Bike, das einen guten Eindruck macht. Christof Wolthaus startet mit 50 Euro, die Zahl der Interessenten ist groß. 60 Euro, 70 Euro, 100 Euro, 150 Euro – immer wieder schnellt ein Arm nach oben. Erst bei 260 Euro gibt’s den Zuschlag für einen jungen Mann, der davon überzeugt ist, dass das Rad einen Neuwert von 4000, 5000 Euro hat. 260 Euro – das ist der höchste Preis, der an diesem Vormittag erzielt wird. Es ist übrigens nicht das einzige Rad, das der junge Mann ersteigert hat. Die Zweiräder werden später in einen Sprinter verladen.
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Für Christof Wolthaus ist es die letzte Versteigerung. Er konzentriert sich künftig auf seine Aufgaben als Abteilungsleiter und gibt das Auktionator-Amt an Oliver Pietrzak ab. Und der kann sich schon freuen: Noch ist die Lagerungsfrist von sechs Monaten nicht abgelaufen. Und wenn niemand mehr Rechte an der Fundsache anmeldet, dann wird er eine Kiste mit Gartenzwergen versteigern können.