Gladbeck/Duisburg. Die Mitarbeiter einer Gladbecker Agentur entlasten Menschen bei Pflege von Angehörigen – damit den Familien mehr Zeit für schöne Dinge bleibt.
Sabine Paschen-Schnarkowski weiß aus eigener Erfahrung, wie belastend die Versorgung von Angehörigen sein kann – die 57-Jährige pflegte bis vor einigen Jahren ihre krebskranke Mutter. Um andere Menschen bei der Pflege von geliebten Personen zu entlasten, gründete sie in Gladbeck eine Agentur für Senioren und Alltagshilfe, mit der sie seit 2017 genau dort unterstützt, wo sie sich selbst vor einigen Jahren zusätzliche Hilfe gewünscht hätte.
Gladbecker Agentur ist kein Pflegedienst oder Reinigungsunternehmen
„Wir begleiten pflegebedürftige Menschen zum Arzt, gehen gemeinsam auf den Friedhof oder Spazieren, kümmern uns um den Haushalt und kaufen ein – eben all das, was sonst nahestehende Angehörige übernehmen“, erklärt Paschen-Schnarkowski. Mittlerweile beschäftigt sie in ihrer Agentur „Tat und Rat“ am Jovyplatz 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die je nach Pflegegrad der Kunden mal mehrfach im Monat, mal mehrfach in der Woche bei der Bewältigung des Alltags helfen.
Auch interessant
Wichtig ist der Duisburgerin allerdings, dass ihre Agentur weder ein Pflegedienst, noch ein Reinigungsunternehmen ist – so leisten die Angestellten bei den Hausbesuchen beispielsweise keine Hilfe bei der Körperhygiene. Zudem werde zwar bei der Hauswirtschaft geholfen und somit auch mal geputzt, dies stehe allerdings nie im Vordergrund der Besuche. Vielmehr gehe es darum, Zeit mit den pflegebedürftigen Menschen zu verbringen.
Unterstützung für Senioren und hin und wieder auch junge Menschen
Für die Agenturleistungen zahlen nur die wenigsten Kunden selbst, oft liegt eine Verordnung vom Arzt vor oder durch einen Pflegegrad steht Geld für Pflegeleistungen zur Verfügung, mit dem die Besuche der Tat und Rat-Mitarbeiter bezahlt werden. In den meisten Fällen hilft Paschen-Schnarkowski mit ihren Mitarbeitern Senioren, doch hin und wieder seien auch jüngere Menschen dabei, die Hilfe benötigen – beispielsweise eine schwangere Mutter, die zusätzlich ein Kleinkind zu versorgen hat, aber während der Schwangerschaft viel liegen soll.
Zentraler Punkt der Agenturarbeit ist es, die Pflegesituation für nahestehende Personen der Kunden zu entspannen. „Wir haben nicht nur Kontakt zu den pflegebedürftigen Menschen selbst, sondern auch zu deren Angehörigen. Wir sprechen uns eng ab, wo wir helfen können“, erklärt die 57-Jährige. Bei neuen Kunden erlebe sie immer wieder die Überforderung der Familienmitglieder, diese könne sich allerdings durch die Arbeit der Agenturmitarbeiter legen. „Man lernt sich kennen, baut Vertrauen auf. Es ist wirklich ein enger Kontakt zwischen den Kunden, ihren Angehörigen und uns – und bei Weitem mehr als nur ein Job, der erledigt werden muss.“
Besonders stolz ist die 57-Jährige darauf, dass ihr Team „von jung bis alt bunt gemischt“ ist, es gebe ebenso viele verschiedene Nationalitäten wie Berufshintergründe. Vereinen tut alle die Freude an der Arbeit, zu wissen, dass man etwas wirklich Sinnvolles mache. Die Anerkennung der Familien sei unbezahlbar, Paschen-Schnarkowski spricht immer wieder davon, wie sehr sie den Beruf liebt.
Mitarbeiter begleiten Pflegebedürftige „bis zum Ende“
Oft werden die Pflegebedürftigen „bis zum Ende“ begleitet, das bedeutet entweder den Umzug in eine stationäre Pflege, immer wieder aber auch bis zum Tod. Paschen-Schnarkowski sorgt dafür, dass die Familienmitglieder die Zeit davor noch bestmöglich miteinander verbringen können, und zwar mit schönen Dingen, statt Arztbesuchen und Co.
Auch interessant
Aus eigener Erfahrung weiß sie, wie wichtig es ist, die verbleibende Zeit zu nutzen. Vor ihrer Agenturgründung 2017 pflegte sie ihre Mutter. Sie erinnert sich: „Nach dem Tod meines schwerkranken Vaters war meine Mutter überfordert mit allen Aufgaben, die vorher ihr Mann erledigt hatte. Ich habe ihr so gut ich konnte geholfen, aber je pflegebedürftiger meine Mutter wurde, desto mehr hatte ich das Gefühl, nicht auszureichen.“
++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook ++
Zusätzlich versorgte sie ihre damals noch sehr jungen Kinder und arbeitete im medizinischen Außendienst. Wenn sie dann mal „Nein“ zu ihrer Mutter sagen musste, habe sie immer ein schlechtes Gewissen gehabt, doch oft konnte sie selbst einfach nicht mehr. „Pflege mit Arbeit und Familie zu vereinbaren, war kaum möglich. Die Situation wurde immer angespannter und ich immer ungeduldiger.“
Nachfrage bei „Tat und Rat“ ist riesig
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie sich gewünscht, genau die Hilfe von außen zu bekommen, die sie jetzt anderen Menschen mit ihrer Agentur anbietet. „Es wäre so schön gewesen, wenn jemand anderes das Rezept vom Arzt für meine Mutter abgeholt hätte. Dann wäre ich in der Zeit in Ruhe mit meiner Mutter im Park spazieren gegangen. Die Zeit für schöne Dinge nutzen, statt nur Besorgungen erledigen und Listen abzuhaken“, so die Duisburgerin. Als ihre Mutter schließlich starb, war Paschen-Schnarkowski 50 Jahre alt und fühlte, dass es an der Zeit war, sich noch Mal beruflich umzuorientieren. Kurz darauf machte sie sich schließlich mit ihrer Agentur in Gladbeck selbstständig.
Die Nachfrage bei „Rat und Tat“ ist riesig, was der Duisburgerin zusätzlich zeigt, wie wichtig und richtig ihre Entscheidung war, die Agentur zu gründen. Gemeinsam mit ihren Angestellten versuche sie, so vielen Menschen wie möglich zu helfen. „Aber wenn ich merke, dass meine Mitarbeiter überlastet sind, dann müssen Menschen mit neuen Anfragen eben auch mal warten, bis wir helfen können.“ Schließlich sei es Paschen-Schnarkowski nicht nur wichtig, die Pflegebedürftigen zu unterstützen, sondern auch, dass es ihren Mitarbeitern gut gehe.