Gladbeck. Es gibt viele Probleme in der Pflege, einige geben zu früh auf, glaubt eine Gladbecker Krankenschwester. Sie liebt ihren Beruf – trotz allem.
Pflegenotstand, überlastete Pflegekräfte – Schlagworte, mit denen man seit einiger Zeit fast täglich konfrontiert wird. Man hört von Pflegekräften, die kündigen, in anderen Bereichen arbeiten, weil sie die Belastungen nicht mehr ertragen. Anders Vanessa Gendreizig: Sie arbeite als Pflegefachkraft im Gladbecker St-Barbara-Hospital und sie sagt, die Arbeit dort sei ihr Traumjob, „ich würde den Beruf sofort wieder ergreifen“. Doch selbstverständlich kennt sie die Schwierigkeiten in der Branche.
Die 30-Jährige arbeit auf der sogenannten Intermediate Care (IMC), einer Überwachungsstation, einer Art Station zwischen Intensiv- und Normalstation. Dort werden postoperative Patienten betreut, Patienten aus dem Herzkatheterlabor oder der Viszeralchirurgie – also aus allen Fachbereichen. Sie habe in all den Jahren im Beruf und zuletzt auf der IMC viel gelernt, zuletzt eine entsprechende Fachausbildung gemacht. Das mache die Arbeit abwechslungsreich. Wie sie an den Beruf gekommen ist? Ihr Großvater gab ihr nach dem Abi den Tipp, es doch mit einer Ausbildung als Krankenschwester zu versuchen.
Gerade auf den Normalstationen ist die Belastung stetig gestiegen
Zur Wahrheit gehört aber: Der Patientenschlüssel auf der IMC ist ein ganz anderer. Hier gibt es nur sechs Betten, ein kleines Team, die Arbeit sei familiär. Auf Normalstationen dagegen muss sich eine Pflegekraft tagsüber im Schnitt um zehn Patienten kümmern, nachts um 20. Wenn da Kolleginnen oder Kollegen ausfallen, wird es richtig schwierig, weiß die 30-Jährige. Dass unter solchen Bedingungen die Überlegungen, sich umzuorientieren, womöglich eher gegeben sind, kann man sich vorstellen. „Das ist immer mehr Arbeit für immer weniger Leute.“ Hinzu komme, dass die Patienten immer kürzer im Krankenhaus verweilen, in den Tagen, in denen sie da sind, aber der Pflegebedarf besonders hoch ist.
Schon jetzt arbeite das Krankenhaus vielfach mit Leasingkräften – also Leiharbeiterinnen und -arbeitern. Denn selbstverständlich sei es nicht einfach, freie Stellen zu besetzen, weiß Pflegedirektorin Sabine Erberich. Die Konkurrenz um die Kräfte sei groß. Deshalb habe man im KKEL-Verbund – dazu gehört das Gladbecker Krankenhaus – schon einiges umgesetzt, um den Pflegealltag zu erleichtern. Längst etwa sind es nicht mehr die Schwestern und Pfleger, die Essensbestellungen aufnehmen oder die Mahlzeiten austeilen. Da setze man inzwischen wieder auf hauswirtschaftliche Kräfte. Vereinfacht ausgedrückt: Für solche Tätigkeiten ist die Arbeitszeit der Pflegekräfte zu wertvoll.
Gladbecker Krankenhaus setzt auf Fünf-Tage-Woche in der Pflege
Außerdem habe man schon seit 2014 die Pflege auf eine Fünf-Tage-Woche umgestellt. In der Praxis bedeutet das, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maximal zehn Tage arbeiten und vier Tage frei haben. „Wir bemühen uns, diese vier Tage dann am Stück zu gewähren“, sagt die Pflegedirektorin.
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Vanessa Gendreizig mag den Umgang mit den Patienten und deren Angehörigen auf ihrer Station. „Ich baue da schnell eine emotionale Bindung auf, fühle mit ihnen. Das ist ja das Schöne an dem Beruf.“ Gerade wenn es den Menschen dann tatsächlich bessergehe, sie gesund werden. Wobei: Zu Hause versuche sie, das abzustellen, die Patienten und deren Schicksale will sie im Krankenhaus lassen.
Es gibt Situationen, in denen sich Vanessa Gendreizig unwohl fühlt
Negative Erfahrungen habe sie noch nicht gemacht. Doch es gebe Bereiche im Krankenhaus, da komme es schon mal zu Diskussionen, da kochen Emotionen hoch, sagt Sabine Erberich. Die Notaufnahme sei so ein Ort. Hier treffen verunsicherte Patienten ein, die müssen womöglich warten, da kann es zu Auseinandersetzungen kommen. Gleiches gelte etwa für die Intensivstation. Dort ist die Zahl der Besucher eingeschränkt, wenn nun aber eine Großfamilie die Verwandtschaft auf der ITS besuchen will, ist das nicht möglich, was durchaus für Unverständnis bei den Gästen vor der Tür führen kann.
Tatsächlich gibt es auch für Vanessa Gendreizig Situationen, in denen sie sich unwohl fühlt – etwa bei alkoholisierten Patienten auf ihrer Station. „Da ist man dann schon vorsichtig mit dem, was man sagt.“ Doch das lerne man eben mit der Zeit. Sie glaubt: Manch einer, der der Pflege den Rücken zukehrt, der gebe vielleicht zu früh auf. Ihre Erfahrung: Es gebe oft innerhalb eines Krankenhauses die Möglichkeit, sich neu zu orientieren.
Es gibt Bereiche in der Pflege im Krankenhaus, da sind die Belastungen geringer
Das bestätigt die Pflegedirektorin. So gebe es eventuell Chancen, ins jeweilige Stationssekretariat zu wechseln und dort eher administrativ und nicht am Patienten zu arbeiten. Auch in Funktionsbereichen wie OP oder Herzkatheterlabor werde anders gearbeitet, nennt sie nur einige Beispiele. Ältere Kolleginnen und Kollegen könnten möglicherweise im Hol- und Bringdienst eingesetzt werden, sie holen Patienten ab, bringen sie zu OP- oder Therapieterminen und zurück. Aber klar ist: Dort muss was frei sein. Ferner biete die KKEL Methoden an, um mit dem Stress fertig zu werden – ein Resilienztraining. Dazu Kurse und Angebote, die helfen sollen, die körperlichen Belastungen zu reduzieren.
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250 Vollzeitstellen in der Pflege gibt es im Gladbecker Krankenhaus, durch Teilzeit arbeiten fast 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dem Bereich. Zum Glück habe man hier sehr viele treue, langjährige Mitarbeiter, sagt Sabine Erberich. Die feierten zum Teil schon 30, 35 oder gar 40 Jahre Betriebszugehörigkeit. Das bedeute aber auch, dass dem Haus demnächst ein Umbruch bevorsteht, viele erfahrene Kräfte in Rente gehen. „Wir arbeiten schon jetzt daran, junge Leute einzustellen, damit wir das Wissen erhalten.“
Ja, es gibt Probleme in der Pflege, das ist bekannt und es müssen sich Dinge ändern, doch auch Sabine Erberich – sie arbeitet seit 1982 in der Pflege, ist der Meinung: „Das ist der schönste Beruf der Welt.“
Nachwuchswerbung in Indien
Weil eben längst nicht mehr alle Arbeitsplätze in der Pflege mit einheimischen Kräften besetzt werden können, wirbt das Barbara-Hospital nun verstärkt in Indien um Kräfte. Man arbeite mit einer Agentur zusammen, die treffe eine Vorauswahl und beginne dann mit der Ausbildung. Dabei gehe es zunächst um den Erwerb der Sprache. Eine fachliche Ausbildung haben die Teilnehmer bereits in Indien gemacht.
In einem nächsten Schritt gehe es dann um die Anerkennung dieser Ausbildung, erläutert Sabine Erberich. Was den Verantwortlichen im Gladbecker Krankenhaus besonders wichtig ist: In Indien gibt es mehr Pflegekräfte, als benötigt werden. Man werbe also keine Kräfte ab, die dann irgendwo Lücken reißen, stellt Wolfgang Heinberg, Sprecher der St. Augustinus Gruppe, klar.
Zusätzlich sei man an einer Pflegeschule beteiligt, sei damit auf Ausbildungsmessen präsent, ebenso an weiterführenden Schulen. Mit dem Barbara Decision Hub habe man zudem ein Angebot, um Schülerinnen und Schüler langfristig Einblicke in den Berufsalltag im Krankenhaus zu bieten – bis hin zu einer OP: