Gladbeck. Ein Projekt im Problemhochhaus Steinstraße soll Konflikten und Sorgen entgegenwirken, hier wird sich gegenseitig geholfen. Ein Besuch vor Ort.
- Während die Gladbecker Adresse „Steinstraße 72“ sonst eher bekannt für Konflikte und Probleme ist, sorgt ein Projekt für eine entspannte Atmosphäre mitten im Hochhaus.
- Kinder treffen sich zum Spielen und Lernen, Erwachsene bekommen Hilfe von Ansprechpartnern vor Ort.
- Im Ernstfall halten die Bewohner zusammen – das zeigt ein aktuelles Beispiel aus der vergangenen Woche.
Lachende Kinder sitzen in einem Kreis auf dem Boden und legen bunte Karten auf einen Stapel in ihrer Mitte, daneben spielen drei Jugendliche gegeneinander Tischkicker, im selben Raum malen weitere Kinder unter den aufmerksamen Augen ihrer Mütter Bilder von Nashörnern aus. Die städtische Wohnung im neunten Stock des Problemhochhauses an der Steinstraße 72 gleicht drei Mal in der Woche einer Oase des Friedens und Glücklichseins, beim Projekt „Bärenstark“ bleiben alle Konflikte vor der Tür. Ein Besuch vor Ort zeigt, wie sehr die rund 20 Kinder und Erwachsenen das Beisammensein in entspannter Atmosphäre genießen.
Projekt an der Steinstraße in Gladbeck hilft bei Integration in den Alltag
Seit März dieses Jahres gibt es das Projekt „Bärenstark“ an der Steinstraße, es richtet sich an Kinder, Jugendliche und deren Eltern aus dem Hochhaus selbst und der Nachbarschaft. Hier wird montags bis mittwochs zwischen 14 und 17 Uhr gespielt, gelernt und beraten, oft auch alles gleichzeitig. Bei gutem Wetter auf der Wiese hinter dem Hochhaus, bei schlechtem Wetter in der städtischen Wohnung im neunten Stock.
Bärenstark wird vorerst bis Februar finanziert
- „Bärenstark“ wird gefördert durch das Landesprogramm „Gemeinsam MehrWert“ des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration.
- Das Programm unterstützt die vielfältige Arbeit mit jungen geflüchteten Menschen, so wie sie auch an der Steinstraße 72 stattfindet.
- Träger ist die Stadt Gladbeck, durchgeführt wird „Bärenstark“ von der rebeq GmbH, die auf Beratungs- und Bildungsangebote für arbeitslose Menschen und benachteiligte Zielgruppen spezialisiert ist.
- Die Finanzierung des Projektes wurde zunächst für ein Jahr genehmigt, also bis Februar 2024. Schon jetzt steht für die „Bärenstark“-Mitarbeiter allerdings fest, dass sie einen Verlängerungsantrag stellen möchten, damit das Projekt auch zukünftig vielen Kindern und Erwachsenen Freude bereitet und hilft.
Danail Veselinov, Ansprechpartner des Projektes, erklärt: „Wir möchten den Kindern ein schönes Nachmittagsprogramm nach der Schule bieten und gleichzeitig den Eltern bei Fragen, beispielsweise zu Behördenthemen, helfen. Wir sind dann quasi eine Brücke zwischen den oft neu hergezogenen Menschen und den Behörden.“ Unterstützt wird Veselinov von Olena Morar, gemeinsam sprechen die beiden neun Sprachen – Verständigungsprobleme sind hier kein Thema.
Veselinov selbst stammt aus Bulgarien und arbeitet seit einem Jahr mit den Familien an der Steinstraße zusammen. Es sei, sagt er, eine große Hilfe, sich in der Muttersprache der Bewohner unterhalten zu können. „Die Eltern wenden sich zum Beispiel an mich, weil sie einen Brief bekommen haben, den sie nicht verstehen. Ich kann ihnen dann in Ruhe erklären, was darin steht und was sie tun müssen. Aufklärung ist hier ganz wichtig.“ Auch um Schulanmeldungen oder Untersuchungen beim Arzt kümmert sich Veselinov, sodass neu Zugezogenen das Einleben in dem neuen Land erleichtert wird.
„Bärenstark“-Mitarbeiter erlebt großartigen Zusammenhalt im Hochhaus
Probleme zwischen den verschiedenen Kulturkreisen, die beim Projekt „Bärenstark“ zusammenkommen, habe der gebürtige Bulgare bisher nicht erlebt – sobald es um Kinder gehe, unterstützten sich die Menschen gegenseitig. Dass es im Hochhaus, welches immer wieder wegen Problemen in der Kritik steht, auch einen großartigen Zusammenhalt gibt, erlebten die Projekt-Mitarbeiter erst vor wenigen Tagen. Veselinov erzählt: „Eine alleinerziehende Mutter ist hier vor einer Woche mit ihren zwei Kindern eingezogen, sie kam mit Nichts. Die Bewohner haben sich dann zusammengetan und Geld gesammelt, um ihre erste Miete zu zahlen. Dabei haben die Menschen ja alle nur wenig Geld.“ Auch Klamotten und Schulsachen seien beschafft worden, um die kleine Familie zu unterstützen.
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Neben den regelmäßigen Spiel- und Beratungstreffs des Projektes gibt es seit September auch ein gemeinsames „Frühstück“ – das allerdings nachmittags stattfindet. Sabine Kornfeld, stellvertretende Standortleitung bei der rebeq (Beratung, Bildung, Arbeit), berichtet: „Bei unserem ersten Nachmittagsfrühstück sind mehr als 40 Besucherinnen und Besucher zusammengekommen. Unsere Idee war: Jeder bringt eine Kleinigkeit mit, damit man dann gemütlich zusammensitzen und erzählen kann.“