Gladbeck. Zum fünften Mal fand in Gladbeck die Kunst- und Designroute statt. 19 Künstlerinnen und Künstler nahmen teil. Was es alles zu entdecken gab.

Unzählige Besucherinnen und Besucher pendelten am Wochenende quer durch Gladbeck und entdeckten interessante Designs, mitreißende Kunstwerke, nette Andenken und Geschenke. „Die Kunst- und Designroute ist ein fester Termin im Gladbecker Kulturkalender, da weiß man, ein Besuch lohnt sich immer“. Treffende Worte des stellvertretenden Kulturamtsleiters Alexander Borchard zur fünften Ausgabe der Veranstaltung. „Offensichtlich“ lockte in diesem Jahr mit 19 Künstlerinnen und Künstlern an 13 Standorten.

Werbung und Logos gab es schon im alten Pompeji

Karoline Dumpe nahm in ihrer „Alten Spedition“ mit einer brandneuen Reihe an den Ausstellungen teil. Bilder, die unter Verwendung von Wandinschriften der archäologischen Ausgrabungen von Pompeji Botschaften von vor fast 2000 Jahren mit Tagesgeschehen kombinieren.

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„Da merkt man plötzlich, die Menschen interessieren sich von jeher für dieselben Themen“. Es gab damals schon Werbung und Logos, Politiker wurden karikiert, Liebe thematisiert, das eigene Tun dokumentiert. „Felix hic locus est“, glücklich ist dieser Ort, steht im Zentrum einer Reihe. „Der Autor dieser Zeilen ist ja garantiert beim Vulkanausbruch umgekommen, das lehrt uns, den Moment zu schätzen, das Jetzt zu genießen. Also Bühne frei für den Kunstgenuss am Samstag und Sonntag, und die Gladbecker, wie viele Besucher von außerhalb, haben das Carpe-Diem-Motto sehr ernst genommen.

Im Magazin gaben sich die Besucher die Klinke in die Hand

Die Garage des Gladbeckers Franz-Josef Lamczak ist ein dreidimensionales Kunstwerk.
Die Garage des Gladbeckers Franz-Josef Lamczak ist ein dreidimensionales Kunstwerk. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Picke-Packe voll war es ab dem frühen Nachmittag“, berichtete Susanne Schalz vom „Magazin“. Fünf Ausstellungen waren unter ihrem Dach zu sehen. Zum ersten Mal als Gast Kirsten Wegerhoff mit ihren Kollagen. Unzählige Zeitungsausschnitte, Fotos wie Überschriften, auf großem Format scheinbar wirr zusammengestellt, bei genauem Lesen eröffnen sich surreale Bezüge, urkomische Kombinationen. Der junge Prinz Charles und seine Mutter Queen Elizabeth stehen da mit „Hemd auf und Hose weg“, oder der gute alte Tegtmeier neben „Ich dachte, mein Vater ist Superman“. Man würde Tage brauchen, um alles zu lesen, was Wegerhoff mitgebracht hatte, auch auf der ausmontierten Wohnungstür, auf der alles begann.

Ernst Heye, Christian Mast und Sandra Sump waren ebenfalls wieder im Magazin, und natürlich die Kunst der Gastgeberin. Immer wieder ein Renner ist ihr geschwungener Förderturm, das Miniformat „Alwinchen“ war im Sommer von Island bis Spanien unterwegs. „Ich bekomme so viele Urlaubsfotogrüße, das begeistert mich sehr“, erklärte Schalz.

Urlaubsgefühle kamen im Atelier 1952 auf

Antje Meier zeigte ihre farbenfrohen Bilder am Wochenende im Gladbecker Atelier 1952.
Antje Meier zeigte ihre farbenfrohen Bilder am Wochenende im Gladbecker Atelier 1952. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Wer am Wochenende Urlaubsgefühle suchte wurde auf jeden Fall im Atelier 1952 in Rentfort bedient. Ulrike Pollmann stellte hauptsächlich Orte mit ihrer ICM-Fotografie vor. Die Technik kombiniert aus Langzeitbelichtung und verschiedenen Kamerabewegungen im Moment des Auslösens erschafft umwerfende Kunstwerke. Konturen verwischen, erzeugen Trugbilder, satte Farben, wie hinter einer milchigen Glasscheibe. Venedigs Gassen und Gondeln in einem morbiden Charme, detailreiche verwaschene Eisentore und Fenstergitter lassen märchenhafte Räume dahinter vermuten. Meer und Sandstrand auf Sylt scheinen sich zu bewegen, die Möwen mit sechs oder acht Flügeln werden zu Geschöpfen der Mythologie. Pollmann beherrscht als gelernte Fotografin die Technik in Perfektion, ein Auge für den richtigen Moment und den richtigen Winkel tun ihr Übriges.

Kalender und Grußkarten hab es zum kleinen Preis

Besonders sympathisch: Besucher konnten sich die Kunst in Form von Kalendern und Grußkarten zu kleinen Preisen mitnehmen. Im Atelier 1952 gab es aber bei weitem noch mehr zu entdecken. Auch Betreiberin Antje Meier stellte Werke aus. Die mit dem „Actionpainting-Workshop“ bekannte Künstlerin hatte ihre großformatigen Bilder von der Nordsee ausgestellt, sehr idyllisch ohne Kitsch, einfach nur beruhigende Szenarien mit Leuchttürmen oder Wellen. Die dritte im Bund dort, Nicole Konetschny mit fantastischen Stofftaschen, edel dekoriert mit Swarovski-Kristallen und Goldnähten, Grußkarten mit Blattgold oder Schlagworte wie „Love“ in Acryl auf eine Leinwand geschrieben. „Ich nutze gerne positive Farben, will schöne, lebensbejahende Emotionen erzeugen“.

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Mut zu ganz anderen Emotionen hatte Franz-Josef Lamczak, der zuhause, in seinem Wohnzimmer, Garten und seiner Garage ausstellte. Drei Bilder thematisieren die gesamte Corona-Zeit von Beginn der Pandemie bis zu ihrem vermeintlichen Ende, viele kleine Figuren in jedem Bild, entfernte Anlehnung an die Technik von Hieronimus Bosch. Die Garage selbst ein Kunstwerk aus Farben und Abklebebändern. Die geraden Linien erzeugen tiefe räumliche Wahrnehmung. Die Wände öffnen sich, erweitern sich in einen unendlichen Kosmos. Im Zentrum des Raumes auf einer Staffelei ein kleines Mädchen. „Sarah wollte nur spielen“. An einer Armprothese hängt ein Teddybär am Haken, der Mund ist verklebt, die Kleidung zerrissen.

Ein Bild, das traumatisierten Flüchtlingskindern gewidmet ist

Auch die JugendKunstschule nahm wieder an der KUnstrote in Gladbeck teil, hier stellt Emily (7) ihr künstlerisches Talent unter Beweis.
Auch die JugendKunstschule nahm wieder an der KUnstrote in Gladbeck teil, hier stellt Emily (7) ihr künstlerisches Talent unter Beweis. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Bei meiner Arbeit im sozialen Bereich habe ich viele traumatisierte Flüchtlingskinder aus Kriegsgebieten kennengelernt. Denen ist dieses Bild gewidmet.“ Trotz Gitterstäben und fallenden Bomben lässt „Lamy“, wie er signiert, Raum für Hoffnung in Form einer Friedenstaube und eines Regenbogens.

Kunst kann Kindern helfen, den Alltag zu verarbeiten. Nicht nur Krieg, sondern auch alltäglichen Stress, Probleme in Familie und Schule. Das weiß Michaela Schaub als stellvertretende Leiterin der Jugend-Kunst-Schule sehr gut. Auch in diesem Jahr nahmen diese wieder an der Kunst- und Design-Route teil, zahlreiche Kinder tobten sich auf Leinwänden aus. „Und ihre Eltern, die Kinder nämlich legen sofort los und nehmen Erwachsenen die Hemmung, die Angst vor dem weißen Blatt Papier“, berichtete Schaub. Gerne wies sie darauf hin, dass die Jugend-Kunst-Schule für die Herbstferien viele Plätze in kostenlosen Kursen frei hat, da wird genäht, gemalt und auch Game-Welten nachgebaut. Und getöpfert wird auch immer, Geschenke gab es am Wochenende für die Besucher, die durften sich nämlich aus dem Fundus alter Arbeiten einfach etwas Mitnehmen.