Gladbeck. Die Mehrwertsteuer auf Speisen soll wieder auf Vor-Corona-Niveau steigen. Gladbecker Gastronomen sorgen sich – manche werden ihre Preise anheben.

Inflation, gestiegene Einkaufspreise und hohe Energiekosten machen den Gastronomen zu schaffen. Jetzt plant die Bundesregierung auch noch, die während der Pandemie von 19 auf sieben Prozent reduzierte Mehrwertsteuer auf Speisen Anfang 2024 wieder zu erhöhen. Auch Gladbecker Restaurantbetreiber blicken sorgenvoll in die Zukunft. Noch laufen die Geschäfte, sagen alle Befragten übereinstimmend, aber man merke schon, dass die Gäste mehr aufs Geld achten als früher.

„Unsere vielen Stammkunden halten uns die Treue, bevorzugen aber unsere Angebote, die wir dienstags bis donnerstags machen“, sagt Jovan Gajic, Betreiber des alteingesessenen familiengeführten Restaurants Jammerkrug. Die Preise will er nicht erhöhen, wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt. „Das kann man vielleicht in Düsseldorf oder Essen machen, aber nicht in Gladbeck“, glaubt er. Und deshalb ist er sicher, dass nicht alle Gastronomiebetriebe in Gladbeck überleben könnten.

Gladbecker Restaurant Poseidon: „Werden um Preiserhöhung nicht herumkommen“

Kerstin Prasinos, die mit ihrem Mann Konstantinos seit 20 Jahren das griechische Restaurant Poseidon betreibt, befürchtet dagegen, „dass wir um eine Preiserhöhung nicht herumkommen, wenn die Regierung die Pläne umsetzt“. Schon jetzt spüre sie bei höherpreisigen Speisen wie Lammfilet eine gewisse Zurückhaltung bei ihren Gästen. „Viele entscheiden sich für günstigere Gerichte.“ Ihre Sorge: „Müssten wir die wieder erhöhte Mehrwertsteuer weitergeben, könnten Gäste fernbleiben.“ Deshalb ist ihre große Hoffnung, dass die Regierung es sich doch noch anders überlegt.

Kerstin Prasinos fürchtet, dass sie und ihr Mann in ihrem Restaurant Poseidon um eine Preiserhöhung nicht herumkommen werden.
Kerstin Prasinos fürchtet, dass sie und ihr Mann in ihrem Restaurant Poseidon um eine Preiserhöhung nicht herumkommen werden. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

So geht es auch Heiner und Sandra Schwarte. „Wenn die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent steigt, müssen wir die Preise erhöhen, sonst gehen wir rückwärts“, sagt die Chefin des traditionsreichen Rathauscafés Schwarte. Sie fühlt sich in einer Art Zwickmühle, denn andererseits befürchtet sie: „Wenn ein Schnitzel, das wir jetzt für 13 bis 14 Euro anbieten, dann 19 Euro kostet, bleiben vielleicht Kunden weg.“ Erschwerend komme in ihrem Betrieb dazu, dass ihre Gäste mittags zum Essen kommen. „Abends geben sie Leute dafür eher Geld aus.“

Margen zwischen acht und zehn Prozent – Preiserhöhungen unvermeidbar

Erwin Zorn, Chef im Meygarten, nimmt „die Pläne der Bundesregierung erstmal zur Kenntnis. Ändern können wir ja ohnehin nichts daran.“ Ja, auch er müsste die Preise erhöhen, wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt. „Bei einer Marge zwischen acht und zehn Prozent vor Steuern bleibt einem nichts anderes übrig.“ Dass viele Kunden sein Restaurant dann meiden, glaubt er nicht. „Wir haben ein großes Einzugsgebiet, und unsere Speisenkarte reicht von Burgern und diversen Schnitzeln über Salate bis hin zu vielen vegetarischen und veganen Gerichten. Das gibt es so nicht überall.“

Goran Kosevic, Pächter der Gastronomie im Schloss Wittringen, gibt sich angesichts der Debatte um die Mehrwertsteuererhöhung gelassen.
Goran Kosevic, Pächter der Gastronomie im Schloss Wittringen, gibt sich angesichts der Debatte um die Mehrwertsteuererhöhung gelassen. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

„Unter der Corona-Pandemie haben Gastronomen schon gelitten, aber die Preissteigerungen sind noch schlimmer“, sagt Matjaz Pestotnik, Betreiber des Restaurants Mundart. Die geplante Wiedereinführung der 19-prozentigen Mehrwertsteuer macht auch ihm Sorgen. „Wenn man die Differenz nicht an die Gäste weitergibt, muss man bei Speisen fast draufzahlen.“ Er werde die Situation beobachten und dann entscheiden, ob, beziehungsweise wie stark, er die Preise erhöhen müsse, „damit es für uns und für die Gäste tragbar bleibt“. Die Politiker sollten sich überlegen, ob sie mit der Umsetzung ihrer Pläne nicht ein Eigentor schießen: „Die Mehreinnahmen werden vielleicht gebraucht für die Gastronomen, die aufgeben müssen.“

Ein Gladbecker Gastronom sieht die Situation gelassen

Deutlich gelassener als viele seiner Kollegen blickt Goran Kosevic in die Zukunft. Er betreibt im sechsten Jahr die Restauration im Wasserschloss Wittringen. Die Frage, welche Auswirkungen der höhere Mehrwertsteuersatz für seinen Betrieb hätte, beantwortet er lachend: „Ich müsste mehr Steuern zahlen.“ Na klar, auch er fände es gut, wenn es bei sieben Prozent bliebe, aber die Preise will er nicht erhöhen und begründet das so: „Als die Mehrwertsteuer gesenkt wurde, was uns sehr geholfen hat und wofür wir dankbar sein sollten, hat doch wahrscheinlich auch niemand sein Essen preiswerter verkauft.“

Seine Geschäfte liefen gut, auch dank großer Gesellschaften. Sogar dem verregneten Sommer mit deutlich weniger Gästen im schönen Biergarten kann Kosevic noch etwas Gutes abgewinnen. „Manchmal war ich sogar froh darüber, denn was nutzen mir volle Tische im Freien, wenn die Gäste unzufrieden sind, weil Küche und Service wegen des Personalmangels nicht nachkommen?“