Gladbeck. Im Rathaus wurde darüber beraten, ob in Gladbeck zukünftig kostenfreie Verhütungsmittel für Bedürftige gefördert werden sollen. Es gab Bedenken.
Soll die Stadt zukünftig kostenfreie Verhütungsmittel für Bedürftige fördern? Mit diesem Thema beschäftigte sich am Dienstag (15. August) der Ausschuss für Senioren, Soziales und Gesundheit, nachdem das Soziale Bündnis einen Antrag gestellt hatte. Handlungsbedarf in diesem Bereich bestehe, da durch kostenfreie Verhütungsmittel die Wahrscheinlichkeit von ungewollten Schwangerschaften aufgrund von finanziellen Notlagen gesenkt werden könne. Die Meinungen der Ratsmitglieder waren überwiegend verständnisvoll, Aufklärungsarbeit und finanzielle Förderung in diesem Bereich seien sehr wichtig. Doch es gab ein großes „Aber“.
Verhütungsmittelfonds des Kreises kommt auch Gladbecker Beratungsstelle zugute
Bereits im Mai hatten Udo Flach (BIG) und Gerhard Dorka (DKP) einen Antrag auf kostenfreie Verhütungsmittel für Bedürftige gestellt, um die Situation finanziell schwach aufgestellter Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Dieser Antrag wurde schließlich auf die nächste Ausschusssitzung im August vertagt, um sich bis dahin einen Überblick über bereits bestehende Angebote dieser Art in Gladbeck zu verschaffen. Denn: Es gibt bereits eine Förderung des Kreises Recklinghausen, den sogenannten „Verhütungsmittelfonds“, der auch Gladbeck zugutekommt.
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Als Expertin zum Thema war Katarzyna Beuth, Leiterin der Profamilia-Beratungsstelle Gladbeck, zum Ausschuss eingeladen worden, die am Dienstag genaue Zahlen zur bisherigen Förderung vorstellte. 42.000 Euro aus dem Verhütungsmittelfonds verwaltet Profamilia seit 2019 für den Kreis. Davon wurden bisher jährlich zwischen 6500 und 7200 Euro in Gladbeck verwendet, die Frauen und Männern ab dem 23. Lebensjahr zugutekamen.
Diese Summe wurde ausschließlich für kostenfreie Verhütungsmittel für finanziell schwache Männer und Frauen genutzt – die umfassende Aufklärungsarbeit und die damit verbundenen Personalkosten wurden von dem Fonds nicht abgedeckt. „Es bleibt am Ende des Jahres kein Cent aus diesem Fonds übrig“, machte Beuth deutlich. „Das Geld reicht für etwa sieben Monate, der Bedarf ist folglich etwa doppelt so hoch wie die Mittel.“
Frage im Ausschuss kommt auf: Was kann die Stadt noch finanzieren?
Ein weiteres Problem: Ob in Zukunft ausreichend Geld für kostenfreie Verhütungsmittel zur Verfügung steht, ist unklar. „Dadurch ist es unmöglich, für die Zukunft zu planen“, so Beuth. Wichtig sei es, einen für mehrere Jahre gesicherten Fonds zur Verfügung zu haben, auch als Absicherung für die Personalkosten. Schließlich sei es nicht nur wichtig, irgendwelche kostenfreie Verhütungsmittel zur Verfügung zu stellen, sondern die Bedürftigen auch umfassend zu diesem Thema zu beraten. Doch in der kleinen Gladbecker Beratungsstelle sei dies derzeit kaum zu stemmen, dafür gebe zu wenig Personal.
Im Ausschuss erkannte man die Arbeit der Beratungsstelle mit großem Respekt an, in der folgenden Diskussion bestand Einigkeit darüber, dass das Thema sehr wichtig sei, um ungewollten Schwangerschaften aufgrund von finanziellen Notlagen und Unwissenheit vorzubeugen. Allerdings stellten sich die Ausschussmitglieder die Frage, was heute noch von der Stadt finanzierbar sei – gerade im Hinblick auf die hohe Verschuldung Gladbecks.
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Der stellvertretende Bürgermeister Norbert Dyhringer warf schließlich ein, man müsse das Thema in einer Haushaltsberatung ausführlicher diskutieren, um dort zu schauen, ob es überhaupt noch finanzielle Mittel gebe, die man für kostenfreie Verhütungsmittel verwenden könnte. Der erste Beigeordnete der Stadt, Rainer Weichelt, griff diesen Vorschlag schließlich auch als Fazit der Beratung im Ausschuss auf: Man müsse außerhalb des Ausschusses weitergehend darüber beraten, was von der Stadt zu stemmen sei – und was nicht.
++ Hinweis: In unserem Artikel vom 17. August zu kostenfreien Verhütungsmitteln für Bedürftige hatten wir fälschlicherweise geschrieben, dass die Profamilia-Beratungsstelle Gladbeck das Geld aus dem Verhütungsmittelfonds des Kreises Recklinghausen nicht nur für kostenfreie Verhütungsmittel nutzt, sondern auch für eine umfassende Aufklärungsarbeit und die damit verbundenen Personalkosten. Dabei handelt es sich um ein Missverständnis. Die Leiterin der Beratungsstelle, Katarzyna Beuth, macht deutlich: „Die Summe aus dem Fonds wird von uns ausschließlich für die kostenfreien Verhütungsmittel genutzt – für Personalkosten und Beratung gibt es keinen Cent.“
Zudem berichteten wir, dass der Fonds des Kreises bereits drei Mal auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Dabei handelt es sich allerdings nicht um den Verhütungsmittelfond über 42.000 Euro, sondern um einen Zusatzhaushalt, der für kostenfreie Verhütungsmittel für Geflüchtete verwendet wird. Dieser ist für die kommenden Jahre nicht gesichert, während der Verhütungsmittelfonds des Kreises erstmal weiterlaufen soll. Wir haben dies an entsprechender Stelle im Text bereits korrigiert. ++