Gladbeck. Wegen mutmaßlichen Betrugs und Urkundenfälschung war ein 21-Jähriger in Gladbeck angeklagt. Es ging um ein geklautes Auto und gefälschte Papiere.

Das Auto, das im April 2021 den Besitzer wechselte, war in Rotterdam geklaut worden. Die Fahrzeugpapiere waren gefälscht, auf Blankoformularen, die Unbekannte bei einem Einbruch ins Straßenverkehrsamt Düsseldorf erbeutet hatten. Auch das Kennzeichen war nicht echt. Das Handy des Verkäufers war auf einen Namen angemeldet, den es nicht gab, genau so wenig wie den Mann, dessen Name auf dem Kaufvertrag stand.

Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Gladbeck musste jetzt die Frage klären: Gehörte der seinerzeit knapp 21 Jahre alte Angeklagte, der sich wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung verantworten musste, zu einer betrügerischen Bande, oder hat er den Wagen ahnungslos übergeben? Das Urteil: Freispruch. Im Zweifel für den Angeklagten.

Der Angeklagte will einem Verwandten einen Gefallen getan haben

Ein Verwandter habe ihn um diesen Gefallen gebeten, für 100 Euro Taschengeld, sagte der Angeklagte. Dessen Namen verriet er aus nahe liegenden Gründen nicht. Dass der Mazda CX 5 gestohlen war, habe er nicht gewusst. Er habe sich mit dem Käufer getroffen, eine Probefahrt gemacht, den vorbereiteten Kaufvertrag unterzeichnen lassen, Papiere und Schlüssel übergeben, 16.500 Euro in bar in Empfang genommen. Das war’s.

Ähnlich schilderte die Übergabe auch der geprellte 36-jährige Käufer aus Bayern. Der Mann, der den Wagen auf „mobile.de“ angeboten hatte, habe ihn auf dem Weg nach Gladbeck telefonisch darüber informiert, dass er nicht kommen könne, weil er an Corona erkrankt sei. Sein Neffe werde vor Ort sein.

Indizien deuten darauf hin, dass der Angeklagte über die Hintergründe Bescheid wusste

Dieser angebliche Neffe habe kurz darauf ebenfalls angerufen und ihn zur Eile gedrängt, weil er zur Arbeit bei einer Versicherung müsse. Der junge Mann habe beim Ortstermin auch ein Hemd mit dem Logo einer Versicherung getragen. Sein Angebot, ihn zur Arbeit zu fahren, habe er abgelehnt. Misstrauisch sei er nicht gewesen und deshalb völlig überrascht, dass die Polizei kam, als er seinen neuen Wagen anmelden wollte.

Indizien sprächen dafür, dass der Angeklagte sehr wohl über die Hintergründe informiert gewesen sei, befand der Staatsanwalt in seinem Plädoyer: der Anruf von einem Handy, das auf einen anderen Namen angemeldet und kurz nach Abschluss des Geschäfts nicht mehr erreichbar war, der angebliche Job bei einer Versicherung, obwohl er noch nie gearbeitet habe. „Damit wollte er Seriosität vortäuschen oder den Verkauf schnell erledigen.“ Der Angeklagte sei sicher nicht der Initiator des Betrugs, aber ein Mitwisser gewesen. Der Antrag: ein Jahr Haft auf Bewährung.

Verteidiger fordert Freispruch für seinen Mandanten

Es gebe keinen einzigen Beweis für die Schuld seines Mandaten, sagte der Verteidiger, und auch die Indizien seien nicht stichhaltig. „Hinter der ganzen Sache stecken Profis. Er ist der gutgläubige Trottel am Ende, der 100 Euro verdienen wollte. Dummheit ist nicht strafbar.“ Sein Antrag: Freispruch.

Dem folgte das Gericht. „Wir haben es mit einer hochprofessionell ausgeführten Straftat zu tun“, sagte der Vorsitzende Richter Bernd Wedig, der von organisierter Kriminalität sprach. Ob der Angeklagte Teil der betrügerischen Bande gewesen sei, könne aber nicht nachgewiesen werden. Wedig: „Dem Gefühl nach könnte man sagen, er kannte die Hintergründe. Aber es bleiben Zweifel, und nach dem Gefühl kann man nicht urteilen – so schwer einem das auch manchmal fällt.“