Gladbeck. Krieg, Inflation, Klimakrise und immer noch Corona – das schreckt viele Gladbecker nicht ab, Urlaub zu buchen. So beurteilen Reisebüros die Lage.

Die Prognosen für das Jahr 2023 sind durchweg positiv, jedenfalls was die Reiselust der Menschen in Gladbeck angeht. Eine Blitzumfrage unter mehreren Reiseanbietern in der Stadt gibt einen Einblick, was sie von den kommenden Monaten erwarten.

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Ähnlich wie 2021 – nach dem ersten Pandemiejahr – habe es auch 2022 zunächst „nicht richtig gut“ für die Reisebranche ausgesehen, bestätigt Babette Fallbrede, Inhaberin des Reisebüros Holitime an der Wiesenstraße. „Ab Juni gab es dann eine steigende Nachfrage.“ Mittlerweile sei der Verkauf „besser als gedacht“.

Gladbecker müssen mit Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Reiseziele rechnen

So blickt die Touristik-Expertin nach eigener Aussage recht optimistisch in die Zukunft. Dabei nehmen nach ihrer Beobachtung die Kreuzfahrten extrem zu. Es werde sehr viel gebucht, wobei – aufgrund des Krieges in der Ukraine – Ostseetouren häufig umgebucht werden. Stationen, wie zum Beispiel St. Petersburg, werden gar nicht erst angeboten.

Mustafa Kemal Ugur vom Reisestudio Gladbeck hofft auf Durchschnittsfamilien mit zwei Kindern.
Mustafa Kemal Ugur vom Reisestudio Gladbeck hofft auf Durchschnittsfamilien mit zwei Kindern. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Allerdings seien Ziele in den anderen osteuropäischen Ländern, zum Beispiel am Schwarzen Meer, nach wie vor gefragt, weiß auch Mustafa Kemal Ugur vom Reisestudio Gladbeck am Willy-Brandt-Platz. Der Fachmann, der in den Jahren zuvor stets versucht hat, sich seinen Optimismus zu bewahren, kann jetzt mit Erleichterung konstatieren: „Eigentlich ist es besser als gehofft, wir sind da recht zuversichtlich.“ Viele Kunden hätten die angebotenen Frühbuchertarife während der kritischen Corona-Zeit genutzt, und auch jetzt seien diese noch gefragt.

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Aber Ugur hofft auf den „Mittelstand“. Damit meint er die Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern. Diese Kundengruppe sei bisher noch sehr zurückhaltend, habe statt zwei Wochen oft nur zehn Tage gebucht – jetzt hoffe er auf neue Buchungen, nicht zuletzt, weil die politischen Maßnahmen gegen Inflation und Energiekrise geholfen hätten. Und wer „sein Gewissen erleichtern möchte“, so Ugur, könne, gegen eine Spendenquittung, bei ihm eine freiwillige CO₂-Abgabe leisten. Dies bieten im Übrigen die meisten Reisebüros in Gladbeck an, allerdings werde diese Möglichkeit „bisher kaum in Anspruch genommen“, wie Babette Fallbrede festgestellt hat (siehe Info-Box).

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Auch im Reisebüro Böhm an der Feldhauser Straße können Kunden, die einen Flug buchen, ihre CO₂-Bilanz kompensieren, bestätigt Kerstin Landgraf, Touristikkauffrau und Mitarbeiterin von Inhaber Ralf Böhm. Ihr Geschäft entwickle sich gut, „wir können uns nicht beschweren“, fügt sie hinzu. Nachdem es erst „vorsichtig angelaufen“ sei, seien die Buchungen für 2023 rasant angestiegen.

Stichwort „CO₂ -Kompensation“

Die CO₂ -Kompensation ermöglicht es, die Emissionen, die durch einen Flug verursacht werden, wieder auszugleichen. Kompensation bedeutet, dass an anderer Stelle dieselbe Menge CO₂ eingespart wird, in der Regel durch Klimaprojekte.

Dabei geht es meistens um die Förderung erneuerbarer Energie, Steigerung der Energieeffizienz, Aufforstung von Wäldern oder den Schutz von Mooren. Weitere Informationen: www.bundesumweltamt.de

Ägypten sei wieder im Kommen, berichtet Landgraf, und „echte“ Fernreisen, beispielsweise die Malediven, würden oft nachgefragt, überhaupt hätten hochpreisige Reisen zugenommen. „Die Menschen sind ausgehungert“, glaubt die Expertin, daran habe auch der Krieg nichts geändert. Hinzu kommt offensichtlich, dass durch die Be- und Einschränkungen wegen der Pandemie und die Situation an den Flughäfen in den vergangenen Jahren viele Menschen keine Lust auf Urlaub hatten und so einiges an Geld gespart wurde. „Die Einreisebestimmungen waren teilweise sehr kompliziert“, das habe viele abgeschreckt, sagt Kerstin Landgraf.

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Jetzt werde wieder viel geflogen, allerdings ist die Zahl der innerdeutschen Flüge zurückgegangen: „Viele feiern den Jahreswechsel gern in Hamburg. In diesem Jahr haben viel mehr Reisewillige als sonst die Bahn gewählt.“ Dies ist sicher ein erster Schritt gegen die Klimakrise – ob auch das „Katalogsterben“, wie Kerstin Landgraf es bezeichnet, überall gut ankommt, bleibt abzuwarten. Trotz Digitalisierung wird doch auch heute noch gerne geblättert, wenn es um den Urlaub geht.

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