Gladbeck. Wie bewerten Besucher von auswärts Gladbeck und was gilt ihnen als Sehenswürdigkeit? ein Blick ins größte Bewertungsportal und auf dessen Tücken.

Was schaue ich mir an? Wo kann ich was essen? Viele Urlauber nutzen zur Beantwortung dieser Fragen Bewertungsportale. Eines der größten dieser Art – nach eigenen Angaben gar das weltweit größte – ist Tripadvisor. Pro Monat, so das Unternehmen, besuchten 463 Millionen Nutzer die Internetseite oder die App, um sich im Urlaub oder auf Ausflügen zu orientieren, Restaurants und Sehenswürdigkeiten zu suchen und zu bewerten. Auch für Gladbeck liegen Beurteilungen vor. Ein Grund, mal zu schauen, welchen Blick Besucher auf Gladbeck haben, welche Attraktionen sie empfehlen – oder vielleicht auch nicht.

Tatsächlich wird es schon bei den Sehenswürdigkeiten dünn. Gerade einmal drei listet das Portal auf. Glaubt man den Nutzern, so sollten Besucher in Gladbeck auf jeden Fall Schloss Wittringen anschauen – wenig überraschend. Ebenfalls auf die Liste der Sehenswürdigkeiten hat es die Lamberti-Kirche geschafft. Bei der angeblichen dritten Sehenswürdigkeit war wohl eher ein Witzbold am Werk – anders lässt es sich kaum erklären, warum es ein Taxiunternehmen auf diese sowieso schon arg kurze Liste geschafft hat. Nun ja, zumindest gibt es dazu noch keine Bewertungen.

Wittringen steht bei den Gladbecker Sehenswürdigkeiten an erster Stelle

Anders die anderen beiden Orte auf der Liste. Gladbecks größte katholische Kirche hat immerhin vier Bewertungen gesammelt und dabei fünf Sterne – bzw. bei Tripadvisor Kreise – eingeheimst. Wesentlich häufiger besucht wird dagegen Wittringen. Das Wasserschloss kommt zwar nur auf vier Kreise, bei allerdings 111 Bewertungen, wovon sich einige auch auf das Restaurant beziehen. Trotzdem steht es in dem Portal an erster Stelle der Gladbecker Attraktionen.

Die Lamberti-Kirche in der Gladbecker Innenstadt sehen die Nutzer des Bewertungsportals auch als eine der Gladbecker Sehenswürdigkeiten.
Die Lamberti-Kirche in der Gladbecker Innenstadt sehen die Nutzer des Bewertungsportals auch als eine der Gladbecker Sehenswürdigkeiten. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

So lobt ein Nutzer die „schöne Anlage“, verweist auf die vielen Aktivitäten, die Spielplatz, Vogelinsel und das Streichelgehege möglich machten. Sein Fazit: „Egal ob man im Schloss essen geht oder im Park spazieren, die Atmosphäre ist sehr schön, und man kann die Seele ein wenig baumeln lassen.“ Auch ein anderer Nutzer lobt das „tolle und sehr gepflegte Ausflugsziel“.

Zweckeler Maschinenhalle oder Gladbecker Halden sind nicht vertreten

Doch nicht alle Stimmen sind positiv. Ein Nutzer geht auf die Geschichte des Hauses ein und dessen aus seiner Sicht „leider nicht besonders glückliche“ Rekonstruktion im 20. Jahrhundert. Immerhin: Schön und original seien das Eingangstor und der Fachwerk-Altbau mit dem Museum, so der dann doch versöhnliche Schluss. Auch die Vogelinsel kommt bei diesem Besucher gut weg.

Die Maschinenhalle Zweckel ist Teil der Route der Industriekultur und sicher auch eine Sehenswürdigkeit in Gladbeck. Unter den Nutzern von Tripadvisor hat sich das wohl noch nicht herumgesprochen.
Die Maschinenhalle Zweckel ist Teil der Route der Industriekultur und sicher auch eine Sehenswürdigkeit in Gladbeck. Unter den Nutzern von Tripadvisor hat sich das wohl noch nicht herumgesprochen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Klar ist aber auch: Bei den Gladbecker Sehenswürdigkeiten ist noch Luft nach oben. Geheimtipps findet man gar nicht, auch andere Stätten, die die Stadt prägen und teils auch zur Route der Industriekultur gehören, haben es noch nicht ins Portal geschafft. Das gilt etwa für die Maschinenhalle in Zweckel. Die Gladbecker Halden? Ebenfalls nicht vertreten – um nur zwei vergleichsweise offensichtliche Sehenswürdigkeiten zu nennen.

Jeder, der will, kann die Liste der Sehenswürdigkeiten ergänzen

Aber wer weiß: Der Reiz solcher Online-Zusammenschlüsse liegt ja auch darin, dass sie jederzeit ergänzt werden können, jeder, der mag, also noch Sehenswürdigkeiten für Gladbeck hinzufügen kann. Daraus ergibt sich nicht nur, dass dann womöglich auch Taxiunternehmen als Sehenswürdigkeit gelten – siehe oben – sondern auch, dass die Auswahl und erst recht auch die Bewertungen rein subjektiv sind. Darauf weisen die Betreiber der Plattform aber auch hin. So heißt es dann jeweils: „Diese Bewertung ist die subjektive Meinung eines Tripadvisor-Mitgliedes und nicht die von Tripadvisor LLC.“

Gerade bei Restaurant-Bewertungen zieht sich der Anbieter so aus der Verantwortung. Für Gladbeck listet Tripadvisor 56 Restaurants auf – allerdings zählen darunter auch Kneipen, Cafés und Eisdielen. Selbst Lokale, die es schon nicht mehr gibt, wie etwa der Rentforter Hof, tauchen in der Liste auf. Erst wer den Eintrag aufruft, findet dann einen Hinweis darauf, dass das Lokal geschlossen ist.

Vier bis viereinhalb Kreise sammeln Gladbecks beste Restaurants

Auf den Spitzenplätzen finden sich das Restaurant Poseidon, das Gasthaus Alte Post, Da Sushi und Artemis. Sie haben die meisten Bewertungen eingesammelt, und die fallen dann meist auch noch positiv aus. Vier bis viereinhalb Kreise, so schneiden die besten Lokale in Gladbeck ab.

Liest man sich die Bewertungen durch, so fällt ein weiterer Fallstrick auf. Nicht nur, dass sie subjektiv sind, sie sind teilweise auch schon vergleichsweise alt. Gut möglich also, dass vielleicht zu Recht angeprangerte Missstände längst behoben wurden oder ein neuer Pächter übernommen hat.

Gaststättenverband sieht ein Problem mit Fake-Bewertungen

Einige der negativen Bewertungen beziehen sich auch auf die Corona-Zeit und vermeintlich nicht eingehaltene Hygiene-Vorschriften. Die gelten längst nicht mehr, doch diese Kritik fließt am Ende in die Gesamtbewertung der Restaurants mit ein.

Kein Wunder also, dass der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in NRW solche Portale nicht unkritisch sieht. Vor allem Fake-Bewertungen, also bewusst falsche Bewertungen, könnten ein Problem sein, so der Verband. Bei einer Dehoga-Umfrage im Jahr 2020 gaben 78 Prozent der befragten Gastronomen an, bereits ungerechtfertigt im Internet bewertet worden zu sein, 29,5 Prozent davon „leider schon oft“. Ungerechtfertigt seien Online-Bewertungen dann, wenn zum einen sogenannte „Fake-Gäste“ Bewertungen abgeben, also vermeintliche Gäste, die den Betrieb gar nicht besucht haben, oder wenn zum anderen Gastronomen mit schlechten Bewertungen gedroht würde, falls keine Vergünstigungen gewährt werden, so der Dehoga.