Gladbeck. Der Rat der Stadt Gladbeck gibt mit großer Mehrheit grünes Licht für den engen Haushalt 2023. Auch die CDU stimmt erstmals seit Jahren zu.
Mehr als 320 Millionen Euro, knapp zehn Prozent mehr als in diesem Jahr und ein kleines Plus von knapp 800.000 Euro – der Rat der Stadt Gladbeck hat mit breiter Mehrheit Ja zum städtischen Haushalt 2023 gesagt. Neben SPD, Grünen und FDP wurde der Etat erstmals seit Jahren auch mit den Stimmen der CDU-Fraktion verabschiedet. Nur die AfD und die ABD-Fraktion (ABI, BIG, DKP) sprachen sich gegen den Haushalt aus, die Linken enthielten sich. Bürgermeisterin Bettina Weist (SPD), Verwaltungschefin und Vorsitzende des Rates, lobte die Fraktionen, mit der Verabschiedung des Haushaltes „Verantwortung für die Zukunft der Stadt“ übernommen zu haben. „So behalten wir das Heft des Handelns in der Hand.“
SPD-Ratsfraktionsvorsitzender Wolfgang Wedekind hatte vor der Verabschiedung betont, wie sehr auch dieser Gladbecker Stadt-Haushalt unter den „schlimmen, eigentlich drastischen finanziellen Rahmenbedingungen“ stehe. Angesichts der Aufgaben der Kommune sei die „Mittelverteilung nicht mehr zeitgemäß“. Die Stadt trage, wie andere Kommunen, hohe soziale Lasten, sei aber strukturell unterfinanziert. Wedekind: „Das schnürt uns den Hals zu.“ Dennoch müssen Politik und Verwaltung „auch und gerade in dieser schwierigen Zeit alles uns Mögliche tun“, um die Stadt lebenswert zu halten.
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SPD-Fraktion: Mit dem Etat 2023 in Gladbeck weiter sozialdemokratische Politik machen
Erneuerung und Fortschritt – Grundlagen für das Wohlergehen und die Lebensqualität der Bürger – dürften, so der SPD-Fraktionschef, nicht zum Erliegen kommen. Dabei gelte es insbesondere den Menschen Hilfe zukommen zu lassen, die dieser Hilfe am meisten bedürfen – junge Menschen und Menschen, „die sich angesichts multipler Krisen kaum über Wasser halten können“. Wedekind: „Das ist sozialdemokratische Politik, die wir auch mit dem Stadthaushalt 2023 fortsetzen.“ Die SPD habe bei den Haushaltsberatungen Vorschläge in den Bereichen Ordnung, Verkehrssicherheit und Sport vor allem konzeptioneller Art gemacht, die die Stadt positiv beeinflussten, gleichzeitig aber finanziell in schwieriger Zeit leistbar seien.
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CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Rymann sagte, die CDU stimme als „größte Oppositionspartei“ dem Haushalt trotz aller Skepsis und Kritik zu, um ihre Unterstützung zu signalisieren, „die Gemeinde angesichts der Krisen handlungsfähig zu halten“. Sorgen bereiteten der CDU, so Rymann, die „Isolierungen“ vieler Kosten im Zusammenhang mit der Energiekrise. Ein großes Risiko seien die Personalkosten. Nur ein Plus für die anstehenden Tarifverhandlungen von 1,5 Prozent einzuplanen, sei zu wenig. Rymann geißelte auch die Stellenausweitung von 4,4 Millionen Euro für 65 zusätzliche Jobs. Die 30 zusätzlich geplanten Stellen für erhöhte Aufgaben der Verwaltung trage seine Fraktion nicht mit. Auch im Bereich Bauen witterte Ryman „keinen richtigen Sparwillen“, forderte „Maß und Mitte“ bei der finanziellen Bewältigung der Zukunftsaufgaben. Die CDU bleibe kritisch, „wir reichen aber der Bürgermeisterin die Hand“, sagte er und kündigte das Ja der CDU zum Etat an.
Die Grünen drängen auf Nachhaltigkeit im Haushalt der Stadt Gladbeck
Weiterhin klamme Kassen und strukturelle Probleme beklagte auch Grünen-Fraktionssprecherin Ninja Lenz, sie wies auch auf das Instrument der „Isolierungen“ von Kosten hin. „Wie oft können wir das noch nutzen?“ Es sei ein Spagat, die Stadt lebenswert zu halten. Sie mahnte, nachhaltig auch mit den Finanzen umzugehen, lobte, dass etwa dem Grünen-Vorschlag gefolgt worden sei, die Ausgaben für die IGA-Haldenlandschaft mit einem Sperrvermerk zu versehen, bis ein Bewirtschaftungskonzept gefunden sei. Sie kritisierte die Stellenaufstockungen beim KOD, weil „Sicherheit die Polizei schaffen muss“. Lenz: „Werden im nächsten Haushalt 2024 weitere KOD-Stellen geschaffen, werden in nächstes Jahr dem Stellenplan nicht zustimmen.“ Mit dem Haushalt 2023 sei aus Sicht der Grünen „weitestgehend das Beste aus dieser Lage gemacht worden“.
AfD-Fraktionsvorsitzender Marco Gräber kritisierte vor allem die „Finanz-Isolationen“ in Sachen Corona und Ukraine-/Energiekrise, „die wir vor uns her schieben“. Die Rückzahlungen ab 2026 bedeuteten Mehrbelastungen in der Zukunft. Begrüßt wurde von ihm die Aufstockung des KOD-Personals, kritisiert aber die Stellenaufstockung durch gesetzliche Vorgaben, die müssten das Land zahlen, so Gräber. Begrüßt werde von der AfD die Investitionen in Schul- und Kitaausbauten.
Bürgermeisterin Weist lobt: Parteien übernehmen Verantwortung für die Stadtzukunft
Die ABD-Fraktion kritisierte die „weiteren finanziellen Belastungen“ der Bürger durch den Haushalt. „Das halten wir für den falschen Lösungsansatz“, so ABD-Ratsherr Süleymann Kosar (ABI). Kosar kritisierte auch fehlende Kita-Plätze und einen „Mangel an Wohnraum“. Linke-Fraktionschef Rüdiger Jurkosek sprach von Pragmatismus, den der Haushalt widerspiegele. „Damit halten wir den Karren am Laufen.“ Die Verkehrswende sei im Etat noch nicht angekommen. Für FDP-Fraktionschef Michael Tack ist der Etat durch eine „strukturelle Unterfinanzierung“ gekennzeichnet, „die die Kommunen in die Schuldenfalle treibt“. Er machte auch auf die Altschuldenproblematik aufmerksam. „Wir brauchen solide Finanzen!“, mahnte er.
Im Gegensatz zum Haushalt versagte die CDU beim Stellenplan ihre Zustimmung. Auch die AfD sagte Nein, alle anderen Parteien stimmten zu. Bürgermeisterin Bettina Weist hatte zuvor noch einmal darauf hingewiesen, wie wichtig – neben den 35 aus gesetzlichen Vorgaben nötig werdenden Stellen – auch die 30 zusätzlichen Jobs für die zunehmende Aufgabenbewältigung der Verwaltung seien. „Sie helfen, mit an der Zukunft der Stadt zu arbeiten.“
Etat der Stadt umfasst mehr als 320 Millionen Euro
320,8 Millionen Euro umfasst der Haushalt der Stadt Gladbeck für 2023 – und damit etwa knapp 10 Prozent mehr als im zu Ende gehenden Jahr. Größte Einnahmeposition ist der Bereich „Zuwendungen und Umlagen“ mit gut 130,3 Millionen Euro – hierunter fallen u.a. Zuschüsse zum Betrieb der Kitas, für offene Ganztagsschulen, aber auch Förderzusagen für Investitionen. Dazu kommen 99,3 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich, darunter die berühmten Schlüsselzuweisungen des Landes.
An Steuern und Abgaben nimmt die Stadt 92,6 Millionen Euro ein, darunter 35,1 Millionen Euro an Erträgen aus dem Anteil an der Einkommensteuer. Darüber hinaus werden voraussichtlich 28,6 Millionen an „eigener“ Gewerbesteuereinnahme und 18 Millionen Euro aus der Grundsteuer B erzielt. 17 Millionen Euro nimmt die Stadt mit den Entwässerungsgebühren ein.
Größter Ausgabeposten sind Transferzahlungen der Stadt – 145,8 Millionen Euro. Darunter befinden sich Umlagen an den Kreis mit 69,4 Millionen, aber auch Hilfen zur Erziehung und zur Kindertagesbetreuung von zusammen mehr als 44 Millionen Euro.
Die Bezahlung des Personals schlägt mit 75 Millionen Euro zu Buche, darunter allein 11,1 Millionen fürs Kita-Personal. Bei der Position „Sach- und Dienstleistungen“ – insgesamt Ausgaben von 54,2 Millionen Euro – schlägt vor allem die Umlage an die Emschergenossenschaft in Höhe von 9,7 Millionen Euro zu Buche.