Gladbeck. Kreistag verabschiedet Haushalt 2023. Um die Städte – etwa Gladbeck – zu unterstützen, muss er tief in die Rücklagen greifen. Düstere Aussichten.
Vordergründig ging es um die Verabschiedung des Kreishaushaltes, inhaltlich dominierte die Notlage der kreisangehörigen Städte die Debatte im Recklinghäuser Kreistag. Die Kommunen, darunter Gladbeck, stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand, und der Kreis greift tief in seine Rücklagen, um den Städten etwas Luft zu verschaffen. Die Perspektiven bleiben trotzdem düster. „In den nächsten Jahren wird das Aufstellen von Haushalten immer schwieriger“, prophezeite der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Müller.
Mit einer breiten Mehrheit hat der Kreistag den Kreishaushalt 2023 auf den Weg gebracht. In den vestischen Rathäusern dürften die Verantwortlichen erst einmal aufatmen. Denn anders als in früheren Jahren, als dem Kreis von den Städten mangelnder Sparwille vorgehalten wurde, wird der Kreis mittlerweile als Teil der Problemlösung wahrgenommen. Die Städte müssen zwar im kommenden Jahr immer noch 499 Millionen Euro an Umlagen an den Kreis überweisen, dessen Aufgaben sie damit zu 37 Prozent mitfinanzieren. Doch das sind elf Millionen Euro weniger, als in der mittelfristigen Finanzplanung des Kreises für 2023 vorgesehen war.
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Einen Totengräber der kommunalen Finanzen verorten Kreis und Städte in Münster – beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Der verlangt vom Kreis für das kommende Jahr eine Umlage von rund 215 Millionen Euro – 16,65 Millionen Euro mehr, als der Kreis selbst eingeplant hat. Bis 2026 soll die LWL-Umlage auf 280 Millionen Euro steigen. Der Landschaftsverband sei ein „Fass ohne Boden“, schimpfte die Gladbeckerin Christine Dohmann, Fraktionschefin der FDP.
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AfD: Höhere Gebühren und Steuern werden wohl an Bürger weitergegeben werden müssen
Der Kreis wird bis 2026 mehr als 50 Millionen Euro aus seinen Rücklagen nehmen, „um die Kommunen handlungsfähig zu halten“, wie es Dr. Bert Wagener, Vorsitzender der Grünen im Kreistag, formulierte. Den hoch verschuldeten Städten setzen steigende Zinsen, Energiepreise und Baukosten deutlich mehr zu als dem Kreis. Nach Einschätzung des Gladbeckers Marco Gräber (AfD) werden die Kommunen nicht umhinkommen, die gestiegenen Kosten an die Bürger weiterzugeben – in Form von höheren Gebühren und Steuern.
Der Kreis steht selbst vor großen Herausforderungen. 2023 soll das Großprojekt Kreishaus-Sanierung starten. Investiert werden soll in Berufskollegs, in Radwege und in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Ein fraktionsübergreifender Antrag, den Sozialen Arbeitsmarkt mit einer Million Euro aus dem Kreis-Etat zu unterstützen, konnte von der Tagesordnung genommen werden. Der Bund hatte in der vergangenen Woche die Mittel für 2023 aufgestockt.
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Der Haushalt 2023 des Kreises Recklinghausen, der jetzt verabschiedet wurde, hat ein Volumen von 1,38 Milliarden Euro (2022: 1,31 Mrd. Euro). 71,5 Prozent des Haushalts (986 Millionen Euro) sind Ausgaben im Sozialbereich (u. a. Hartz IV, Grundsicherung im Alter, Landschaftsverband). Personalkosten als zweitgrößter Ausgabenblock schlagen mit 141,72 Millionen Euro zu Buche. Die zehn kreisangehörigen Städte sind mit 499,04 Millionen Euro (2022: 473,36 Millionen Euro) am Kreisetat beteiligt (u. a. Kreisumlage und ÖPNV-Umlage). Sie finanzieren den Kreis damit zu 37 Prozent. Die Kostenerstattungen durch Land und Bund (zum Beispiel für Leistungen des Jobcenters) belaufen sich auf 666,56 Millionen Euro. 42,04 Millionen Euro kann der Kreis an Schlüsselzuweisungen des Landes NRW einplanen.