Gladbeck. In einer Gladbecker Kita läuft ein besonderes Programm, das den Kindern die Natur nahe bringt. Dabei hilft eine Naturbotschafterin vom NABU.

„Das ist für den Regenwurm“. Diesen Hinweis muss Ulrike Lemme, Naturschutzbotschafterin des NABU (Naturschutzbund Deutschland), an diesem Morgen immer wieder ihren eifrigen kleinen Helfern in der städtischen Kita an der Berliner Straße in Rentfort-Nord geben. Unermüdlich schaufeln die Vier- bis Sechsjährigen vom großen Erdhaufen den Mutterboden in ihre Schubkarren, die sie dann im neuen Hochbeet ausleeren. Für kurze Arme und kleine Hände eine nicht ganz einfache Aufgabe. „Vorher müsst Ihr Steine aussortieren“, mahnt Ulrike Lemme an. Auch dieses wird gewissenhaft erledigt, wobei auf Nachfrage, „Stein oder Nicht-Stein?“ so manches Regenwurmrefugium gerettet werden kann.

„Seit ich im Ruhestand bin, fröne ich meinem lebenslangen Hobby“, erzählt Ulrike Lemme, die beruflich als Diplom Heilpädagogin unterwegs war. Natur habe für sie, die im Schrebergarten aufgewachsen ist, stets eine große Anziehungskraft gehabt. Deshalb hat sie nun ein offizielles Zertifikat vom NABU als Naturschutzbotschafterin erworben.

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Die Naturbotschafterin ist einmal wöchentlich in der Gladbecker Kita

Das Programm, mit dem schwerpunktmäßig Seniorinnen und Senioren angesprochen werden sollen, wird durch Bundesmittel gefördert. Der nächste zweijährige Ausbildungszyklus startet Anfang des nächsten Jahres. Ulrike Lemme besucht einmal wöchentlich für zwei bis drei Stunden die Kindertagesstätte, und so hat sie bereits gemeinsam mit den Kindern das Hochbeet zusammengebaut und es zu einem Teil mit Herbstlaub gefüllt, das den Boden mit Nährstoffen versorgt, vor Frost schützt und die Bodenstruktur verbessert. Nun kommt die Erde drauf, versetzt natürlich mit den biologischen Helfern, den Regenwürmern.

Die Jungen und Mädchen von der städtischen Kita Berliner Straße sind begeistert bei der Sache. Bei so tollem Wetter macht Gartenarbeit ja auch richtig Spaß.
Die Jungen und Mädchen von der städtischen Kita Berliner Straße sind begeistert bei der Sache. Bei so tollem Wetter macht Gartenarbeit ja auch richtig Spaß. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Um den Kindern die wichtige biologische Funktion dieser unterirdischen Arbeiter nahe zu bringen, hat Ulrike Lemme ein Marmeladenglas mit Komposterde aus ihrem Garten mitgebracht, in dem sich zahlreiche Regenwürmer tummeln. „Die Kinder haben sich mittlerweile zunehmend von der Natur entfernt“, so ihre Beobachtung, auch seien sie immer weniger in der Lage, sich länger zu konzentrieren. Darauf versucht die Naturfreundin geduldig einzugehen, und die Kinder sind mit Feuereifer dabei. So wird geschaufelt und umgeladen. Und wenn die eine oder andere Schubkarre mal umfällt, ist das auch kein Problem. „Wir haben ja viele Besen, das machen wir alles wieder sauber“ beruhigt Ulrike Lemme die kleinen Gärtner.

Benötigt werden noch Gartenhandschuhe und Werkzeug für kleine Kinderhände

Woran es aber vor allen Dingen mangelt, sind Gartenhandschuhe sowie Werkzeuge für Kinderhände. Felicia Kollmann, Leiterin der Kindertagesstätte, kennt die Situation genau: „Das wird auch kommen, Schritt für Schritt“ sagt sie, doch gelte es zu berücksichtigen, dass die Kita an der Berliner Straße nicht nur dieses wichtige natur- und waldpädagogische Konzept verfolge, sondern sich auch der Sprachförderung verschrieben habe. „Wir sind ja erst eineinhalb Jahre am Start. 65 Prozent unsere Kinder haben Deutsch nur als Zweitsprache.“

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Die letzten Pandemiejahre hätten ein Übriges getan: „Die Kinder müssen teilweise regelrecht lernen, miteinander zu spielen, das soziale Verhalten neu einüben.“ Viele haben bisher noch nie einen Kindergarten von innen gesehen. Viel Arbeit wartet auf die Erzieherinnen und Erzieher. Das Hochbeet an der Berliner Straße dagegen wird jetzt wohl erst einmal in die Winterruhe geschickt, bevor es im Frühjahr mit den ersten Kräutern bepflanzt wird, die anschließend in der Küche ihre leckere Verwendung finden.