Gladbeck. Inflation und Energiekrise wirken sich längst auf Klassenfahrten an Schulen aus. Diese Pläne haben Gladbecker Schulen, um dagegenzuhalten.

Miefige Schuhe auf den Zimmern, fragwürdiges Essen im Speisesaal, der erste Liebeskummer: Auf den ersten Blick haben Klassenfahrten ordentlich Minuspunkte zu verbuchen – aber eben auch nur auf den ersten Blick. Für die soziale Kompetenz der Schüler unverzichtbar, nicht nur, um sich von den Eltern zu emanzipieren, für die Lehrer ein genauerer Blick auf ihre Schützlinge, für die Parentalgeneration immerhin eine Woche sturmfrei. Inflation und Teuerungswellen nehmen aber auch auf pädagogisch Wertvolles keine Rücksicht, Klassenfahrten werden teurer – vielleicht sogar zu teuer. Wie gehen Gladbecker Schulen damit um?

„Diese Teuerungen führen für uns zu Problemen“, sagt Peter Washausen, Schulleiter der Erich-Fried-Schule, „wir müssen uns überlegen, wie wir das in Zukunft stemmen wollen.“ Die Planungen für die Fahrten 2023 haben längst begonnen, genauso wie besagte Überlegungen, die höheren Preise aufzufangen. „Wir denken über eine Form des Sponsorings nach, um die Klassenfahrten zu bezuschussen“, so Washausen, immerhin, bis jetzt habe noch keine Reise ausfallen müssen.

Gladbecker Schulleiter: Klassenfahrten sollen weiterhin stattfinden

Und so soll es auch bleiben. „Es liegt mir viel daran, dass die Klassenfahrten weiterhin stattfinden können“, betont der Rektor, gleiches gilt offensichtlich auch für das Kollegium der Erich-Fried-Schule. Mehrere Lehrer hätten schon auf die Erstattung ihrer Kosten für eine Fahrt verzichtet, etwas, das ihnen eigentlich zusteht. Das Budget, das jede Schule vom Land NRW für diesen Zweck bekommt, ist im Gegensatz zu den Kosten einer Klassenreise nämlich nicht gestiegen.

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Ähnliches berichtet Ulrich Elsen, Schulleiter der Erich-Kästner-Realschule. „Bei den Klassenfahrten, die vor den vergangenen Herbstferien stattgefunden haben, mussten wir jetzt noch Nachschläge für den Diesel zahlen.“ Wie seine Kollegen an anderen Schulen will aber auch Elsen an den Klassenreisen festhalten, „gerade jetzt, nach Corona. Während der Pandemie mussten wir mit ansehen, wie das Zwischenmenschliche bei den Schülern leidet.“

Eine Möglichkeit: Das Reisebudget erhöhen

Auch die Schulkonferenz, also das gemeinsame Gremium der Lehrer, Schüler und Eltern einer Schule, hat sich für den unbedingten Erhalt der Klassenfahrten ausgesprochen. Um den auch zu sichern, müssen Eltern möglicherweise aber tiefer in die Tasche greifen. „Bisher lag das Reisebudget, dass die Fahrten in der fünften, siebten oder achten sowie der zehnten Klasse abdeckt, bei 550 Euro, ein Vorschlag im Moment ist, dieses Budget auf 700 Euro anzuheben.“ Skifreizeiten oder Reisen nach Italien, wie es sie früher einmal gab, seien damit aber trotzdem nicht gedeckt. So oder so soll das potenziell neue Reisebudget aber früh genug angekündigt werden: „Die Eltern brauchen die Möglichkeit, zu sparen.“

„Die Eltern brauchen die Möglichkeit zum Sparen.“ Ulrich Elsen, Schulleiter der Erich-Kästner-Realschule in Gladbeck, will an Klassenfahrten festhalten.
„Die Eltern brauchen die Möglichkeit zum Sparen.“ Ulrich Elsen, Schulleiter der Erich-Kästner-Realschule in Gladbeck, will an Klassenfahrten festhalten. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Alrun ten Have, Schulleiterin der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule, hat vor allem damit zu kämpfen, dass Schulen nun Klassenfahrten aus der Pandemiezeit nachholen. „Für die Fahrtenwochen 2023, also vor den Herbstferien in der Sekundarstufe I und vor den Osterferien in der Sekundarstufe II, finden wir keine Unterkünfte.“ Trotzdem, und auch im Angesicht der steigenden Kosten, sollen Klassenfahrten stattfinden, „da müssen wir dann zum Beispiel auf andere Zeiten ausweichen, etwa auf den November.“

„Eine Klassenfahrt muss sein“

Pädagogisch betrachtet seien Klassenfahrten enorm wichtig, so ten Have, „eine Klassenfahrt muss sein“. Die Überlegung, das Elternbudget zu erhöhen, gebe es momentan nicht, stattdessen sei eine Idee, die Reisezeit zu verkürzen. „So könnten dann aus fünf Tagen vier werden, beziehungsweise aus acht Tagen fünf bis sechs.“ Unterkunft und Art der Verpflegung seien ebenfalls Stellschrauben, an denen gedreht werden könne.

Das sagt die Stadtschulpflegschaft

Carina Sommer, Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft Gladbeck, hofft, dass mehr Eltern beim Thema Klassenfahrt ihr Mitspracherecht nutzen. „Vielen ist gar nicht bewusst, dass sie da mitentscheiden dürfen, über Ziele, Kosten und mehr.“ Die Schule stelle die Eltern nicht vor vollendete Tatsachen, jede Reise werde zuvor in der Klassenpflegschaft besprochen.

Wie die Schulleiter spricht sich Sommer ebenfalls für den unbedingten Erhalt der Fahrten aus, auch im Angesicht der Teuerungen. „Die Reisen müssen weitergehen, sie sind ja nicht ohne Grund verpflichtend für die Schüler.“

Ein Englisch-Leistungskurs des Heisenberg-Gymnasiums hat schon auf die Teuerungen reagiert. „Der Kurs ist nach Dublin statt nach London geflogen“, erinnert sich die stellvertretende Schulleiterin Anja Peters-Kern. Die Schule denkt ob der steigenden Preise aber schon weiter, „zum Beispiel könnte statt Frühstück und Abendessen nur noch das Frühstück gebucht werden“, so Peters-Kern, „verpflegen müssten sich die Schüler abends dann aber trotzdem.“

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Besonders betroffen: die Skifreizeit des Gymnasiums. „Da wird es dann zum Beispiel schwierig, den Aufenthalt zu verkürzen. Wenn man weniger als sechs Tage fährt, macht es beinahe keinen Sinn mehr.“ In der nächsten Schulkonferenz werde der Themenblock „Klassenfahrt“ entsprechend erörtert, „denn es geht ja auch darum, den Eltern eine Möglichkeit zum Sparen zu geben.“ Gerade die Eltern, die mit Blick auf ihr Einkommen „in der Mitte hängen“, bräuchten genug Zeit. Besserverdiener könnten die Mehrkosten leichter auffangen, Familien am unteren Ende des Spektrums werden durch das Paket „Bildung und Teilhabe“ des Schulministeriums unterstützt.