Gladbeck. Die Schutzverordnung für alte Bäume wie andere Naturdenkmale wird neu aufgestellt. Auch Gladbecker Bürger können sich mit Privatbesitz bewerben.

Die untere Naturschutzbehörde des Kreises Recklinghausen will die Verordnung zur Ausweisung von Naturdenkmalen überarbeiten. Diese spezielle Form der öffentlichen Denkmale werden als „besondere Einzelschöpfungen der Natur“ definiert. Es sind konkret wenige steinerne Findlinge, schwere herangeschobene Brocken aus Skandinavien, die die Eiszeit vor rund 200.000 Jahren hinterlassen hat. Und in der Mehrheit, wie auch in Gladbeck, imposante alte Bäume, die besonders ins Auge fallen. Um weitere dieser alten Gewächse zu schützen und zu erhalten, soll die Liste der Naturdenkmale jetzt erweitert werden. Auch Gladbecker Bürger können so nun zum Beispiel einen alten und besonders schönen Baum in ihrem Privatgarten vorschlagen. Das im jüngsten Umweltausschuss der Kreistagspolitik vorgestellte Thema berührt aber auch einen traurigen Hintergrund.

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Denn die Klimaveränderung mit ihren Dürrephasen der vergangenen Jahre hat viele alte Bäume auch in Gladbeck geschwächt. Oft imposante Gewächse, die mit ihren großen Kronen wichtige Schattenspender sind – und so dazu beitragen, das Innenklima stark versiegelter Städte zu verbessern. Stark erkrankte Bäume können aufgrund verlorener Standsicherheit wiederum zur Gefahr für die Öffentlichkeit werden. So musste leider auch ein Teil des Naturdenkmal-Ensembles an der Arenbergstraße in Zweckel, eine von drei rund 100 Jahre alten Blutbuchen, gefällt werden. An einem Hagelkreuz im Feld an der Uechtmannstraße traf es zwei alte Naturdenkmal-Linden, die durch Pilzbefall morsch geworden waren. Sie wurden durch Nachpflanzung ersetzt. So sind in letzter Zeit 22 der ursprünglich kreisweit 63 Naturdenkmale aus der Schutzliste verschwunden (WAZ berichtete).

Besonders schützenswerte Einzelschöpfungen der Natur

Marieke Sauermann (l.) und Ulrike Mathes vom Fachdienst Umwelt/untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Recklinghausen sind für Schutz und Unterhaltung der Naturdenkmale im Kreis zuständig. Sie zeigen eine Übersichtskarte der geschützten Objekte in Gladbeck.
Marieke Sauermann (l.) und Ulrike Mathes vom Fachdienst Umwelt/untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Recklinghausen sind für Schutz und Unterhaltung der Naturdenkmale im Kreis zuständig. Sie zeigen eine Übersichtskarte der geschützten Objekte in Gladbeck. © Kreis Recklinghausen | Kreis Recklinghausen

Hüterin der Naturdenkmale bei der zuständigen unteren Naturschutzbehörde des Kreises Recklinghausen ist Forstwirtschaft-Ingenieurin Ulrike Mathes, unterstützt von ihrer Kollegin, Geografin Marieke Sauermann. Sie erläutern, dass nach Paragraf 28 des Bundesnaturschutzgesetzes Naturdenkmäler als Einzelschöpfungen der Natur oder entsprechende Flächen bis fünf Hektar festgesetzt werden können, „soweit ihr besonderer Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, landeskundlichen oder erdgeschichtlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist“.

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Die Unterschutzstellung etwa eindrucksvoller Bäume richte den öffentlichen Fokus auf die ausgewählten Objekte und könne durch Beschilderung und gelegentliche Berichterstattung „eine Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für den Wert sowie Eigenheit und Schönheit der Natur innerhalb unserer Städte herbeiführen“. Zudem könne so zum Erhalt des Stadtbildes sowie der Stadtgeschichte und -kultur beigetragen werden. Ulrike Mathes nennt als Beispiel die mächtige Rotbuche vor der Pestalozzischule an der Brahmsstraße 22 in Zweckel, die sicherlich vielen Gladbeckern bekannt sei.

Schäden und Beeinträchtigungen sollen abgewendet werden

Eines der Naturdenkmäler, die über die Innenbereichsverordnung des Kreises gelistet und geschützt werden. Diese amtliche Erfassung biete die Möglichkeit, „mittels festgelegter Verbote Schäden und Beeinträchtigungen von den Schutzobjekten abzuwenden“. Die gültige Innenbereichsverordnung des Kreises läuft 2023 aus, „die wir jetzt neu aufstellen wollen, um dabei auch neue Naturdenkmale aufzunehmen“, so die Ingenieurin. „Wir sind unter Einbindung der Umweltabteilungen der Kreisstädte dabei, Vorschläge für Kandidaten zu sammeln“, wobei auch die Öffentlichkeit informiert werden solle, „da auch Bäume auf privatem Grund in die Liste der Naturdenkmale aufgenommen werden können“.

Standorte bisheriger Naturdenkmale in Gladbeck

Naturdenkmal des Kreises Recklinghausen Nr. 78, Eiche am Rand einer Weide etwa 170 Meter südlich der Breiker Höfe an der Feldhauser Straße 417.ND 79, Gruppe einer Traubeneiche und Esche im Bereich der Forststraße etwa 30 Meter westlich der Einmündung eines Wirtschaftsweges, südwestlich des Gutes Klein Brabeck.ND 80, Gruppe von zwei Linden an der Uechtmannstraße neben einem Hagelkreuz etwa 100 Meter nördlich des Hofes Kuhlmann. Die alten kranken Bäume mussten gefällt werden und wurden durch Nachpflanzungen ersetzt.ND 81, Esche an der Einfahrt der Hofanlage Groß-Ophoff an der Bergstraße.ND 82, Eiche westlich des Hofes Sump an der Holtkampstraße, südlich des Quälingsbaches und östlich der A 31.ND 83, Eiche zwischen der A 31 und der alten Bahntrasse, südlich der Kirchheller Straße.ND 84, Gruppe einer Eiche und Rotbuche im Grünlandbereich etwa 100 Meter westlich des Gutes Klaphecke (Kirchhellen).ND 89, Rotbuche vor der Pestalozzischule an der Brahmsstraße.ND 90, Blutbuche östlich des Gebäudes der Musikschule der Stadt Gladbeck, zwischen den Häusern am Bernskamp 6 und 8.ND 91, Rotbuche nordöstlich des Gebäudes der Musikschule der Stadt Gladbeck am Haus Bernskamp 10.ND 92, ursprünglich Gruppe aus drei Blutbuchen (eine musste krankheitsbedingt gefällt werden) an der Kreuzung Arenbergstraße / Händelstraße / Mozartstraße.ND 93, Feldahorn im Park der Küster Villa, Buersche Straße 35.ND 94, Blutbuche im Eingangsbereich des Parks an der Villa Küster, Buersche Straße 35.ND 95, Eiche im Bereich des Waldweges Nähe des Hauses Harsewinkelstraße 14.

Vorteil: Die Privateigentümer werden bei Unterschutzstellung entlastet. Denn um die alten Bäume langfristig erhalten zu können, erfolgen jährliche Kontrollen und gegebenenfalls Pflege (Baumschnitt) durch geschultes Personal der unteren Naturschutzbehörde, mit Kosten zulasten des Kreises. Ein gewisses Sorglospaket, das aber nicht beinhalte, „dass wir die herabgefallenen Blätter harken, die Dachrinne reinigen oder gar die Hausfassade Richtung Naturdenkmal neu streichen“, so Mathes. Das bleibe Aufgabe des Grundstückeigentümers. Eingereichte Anträge für neue Naturdenkmale würden dann von der Behörde überprüft. Eine Voraussetzung sei, dass der Baum auf dem Privatgrund „von außen für die Öffentlichkeit einsehbar ist“. In besonders begründbaren Einzelfällen könnten aber auch Ausnahmen erfolgen.

Die Mitglieder des Kreistages entscheiden letztlich die Vorschlagsliste

Gedeckelt sei die Naturdenkmalliste im Prinzip nicht, „aber die Anzahl der Objekte sollte im Verhältnis zu den Möglichkeiten unserer Personalressourcen stehen, um die Bäume auch pflegen zu können“, so Mathes. Der weitere Fahrplan sehe neben der Öffentlichkeit und des Naturschutzbeirates die Beteiligung der kreisangehörigen Kommunen zur Einreichung von Vorschlägen für Naturdenkmale vor. Anträge Gladbecker Bürger könnten bei ihm eingereicht werden, so Jürgen Harks, Leiter der Umweltabteilung der Stadt Gladbeck (juergen.harks@stadt-gladbeck.de).

Schließlich erfolgen die Auswertung und eine Begutachtung der engeren Auswahl durch Experten der unteren Naturschutzbehörde. Mit dann einer Offenlegung des Neuentwurfs der Innenbereichsverordnung, anschließender Abwägung der Anregungen und Überarbeitung der Entwurfsfassung, die dann letztlich vom Kreistag 2023 beschlossen werde und in Kraft trete. Alle darin aufgelisteten Objekte seien dann besonders geschützt, unterstreicht Ulrike Mathes, „ihre Beseitigung sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung eines Naturdenkmals führen können, sind verboten“.