Gladbeck. Der BUND Gladbeck will Eichen an der Horster Straße unter Naturdenkmalschutz stellen lassen. Dafür müssen einige Kriterien erfüllt sein.
Hitzesommer, Dürre, Krankheiten, Schädlinge und, wie neulich, Stürme – das waren mehr Negativ-Faktoren als auf eine Borke gehen. Viele Bäume in Gladbeck sind abgestorben oder dermaßen mitgenommen, dass sie in absehbarer Zeit von der Bildfläche verschwinden werden. Angesichts dieser Entwicklung will der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zwei besonders mächtige Exemplare schützen. Es handelt sich um imposante Eichen an der Horster Straße, in der Nähe des Ärztezentrums Butendorf. Einen entsprechenden Antrag hat der BUND Gladbeck bei der Unteren Naturschutzbehörde im Kreis Recklinghausen gestellt.
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„Alte Bäume sind in Gladbeck rar und werden immer seltener“, so Helga Raith für den Verein, „daher findet der BUND, dass sie besonderer Fürsorge bedürfen.“ Beantragt ist, die besagten Eichen in die Liste der Naturdenkmale aufzunehmen. Doch das ist leichter gesagt als getan.
„Ein Naturdenkmal auszuweisen, ist ein komplexes planerisches und demokratisches Verfahren“
Ulrike Mathes, in der Kreisverwaltung Expertin für Naturschutz und Landschaftspflege sowie Unterhaltung der geschützten Bäume & Co., erklärt: „Ein Naturdenkmal auszuweisen, ist ein komplexes planerisches und demokratisches Verfahren.“ Es sei an eine Fülle von Beteiligungsschritten gebunden: Aufstellungsbeschluss durch den Kreistag, Beteiligung der Bürgerschaft bzw. der Träger öffentlicher Belange, Offenlage und Kreistagsbeschluss. „Im Rahmen dieses Planverfahrens haben die Städte und die Bürger die Möglichkeit, sich einzubringen“, so Mathes. Ein Aufwand, bei dem schon einige Zeit ins Land gehen kann.
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Der BUND Gladbeck hat die Chance ergriffen, an der Liste mitzuwirken. Helga Raith berichtet, dass eine Antwort der Unteren Naturschutzbehörde auf den Antrag eingegangen sei: „Die beiden Eichen stehen jetzt in einer Vorschlagsliste.“ Alle 20 Jahren wird die Liste überarbeitet, nachdem sie zuletzt 2003 aufgestellt wurde, steht eine Entscheidung über den BUND-Vorschlag also im Jahre 2023 an.
Mathes erläutert: „Ein Kriterium der Aufnahme ist, dass die Bäume nach Beurteilung eines Gutachters noch 20 Jahre im jetzigen Zustand überleben können.“ Svenja Küchmeister, Sprecherin in der Kreisverwaltung Recklinghausen, unterstreicht: „Ein Baum, der demnächst umzufallen droht, wird es nicht auf die Liste schaffen.“
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Auf Bürokratendeutsch heißt die Regelung so: „Naturdenkmale sind nach § 28 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatschG) rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur, deren besonderer Schutz entweder aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist.“
22 Naturdenkmale verloren
Ein gutes Dutzend Naturdenkmale befinden sich in Gladbeck. „Die derzeitige Liste wird überprüft und um neue Objekte ergänzt“, so Ulrike Mathes, Expertin in der Kreisverwaltung Recklinghausen. Um das Interesse am Thema zu erhöhen, plant der BUND Gladbeck in Kooperation mit dem ADFC eine Radtour zu den hiesigen Naturdenkmalen. Ein Termin steht noch nicht fest.
Mathes: „Um weiterhin den Schutz der bestehenden Naturdenkmale zu gewährleisten, bedarf es einer Überarbeitung.“ 22 der ursprünglich insgesamt 63 Exemplare seien durch Absterben, Fällung (Gefahrenabwehr) oder Überplanung nicht mehr als Naturdenkmal ausgewiesen. Einen Überblick über die Standorte bietet die Internet-Seite https://www.geoportal.gkd-re.de/kreis-re
Was das im konkreten Fall bedeutet, liegt beim Gutachter. Svenja Küchmeister: „Wir haben in der Verwaltung Baumprüfer, je nach Aufwand können auch externe Fachleute hinzugezogen werden.“ Doch Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters – und prachtvoll sind die Holz-Riesen an der Horster Straße nach Ansicht des BUND Gladbeck, der sein Anliegen begründen muss, allemal: „Sie stehen dort als Solitäre, haben in Schulterhöhe einen Umfang von 330 bzw. 290 Zentimetern und sind damit wohl ungefähr zwischen 200 und 240 Jahre alt: eine Augenweide.“ Die Eichen ragen an exponierter Stelle in den Himmel, in Nachbarschaft der Heilig-Kreuz-Kirche am ehemaligen Eingang zu dem früheren Bauernhof Kleimann. „Damit gehören sie wohl zu den ältesten Bäumen in der Stadt. Im Gladbecker Süden wären sie dann die einzigen Naturdenkmale“, betont Raith.
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Auf der Liste zu finden sind unter anderem bereits jeweils eine Stieleiche an den Breiker Höfen und der Schützenstraße. Ebenfalls unter Schutz stehen beispielsweise eine Blut- und eine Rotbuche am Bernskamp. „Die trockenen und heißen Sommer der vergangenen Jahre haben verdeutlicht, welchen Wert insbesondere große und alte Bäume für das Innenklima stark versiegelter Städte darstellen können“, sagt Mathes. Gleichzeitig könne der Status „geschützt“ das betreffende Objekt ins Licht der Öffentlichkeit rücken und die Bevölkerung „für den Wert der Natur sensibilisieren“. Die Expertin ergänzt, „die Unterschutzstellung“ leiste einen Beitrag zum Erhalt des Stadtbildes sowie der Stadtgeschichte und -kultur“.
Streng verboten: Beseitigung, Schädigung und Veränderung eines Naturdenkmal
Die Kreisbehörde kontrolliert und pflegt diese Schmuckstätte der Natur. Damit es klar ist: „Die Beseitigung und alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung eines Naturdenkmals führen können, sind verboten.“ Laut Raith habe die Behörde den BUND-Antrag erfreut registriert und appelliert, „nach weiteren Kandidaten“ für die Schutzliste Ausschau zu halten.