Gladbeck. Eugen Ziegler ist über Umwege zum Tätowierer geworden. In Gladbeck an der Voßstraße betreibt der 38-Jährige sein eigenes Tattoostudio.

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Eugen Ziegler hat beruflich schon vieles gemacht, um seine Brötchen zu verdienen: Bäcker, Schweißer, Maschinenführer. Dann wechselte der 38-Jährige in eine ganz andere Sparte. Statt Teigrolle und anderer Geräte sind Farben jetzt Zieglers Metier. Denn er betreibt in Gladbeck sein eigenes Tattoostudio.

Rhythmisch surrt Eugen Zieglers Tattoomaschine, während er die Linien der Vorlage auf dem Arm seiner Kundin nachfährt. Für Darja Dektyarow ist es bereits das fünfte Tattoo, das sie sich im Studio des 38-Jährigen stechen lässt. Alle ihre Motive sind hier im „Art Mania“ entstanden. Dieses Mal hat sie sich für ein Gänseblümchen auf dem Unterarm entschieden, ihre Lieblingsblume.

Der Inhaber des Tattoostudios in Gladbeck hat sogar seine eigenen Eltern tätowiert

Mehr als ein Fünftel der Menschen in Deutschland ist tätowiert. Aber: 73 Prozent sagten in einer Umfrage, sie haben keine Tattoos und wollen auch in Zukunft ohne Bilder auf der Haut auskommen. Auffällig ist dabei ein gewisser Graben zwischen den Generationen. Nur neun Prozent der über 55-Jährigen hat ein Tattoo oder gleich mehrere. Zwischen Mitte 20 und Mitte 40 sind es dagegen mehr als 40 Prozent.

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Die Tätowierung an sich hat mit der Zeit offenbar einen Imagewandel durchgemacht. Das bestätigt auch Ziegler. „Meine Eltern waren erstmal gar nicht begeistert von der Idee. Mittlerweile sind sie aber sehr stolz auf mich und haben sich sogar selbst Tattoos von mir stechen lassen“, berichtet der 38-jährige. Er führt an der Gladbecker Voßstraße seit vier Jahren eines von etwa 7000 angemeldeten Tattoostudios in Deutschland.

Während in der älteren Generation viele bei Tattoos an Seefahrer oder Gefängnisinsassen denken und deswegen gegenüber Motiven, die unter die Haut gehen, eher negativ eingestellt sind, sind sie für jüngere Menschen ein harmloser Körperschmuck. „Ich finde es einfach schön“, erklärt Zieglers Stammkundin Darja Dektyarow, „aber für mich hat auch jedes Tattoo eine Bedeutung. Zum Beispiel habe ich eine Rose für meine Schwester und den Namen von meinem Mann.“

Eugen Ziegler bringt Stammkundin Darja Dektyarow ein Gänseblümchen unter die Haut.
Eugen Ziegler bringt Stammkundin Darja Dektyarow ein Gänseblümchen unter die Haut. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

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Das neue Gänseblümchen-Motiv hat Darja Dektyarow schon Wochen vor dem eigentlichen Termin bei einer ausführlichen Beratung besprochen. Der Fachmann erklärt: „Es ist mir sehr wichtig, vorher mit den Kunden über das Motiv zu sprechen. Wenn das Tattoo eine Bedeutung für die Kundin hat, wird es viel seltener bereut als eines, das nur gerade im Trend ist. Ich habe auch Tattoos, die ich mir heute nicht mehr stechen lassen würde.“ Als Beispiel nennt er seinen eigenen Namen als Schriftzug auf dem Arm: „Wer macht denn sowas, frage ich mich heute.“

Unter den Tattoofans geht es auch um Stilfragen. „Dauerbrenner“ sind Anker, Blumen und Tiere. Aber Trends gibt’s auch, sie kommen und gehen. So galten Tribals lange als Souvenir aus den 90ern, sind aber nun langsam wieder im Kommen. Heute sind außerdem mehrere kleinere Motive beliebter als große. Die Statistiken spiegeln sich auch in Eugen Zieglers Arbeitsalltag wider. „Blumen sind immer sehr beliebt, gerade auch kleine Motive“, stellt er fest.

Irritation wegen Verordnung

Entgegen Befürchtungen vieler Tattoostudios kann auch weiterhin in Farbe tätowiert werden. Nach einer neuen EU-Verordnung für Inhaltsstoffe von Tattoofarben stand das zunächst in Zweifel.Doch mittlerweile gibt es eine Lösung. Auf dem Markt sind Farben, die der Verordnung entsprechen.

Statistisch sind Frauen Tattoos außerdem häufiger zugeneigt als Männer. Während viele schon bald nach der Volljährigkeit starten, hat sich Darja Dektyarow mit 26 zu ihrem ersten Bild entschlossen. „Damals habe ich im Internet nach Bewertungen von Studios in der Umgebung geschaut und mir Fotos von den Tattoos angesehen“, berichtet die Duisburgerin, „dann habe ich mich für dieses Studio entschieden und war immer sehr zufrieden, deswegen bin ich heute ja auch wieder hier.“ Ziegler ist ebenfalls stolz auf die guten Bewertungen, die ihm seine Kundinnen und Kunden im Netz hinterlassen. Bei Google rezensierten sie ihn glatt mit fünf Sternen. Dabei ist Ziegler erst spät zu seinem heutigen Beruf gekommen.

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Davor war der Spätaussiedler aus Kasachstan Maschinenführer, Bäcker und Schweißer. Er ist mit 13 Jahren nach Deutschland gekommen und hat zunächst in Dorsten gelebt. Über seine eigenen Tattoos und Besuche auf Messen wurde sein Interesse geweckt. „Irgendwann habe ich gedacht: Das will ich auch machen. Dann habe ich mir direkt eine professionelle Maschine gekauft und erst an Leder, dann an Freunden und Geschwistern geübt.“ Heute entwickle er sich als Künstler noch immer weiter. Ziegler betont:„Wenn jemand mit einem Motiv kommt, das ich nicht gut machen kann, dann sage ich das auch ehrlich. Das Wichtigste ist für mich, dass die Kunden zufrieden sind.“

Schöne Linien hatten es schon dem Schweißer Eugen Ziegler angetan

Auf einen persönlichen Stil hat er sich noch nicht ganz festgelegt. Sowohl realistische als auch abstrakte Motive werden in seinem Studio verwirklicht. Ziegler sagt: „Besonders faszinieren mich aber feine Linien, es kann gut sein, dass ich mich weiter darauf konzentriere. Schöne Linien machen, das fand ich schon am Schweißen toll.“

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