Gladbeck. Die Energieversorger ELE und Uniper sprechen mit Großkunden über drohende Gasabschaltungen. Das müssen Privathaushalte nun wissen.

Die Energieversorger ELE und Uniper bereiten sich und ihre vor allem industriellen Kunden in Gladbeck gerade auf ein drohendes Szenario vor, falls abrupt die Gasversorgung aus Russland gekappt werden sollte – ob als Embargo oder als Folge eines Lieferstopps Russlands. Auswirkungen würden auch in Gladbeck deutlich spürbar sein, erklärten Vertreter beider Unternehmen, die am Montag ausführlich den Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss informierten.

Vorab zunächst die Nachricht für alle privaten Verbraucher: Laut ELE und Uniper ist die Versorgung mit Gas und Strom, auch Fernwärme, in den nächsten Wochen und Monaten in Gladbeck erst einmal gesichert, auch wenn es nach dem Notfallplan zu Netz-Einschränkungen kommen würde. Was aber nicht heiße, so Boris Pateisky, Geschäftsführer der ELE Verteilnetz GmbH, dass man sorglos sein könne. Im Gegenteil: ELE und auch Uniper, so Stefan Bünte, Prokurist bei Uniper, kümmern sich derzeit intensiv gemeinsam um Wege aus der Krise. Zum Hintergrund: Uniper kauft das Gas, ELE verteilt es.

Lesen Sie auch:

Knapp 10.000 Gaskunden der ELE gibt es in Gladbeck

Durch regionale Pipeline fließt Gas nach Gladbeck – hier in Rentfort.
Durch regionale Pipeline fließt Gas nach Gladbeck – hier in Rentfort. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Knapp 10.000 ELE-Gaskunden gibt es in Gladbeck, darunter 19 Industrie- und Gewerbekunden. Von denen wären zehn Unternehmen – Großabnehmer – betroffen, falls ein Notfallplan mit Gasreduzierungen oder -abschaltungen in Kraft treten würde. Übrigens gibt es noch zwei große Unternehmen in Gladbeck, die direkt über das Netz der ehemaligen Ruhrgas (heute OGE) versorgt werden. Übers Jahr gesehen verbrauchen allein die zehn Großkunden der Emscher-Lippe Energie GmbH (ELE) 15 Prozent des nach Gladbeck gelieferten Gases – übrigens kein russisches, sondern ausschließlich holländisches. „Was aber, falls der Notfallplan in Kraft treten würde, Gladbeck und andere Regionen, die mit Gas aus den Niederlanden versorgt werden, nicht von Einschränkungen ausnehmen würde“, so Bünte.

Uniper und ELE stünden, so hieß es im Ausschuss, bereits intensiv mit den Unternehmen in Gesprächen, nehme deren Sorgen und Wünsche wahr, etwa, dass bestimmte Produktionen in einer Grundlast gefahren werden müssten, um nicht zerstört zu werden. Grundsätzlich stoße man aber durchaus auf Verständnis für mögliche drastische Maßnahmen, denn „letztlich müssen wir die Dinge umsetzen, die uns vorgegeben werden“, so Patersky. Abzuwägen gelte es dabei aber auch, dass manche Unternehmen, so die beiden Gasversorger, nicht nur Gasverbraucher seien, sondern Vorprodukte oder Produkte herstellen, die unersetzlich für andere Produktionsabläufe oder für den Wirtschaftskreislauf seien. Letztlich stünden natürlich auch viele Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Alle Firmen und Handwerksbetriebe drohen zunächst keine Kürzungen

Betont wurde, dass die anderen neun „geschützten“ Industrie- und Gewerbekunden in Gladbeck, darunter auch das Krankenhaus und große soziale Einrichtungen, nicht von ersten drastischen Einschnitten betroffen wären. Auch alle anderen Firmen oder Handwerksbetriebe würden als „geschützt“ gelten und zunächst weiter beliefert. ELE-Geschäftsführer Dr. Bernd-Josef Brunsbach sagte im Ausschuss, dass der Gasbezug aus Russland (ELE beliefert in Gelsenkirchen mit russischem Gas) bereits „deutlich zurückgegangen“ sei. Er warnte insgesamt vor „drastisch“ steigenden Preisen für Gas und Strom.

+++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! +++

Uniper-Manager Bünte erläuterte, dass sein Unternehmen bereits reagiert habe und nur noch bis Ende des Jahres russische Kohle im Kraftwerk Scholven verstromen werde. Neue Verträge für Kohle aus Südafrika und Australien seien bereits getroffen. Bünte berichtete, dass Uniper erwartet, die drei verbliebenen Kohleblöcke in Scholven, die eigentlich bis zum 30. Juni 2023 auslaufen sollen (der Block C schon Ende 2022), angesichts der drohenden Energiekrise vorerst weiterlaufen werden.

2600 Wohnhäuser in Gladbeck werden mit Fernwärme versorgt

Darunter befindet sich auch der Fernwärme-Kraftblock, der in Gladbeck 2600 Häuser, darunter Mehrfamilienhäuser, versorgt. Zusätzlich gibt es 200 Industrie-und Gewerbekunden, darunter auch das Rathaus oder die Schulen. Außerdem versorge man vom Kraftwerksstandort Scholven auch Gladbecker Unternehmen mit Prozessdampf, der unersetzlich für die Produktion sei. Das als Ersatz gedachte Gaskraftwerk, das fast fertig sei, sollte eigentlich zur kommenden Jahreswende in Betrieb gehen. Angesichts des russischen Gases, das dort genutzt werden sollte, stehen nun Fragezeichen hinter dem Starttermin.

Die Scholvener Kohle-Kraftblöcke, weit über 40 Jahre alt, würden als systemrelevant gelten, so Bünte. Für den Block B gebe es bereits deutliche Hinweise des Netzübertragungsbetreibers, ihn nicht stillzulegen. Und auch für den Block C erwartet Bünte eine entsprechende Aufforderung. „Darüber müssen wir nun mit der Bundesnetzagentur reden.“

ELE hat 48.000 Gaskunden

Im gesamten Netz der ELE in Gelsenkirchen, Bottrop und Gladbeck gibt es 125 Industrie-Gaskunden, also Großabnehmer. Insgesamt sind davon nach dem Notfallplan der Bundesnetzagentur 71 nicht geschützt, müssen also im Notfall mit Abschaltungen oder mindestens deutlichen Reduzierungen rechnen.

41 dieser Kunden sind in Gelsenkirchen zu finden, 20 in Bottrop und zehn in Gladbeck. Insgesamt hat die ELE 48.000 Gaskunden in den drei Städten, darunter rund 25.00 in Gelsenkirchen, etwa 13.000 in Bottrop und knapp 10.000 in Gladbeck. Während in Gladbeck und Bottrop holländisches Gas vertrieben wird, ist es in Gelsenkirchen russisches.