Gladbeck. Notfalleinsätze können bald im Kreis Recklinghausen vom Telenotarzt unterstützt werden. Auch die Feuerwehr Gladbeck muss sich darauf vorbereiten.
Ein Telenotarzt soll bis zum Jahresende seinen Dienst antreten, um – aus der Leitstelle via Kamera und Mikrofon zugeschaltet – auch im Kreis Recklinghausen Rettungsdiensteinsätze begleiten zu können. Dafür hat die Steuerungsgruppe „Telenotarzt NRW“ um Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann jetzt grünes Licht gegeben. Der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes für das Kreisgebiet, Dr. Nico Schuback, gibt eine erste Einschätzung, wo der Telenotarzt häufiger eingesetzt werde könnte.
Insgesamt sechst Trägergemeinschaften hatten landesweit beantragt, einen Telenotarztstandort aufzubauen. Ziel der Steuerungsgruppe ist es, bis Ende 2022 mindestens einen Telenotarztstandort je Regierungsbezirk in den Regelbetrieb aufzunehmen. Dem Gremium gehören neben der Landesregierung auch die Verbände der Krankenkassen, die kommunalen Spitzenverbände und die Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe an. Bis 2025 soll die computergestützte ärztliche Hilfe dann in Nordrhein-Westfalen vollständig ausgebaut worden sein.
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Kreistag stimmt für Kooperation mit der Telenotarztzentrale in Münster
Der Kreistag in Recklinghausen hatte der Einführung des Telenotarztsystems und einer Zusammenarbeit mit der Stadt Münster Ende September zugestimmt. In der Großstadt mit Sitz der Bezirksregierung soll die Telenotarztzentrale entstehen. Die Trägergemeinschaft entspricht den Kreisen des Regierungsbezirks ohne die Städte Gelsenkirchen und Bottrop: Den Landkreisen Recklinghausen, Borken, Coesfeld, Warendorf und Steinfurt.
Mit dem Telenotarztsystem kann der Rettungsdienst am Einsatzort einen erfahrenen Notarzt konsultieren. Der hinzugeschaltete Mediziner sitzt in der Zentrale in Münster und kann die in Echtzeit übermittelten Vitaldaten des Patienten am Computerbildschirm mitverfolgen, zudem über Kamera, Kopfhörer und Mikro mit den Notfallsanitätern vor Ort kommunizieren und Anweisungen geben. Denn schon allein bestimmte, etwa schmerzstillende Medikamente, dürfen nur vom Arzt freigegeben werden. Vorteil: Schnellere komplette Hilfe für den Patienten, wenn die diensthabenden Notärzte vor Ort durch andere Einsätze gebunden sind. Denn es ergibt sich ein zeitlicher Vorteil, vor allem in ländlichen Gebieten mit langen oder zeitraubenden Anfahrten (z.B. viele Eisenbahnschranken etc.).
Telenotarzt wohl wichtiger für das dünner besiedelte nördliche Kreisgebiet
Der Bedarf im dichter besiedelten, eher urbanen Kreis Recklinghausen sei sicher nicht so groß wie in den anderen Kreisen der Trägergemeinschaft, sagt der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Recklinghausen, Dr. Nico Schuback. Die Fälle, in denen schnelles Handeln und ein Telenotarzt benötigt werden, beträfen im Kreis daher wohl eher die nördlichen, ländlicheren Kommunen wie Dorsten und Haltern am See, wo die Anfahrt mal etwas dauern könne. Die städtischen, ineinander übergreifenden Strukturen, besonders in den Ballungsgebieten im Süden des Kreises, seien verkehrstechnisch weniger problematisch. „Insgesamt sind wir im Kreis mit elf Notärzten gut aufgestellt. Sie treffen häufig nahezu zeitgleich mit dem Rettungswagen der Notfallsanitäter am Einsatzort ein. Und in der Regel können wir die Vorgabe gut erfüllen, dass das erste Rettungsmittel im städtischen Raum spätestens acht Minuten nach dem Notruf, und im ländlichen Raum nach zwölf Minuten am Einsatzort ist.“
Institut berät Kommunen
Bereits seit 2014 ist eine Telenotarztzentrale in der Stadt Aachen im Regelbetrieb. Neben den Rettungswagen aus der Stadt Aachen sind dort auch Fahrzeuge der Städteregion Aachen und den Kreisen Euskirchen, Heinsberg, Düren sowie (noch) Borken aufgeschaltet. Derzeit wird das Telenotarztsystem im Regierungsbezirk Detmold von der Stadt Bielefeld und den Kreisen Lippe, Höxter, Paderborn, Herford, Gütersloh und Minden-Lübbecke etabliert.
Das Aachener Institut für Rettungsmedizin und zivile Sicherheit (ARS) unterstützt die Kommunen bei der Einführung von Telenotarztsystemen. Hierzu zählen unter anderem Projektplanung, Begleitung der Projektumsetzung in den Regelbetrieb, wissenschaftliche Begleitforschung, Integration in die Bedarfsplanung, Aufbau eines Qualitätsmanagement-Konzeptes und der dazugehörigen Strukturen sowie die Möglichkeit einer Probebetrieb-Aufschaltung in die Telenotarztzentrale in Aachen.
Aufgrund dieser Überlegung „jetzt aber nur ein oder zwei Rettungsfahrzeuge im Kreis mit dem Telenotarztsystem auszustatten“, davon halte er nichts, sagt Dr. Schuback. „Denn man weiß ja nie genau, welcher Rettungswagen zu welchem Einsatz alarmiert wird, wo dann aufgrund der Situation der schnelle Kontakt zum Telenotarzt wichtig sein kann.“ Dies bedeutet, dass alle Rettungswagen auf den Wachen in den kreisangehörigen Kommunen, auch in Gladbeck, aufgerüstet werden müssten. Diese Zusatzkosten könnten dann „über die entsprechend zu erhöhenden Pauschalen für die Rettungsdiensteinsätze refinanziert werden, die die Krankenkassen zahlen“, so Schuback. Die Ausbildung der Notfallsanitäter für das Telenotarztsystem soll über die Rettungsdienstschule in Recklinghausen erfolgen. Schuback fordert aber auch, dass mit der Einführung des Systems darauf geachtet werden müsse, „dass die hoch qualifizierten Notfallsanitäter nicht zur reinen Befehlsempfängern des Telenotarztes degradiert werden“.
Weitere Gespräche zur Einführung des Systems sind im Januar geplant
Der ärztliche Leiter des Rettungsdienste sieht „noch einigen Klärungsbedarf“ auf dem jetzt weiter zu beschreitenden Weg Richtung Telenotarzt, „wie zum Beispiel die Dienste in der Leitstelle in Münster mit Ärzten besetzt werden sollen“. Im Januar seien weitere Gespräche für die nächsten Schritte geplant. Dr. Nico Schuback: „Es ist klar, dass das Telenotarztsystem Ende 2022 auf jeden Fall kommt. Bis dahin liegt aber noch ein gutes Stück Arbeit vor uns“.