Gladbeck. Telenotärzte sollen bald Notfalleinsätze aus der Ferne unterstützen. Das sagt der Leiter des Gladbecker Rettungsdienstes zu den Plänen.
Bei Notfalleinsätzen des Rettungsdienstes der Feuerwehr könnte bald auch in Gladbeck der Telenotarzt im Rettungswagen mitfahren. Nicht körperlich anwesend, aber über eine Zentrale aus der Ferne zugeschaltet via Kamera, um per Kommunikation über Kopfhörer und Mikro den Notfallsanitätern Anweisungen zu geben. Vorteil: Schnellere komplette Hilfe für den Patienten, vor allem, wenn die diensthabenden Notärzte vor Ort durch andere Einsätze gebunden sind. Der Ausschuss für Mobilität, Feuerschutz und Rettungswesen des Kreises Recklinghausen hat dafür jetzt den Weg frei gemacht.
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Der Leiter des Rettungsdienstes der Gladbecker Feuerwehr, Georg Fragemann, beschäftigt sich schon einige Zeit mit dem Thema. „In Aachen ist der Modellversuch bereits 2014 gestartet, wir wollen jetzt das System auf den Prüfstand stellen, um für uns zu einer Bewertung zu kommen.“ Eine Delegation aus Gladbeck wolle so in die westlichste deutsche Großstadt reisen, um das Konzept zu beleuchten, „und zu erfahren, was alles an Technik und Personal dranhängt“. Ein erstes Vorgespräch zum Telenotarzt habe es auch schon mit dem ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Recklinghausen, Dr. Nico Schuback, gegeben, „mit weiterer Prüfabsicht, in welcher Form es im Kreis umgesetzt werden könnte“.
Es gibt noch einige Fragen zur Finanzierung und zum Personal zu klären
Vieles müsse noch in finanzieller und personeller Hinsicht geklärt werden, sagt Fragemann, „wie wir zum Beispiel Telenotärzte in unser bestehendes Rettungssystem integriert kriegen, die ja noch geschult werden müssen, und die auch für die Aufgabe motiviert sein sollten“. Auch die notwendige Technik müsse für die Rettungsfahrzeuge noch angeschafft werden, „um die Telekommunikations- und Videoverbindung herzustellen, sowie die Vitaldaten des Patienten in Echtzeit in die Telenotarzt-Zentrale übermitteln zu können“, so Fragemann.
Denn das ist der Vorteil des Telenotarztes, dass er nicht nur bei komplexerem Unfallgeschehen, sondern auch bei einem medizinischen Notfalleinsatz, der sich erst vor Ort etwa als kritischer Herzinfarkt entpuppt, sofort zum Rettungsteam hinzugeschaltet werden kann. Um dann auch die Vitaldaten, etwa Beatmungs- oder EKG-Werte, in Echtzeit auf seinen Monitor in der Einsatzzentrale übertragen, einzusehen, um den Notfallsanis vor Ort dann Anweisungen geben zu können. Denn die Besatzungen der Rettungsfahrzeuge dürfen selbst nur bestimmte Behandlungen durchführen und nur eine begrenzte Anzahl der mitgeführten Medikamente aufgrund ihrer ersten Verdachtsdiagnostik selbst einsetzen. „Die tatsächliche Diagnostik obliegt dem Arzt“, so Fragemann. Und für einige Behandlungsmaßnahmen brauchten die Sanitäter die Freigabe oder Anweisung durch den Notarzt. Das gelte etwa schon für die Gabe schmerzstillender Betäubungsmittel, „zum Beispiel bei einem sonst nicht weiter gravierenden Knochenbruch“.
Bei Belastungsspitzen könnte auch auf den Rettungshubschrauber verzichtet werden
Absichtserklärung ist auf dem Weg
Mit der Befürwortung einer Absichtserklärung durch den Ausschuss für Mobilität, Feuerschutz und Rettungswesen ist die Beteiligung an einem Telenotarztsystem im Kreise Recklinghausen angestoßen. Eine Trägergemeinschaft, mit weiteren beteiligten Städten und Kreisen des Regierungsbezirkes, soll eine Telenotarzt-Zentrale in Münster einrichten.
Letztlich entscheidest der Kreistag am 29. September über die Unterzeichnung der Telenotarzt-Absichtserklärung. Sofern der Kreis Recklinghausen sich für die Einführung des Telenotarztsystems und eine Zusammenarbeit mit der Stadt Münster entscheidet, ist dieses im Rettungsdienstbedarfsplan darzustellen und mit den Kostenträgern abzustimmen.
Der für fünf Jahre seit 2017 geltende Rettungsdienstbedarfsplan für den Kreis Recklinghausen muss 2022 fortgeschrieben werden. Dies passt zum vorgegebenen Zeitplan in der Absichtserklärung, wonach beide Parteien beabsichtigen, im Jahr 2022 eine Trägergemeinschaft am Standort Münster zu bilden. Weiteres gemeinsames Ziel ist der Start des Telenotarztsystems bis Ende des Jahres 2022.
Mit dem zugeschalteten Telenotarzt müsse dann nicht mehr abgewartet werden, bis ein diensthabender Notarzt vor Ort eintrifft, müsse bei Belastungsspitzen kein Rettungshubschrauber mehr angefordert werden. Und dem Notfallpatienten könne schneller mit allen möglichen Maßnahmen geholfen werden. „Das ist ohne Frage ein großer zeitlicher Vorteil, besonders in ländlichen Gebieten, verlangt aber auch mehr Verantwortung von den ausführenden Notfallsanitätern“, so Georg Fragemann. In Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet mit Gladbeck, und sich bei hohem Einsatzaufkommen aushelfenden Rettungsteams aus Nachbarstädten, treffe der Notarzt bei Notwendigkeit und Alarmierung hingegen fast immer zeitgleich mit den Rettungswagen innerhalb der vorgeschriebenen acht Minuten ein. „So dass wir kreisweit noch einige Fragen zum sinnvollen Einsatz des Telenotarztes abklären müssen.“