Gladbeck. In Pandemie-Zeiten kommt es auf jeden Tropfen Blut an. In Gladbeck startete eine Sonder-Spendenaktion. Die Stadt bildet eine Ausnahme.

Es kommt auf jeden Tropfen an. Denn wegen der Corona-Pandemie bleiben in der vierten Welle vielerorts selbst langjährige und potenzielle Blutspender zuhause. Eine Sonderaktion am Dienstag im Berufskolleg Gladbeck soll helfen, die geleerten Lager aufzufüllen. Wilhelm Walter, Vorsitzender und Kreisrotkreuzleiter beim örtlichen DRK, hat aber auch überraschend gute Nachrichten.

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Doch zunächst das Problem: „Wir liegen 30 Prozent unter dem Bestand, den wir benötigen. Und davon sind alle Blutpräparate betroffen.“ Wilhelm Walter erläutert: „Für eine Notreserve wird immer etwas zurückgelegt.“ Aber es werde eben eng. Stephan David Küpper vom DRK-Blutspendedienst West stellt fest, dass seit Oktober Menschen, die Lebenssaft spenden könnten, nicht zu den Aktionen kommen. „Das war im Frühjahr noch anders“, vergleicht der Gladbecker Rote-Kreuz-Experte Wilhelm Walter. Der Grund? „Dieses Verhalten ist eindeutig auf Corona zurückzuführen.“

Es gelten beim Blutspendetermin des DRK Gladbeck die 3G-Regel und Maskenpflicht

Dabei müsse niemand Angst vor einer Ansteckung mit dem gefährlichen Virus haben, beteuert der Experte. Er berichtet: „Wir haben 3G (vollständig geimpft, genesen oder negativ getestet) eingeführt. Früher war das anders, weil Blutspende als systemrelevant eingestuft war. Jetzt gilt bei uns dazu noch die FFP2-Masken-Pflicht.“

In den aktuellen Schutzvorschriften scheinen Spendewillige weder Ärgernis noch Hürde zu sehen. Fast im Minutentakt stellen sich bei dieser Sonderaktion Menschen ein, die mit ihrem Blut Leben retten wollen. Die Aktion ist gerade erst gestartet, und schon steht knapp ein Dutzend Freiwillige bereit. Wilhelm Walter fragt immer wieder: „Sind Sie angemeldet? Haben Sie eine FFP2-Maske dabei?“ Lautet die Antwort „nein“, ist das auch kein Thema. Dann zückt der Rotkreuzler eben eine der erforderlichen Gesichtsbedeckungen und stellt sie zur Verfügung. „Wir haben FFP2-Masken vorrätig“, so Wilhelm Walter. Daran soll eine gewollte Blutspende nicht scheitern. An Schutz-Regeln „haben sich die Leute in diesen Zeiten gewöhnt“: Da gibt’s keine Diskussionen. Bereits vor 16 Uhr verzeichnet das Rote Kreuz fast 70 Beteiligte, und bis zum Aktionsende um 18 Uhr ist ja noch Zeit für weitere Spenden.

Wilhelm Walter stellt schließlich fest: „Auch Spenderinnen und Spender, die über viele Jahre kein Blut gespendet haben, kamen wieder, um Mitmenschen zu helfen.“ Sehr erfreulich sei auch die Teilnahme von „Neulingen“, 14 an der Zahl: „Ein super Ergebnis!“ Am Abend zählt das DRK-Team 104 Menschen aus, die ihren Lebenssaft für andere gegeben haben.

Wilhelm Walter, Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Gladbeck, betont: Es werde niemand weggeschickt, der Blut spenden will.
Wilhelm Walter, Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Gladbeck, betont: Es werde niemand weggeschickt, der Blut spenden will. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Wilhelm Walter betont: „Wir schicken keinen weg. Heute haben wir etwa 100 vorgemerkte Termine. Aber nicht alle Spendewilligen haben zum Beispiel Internet, um sich anzumelden. Auch unangemeldete und spontane Blutspender sind willkommen.“ Vielleicht ist es diese Taktik, die dazu führt, dass Gladbeck so etwas wie das gallische Comic-Dorf auf der Landkarte ist, das sich wacker – wie Asterix und Obelix im Widerstand gegen die Römer – behauptet. „Unsere Resonanz liegt gut zehn Prozent über dem Durchschnitt in Westfalen-Lippe“, sagt Wilhelm Walter. Ein Alleinstellungsmerkmal weit und breit. Und noch eine positive Zahl, die aufhorchen lässt: „Wir haben fast 20 Prozent Erstspender.“

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Das Rote Kreuz in Gladbeck ruft regelmäßig zu Blutspenden in der Mathias-Jakobs-Stadthalle auf. 14 Termine waren es in diesem Jahr, zwischen 120 und 160 Menschen folgten der Einladung. Walter freut sich: „Viele halten uns seit Jahren die Treue.“

Minus von mehr als 1000 Spenden

Stephan David Küpper vom DRK-Blutspendedienst West: „Auch nach Zehntausenden von Spenden seit Beginn der Pandemie hat es keinen einzigen Hotspot bei einem Blutspendedienst gegeben.“ Viele Termine hätten jedoch wegen der Corona-Einschränkungen abgesagt werden müssen. Aktionen in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen, beispielsweise Universitäten, wurden wegen der Auflagen ebenfalls gestrichen.

Vor Ausbruch der Corona-Pandemie ging das Deutsche Rote Kreuz (DRK) West von 3428 Spenden täglich in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinpfalz und im Saarland aus. Aber aufgrund der ausgefallenen Termine und geschwundener Resonanz wurden lediglich 2221 Spenden erreicht. Unterm Strich bleibt also ein Minus von mehr als 1000.

So wie die Gladbecker Stadthalle als Aktionsort etabliert ist, gab’s auch in anderen Kommunen feste Veranstaltungsräume. Doch im Sommer überrollte die Flutkatastrophe Städte in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der oberste DRKler in Gladbeck: „Das war ein Tiefschlag, weil Lokale für Blutspenden ausgefallen sind.“ Eine Sorge mehr mit Blick auf die Bestandslage.

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Entspannt kann Wilhelm Walter hingegen auf das Gladbecker DRK-Blutspende-Team schauen. Er erklärt: „Heute sind vier Ehrenamtliche, zwei Ärzte und vier Mitarbeiter des Blutspendedienstes Münster im Einsatz.“ Allesamt seien sie vollständig geimpft und geboostert. Apropos Auffrischungsspritze: „Nach einer Booster-Impfung kann man sofort Blut spenden.“

Registrierung, Temperaturmessung, Arztgespräch, Spenden: „Wenn alles glatt läuft, ist nach 30 bis 45 Minuten alles erledigt.“ Dann gibt’s zur Stärkung und als Dankeschön ein Lunchpaket. Denn die Cafeteria, die bis zum Ausbruch der Pandemie Ehrenamtliche führten, wurde geschlossen.

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