Gladbeck. Drei junge Gladbecker haben sich für den Bundesfreiwilligendienst beim DRK und der Caritas entschieden. Die Bufdis berichten über Beweggründe.
Drei junge Leute, drei verschiedene Lebenswege, drei Hoffnungen für die berufliche Zukunft. Und doch haben Lena Huber, Justin Kulwicki und Annika Franz eines gemeinsam. Sie engagieren sich für das Gemeinwohl – als Bundesfreiwilligendienstler, im Volksmund auch gerne kurz „Bufdi“ genannt.
Einmal täglich werden Corona-Proben nach Recklinghausen gefahren
Wenn Not am Mann ist, setzt sich Justin Kulwicki ans Steuer eines Fahrzeugs des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Gladbeck und macht sich auf den Weg zu Hilfsbedürftigen.
Der 18-Jährige erzählt: „Oftmals brauchen ältere Herrschaften Hilfe, weil sie beispielsweise gestürzt sind.“ Dann drücken sie den Knopf ihres Hausnotrufes und der junge Gladbecker fährt los. Er ist zudem für die Medizinische Transportlogistik (MTL) beim DRK in Einsatz. „Einmal am Tag bringe ich Corona-Proben nach Recklinghausen in die Kreisverwaltung.“
Kulwicki, der das Berufskolleg in Gladbeck besucht hat, gehört seit dem 15. Dezember zur Bufdi-Familie. Sein Job bringt Schichtdienst mit sich, da kann er sich schon einmal an die Arbeit in seinem Traumberuf gewöhnen: Polizist. „Die Ausbildung beginnt erst am 1. September“, berichtet der 18-Jährige. Die Wartezeit bis dahin wollte er mit einer sinnvollen Tätigkeit überbrücken. Kulwicki: „Ich habe mich im vergangenen Oktober bei der Bundeswehr beworben, aber niemals eine Antwort bekommen.“
Ein Posten im Fahrdienst beim DRK lag auf der Hand
Also machte er sich schlau, was es mit dem Bundesfreiwilligendienst auf sich hat und welche Möglichkeiten ihm das Rote Kreuz bieten könnte. Da Kulwicki seinen „Lappen“ in der Tasche hat, lag ein Posten im Fahrdienst ja fast auf der Hand. Stefan Walter, DRK-Kreisgeschäftsführer, betont jedoch ausdrücklich: „Der Führerschein ist keine Voraussetzung, um als Freiwilliger arbeiten zu können.“ Doch eines müssen die Interessenten unbedingt mitbringen: Die Pflichtschulzeit muss absolviert sein. Für Kulwicki war seine Bewerbung beim DRK eine glückliche Fügung. Er sei mit seinem Einsatzgebiet zufrieden und könne den Freiwilligendienst jedem empfehlen, der Zeit überbrücken will.“
Lena Huber hilft in der Alltagsbetreuung bei der Caritas
Das möchte auch Lena Huber. Die 21-jährige Fachabiturientin engagiert sich seit Oktober 2019 in der Alltagsbetreuung der Caritas-Außenwohngruppe an der Schroerstraße, eine „Dependance“ des St.-Suitbert-Hauses.
Hier leben Menschen mit geistiger Behinderung, denen die Gladbeckerin „einen normalen Alltag ermöglichen will“. Reich werden kann man mit diesem Job nicht, es wird ein Taschengeld gezahlt: je nach Anbieter in unterschiedlicher Höhe. Doch reich an Erfahrungen – „Bisher habe ich nur positive gemacht“ – können die Bufdis auf ihre Dienstzeit blicken. Diese könnten der 21-Jährigen für ihren weiteren beruflichen Werdegang von Nutzen sein. Huber möchte in Bochum „Soziale Arbeit“ studieren und wartet auf einen Studienplatz. Ihren „Bufdi-Job“ bezeichnet sie als „Sprungbrett“, als „berufliche Chance“.
„Zwei meiner Brüder haben das schon gemacht“, sagt Huber. Einer sei beispielsweise als Freiwilliger an der Jordan-Mai-Schule eingesetzt gewesen. Die Mutter arbeite als Altenpflegerin – der soziale Bereich ist für die Gladbeckerin also kein Neuland. Zumal sie bereits Schulpraktika in einem Kindergarten und im Offenen Ganztag vorweisen kann.
Wie soll es weitergehen nach dem Abitur?
Wie Annika Franz, die ihr Abitur am Riesener-Gymnasium „baute“ – und „danach nicht so recht wusste, wohin es weiter gehen soll“.
Sollte sie Betriebswirtschaft studieren? Oder doch lieber Grundschullehrerin werden? Oder einen ganz anderen beruflichen Weg einschlagen? Sie nutzte das Angebot, an zwei Schnuppertagen für Bufdis beim Caritasverband teilzunehmen und bemühte sich um einen Platz – mit Erfolg. Die 19-Jährige berichtet: „Ich bin im Johannes-van-Acken-Haus, um die Bewohner zu unterstützen. Ich gehe einkaufen, begleite sie bei Arztbesuchen, bin in Gruppenstunden und Raterunden dabei.“ Der Freiwilligendienst helfe ihr bei der beruflichen Orientierung.
Franz gefällt nicht nur die Praxis, sondern auch das Seminarangebot. „Da habe ich die Gelegenheit, Bufdis aus anderen Städten und Einrichtungen zu treffen, mich mit ihnen auszutauschen.“ Da stehen dann Themen wie politische Bildung, Prävention sexueller Gewalt und Teilhabe behinderter Menschen auf dem Programm. „Als Selbstexperiment haben wir einmal mit dem Satz, den ein Hartz-IV-Empfänger bekommt, eingekauft“, so die 19-Jährige.
Es geht darum, Bewerber und Aufgaben passgenau zusammen zu führen
Bei der Bewerbung sei es ihr wichtig gewesen, „dass ich nicht in der Pflege eingesetzt werde“, sagt Annika Franz.
Auskünfte und Kontakt
Verschiedene Verbände, Organisationen und Vereine bieten den Bundesfreiwilligendienst an, unter anderem die Stadtverwaltung und die Arbeiterwohlfahrt (Awo). Wer sich für einen Platz bei der Caritas Gladbeck interessiert, kann sich an das Bistum Essen wenden.
Oder direkt an den Sitz vor Ort an der Kirchstraße 5-7. Telefonischer Kontakt: 02043/27910. „In der aktuellen Runde stehen insgesamt 27 Plätze zur Verfügung“, so Pressesprecherin Antonia Gemein.
Interessenten für eine „Bufdi“-Stelle beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Gladbeck können sich an der Europastraße 26, melden. Weitere Informationen: 02043/48460. Zehn Plätze gibt es.
Die Regeldauer für einen Bufdi-Einsatz ist ein Jahr. Stefan Walter: „Sie kann aber auch verkürzt werden, wenn beispielsweise eine Ausbildung vor Ablauf dieser Zeit beginnt oder ein Studienplatz frei wird.“ Ebenso ist eine Verlängerung auf maximal 24 Monate möglich.
Das muss sich auch nicht, wenn sie nicht möchte. Caritas-Pressesprecherin Antonia Gemein stellt klar: „Wir fragen generell, wo die Interessen liegen. Möchte zum Beispiel jemand mit Senioren arbeiten oder mit behinderten Menschen? Obwohl es ja auch in diesen Bereichen viele Unterschiede gibt.“ Stefan Walter nickt zustimmend: Auch das DRK ist darauf bedacht, Bewerber und Aufgaben passgenau zusammenzuführen – manchmal ist sogar das Ausland eine Option. Nicht selten, so die beiden Fachleute, werden aus einstigen Bufdis Kräfte, die den Organisationen dauerhaft erhalten bleiben – sei es beruflich oder ehrenamtlich. Wie auch immer, Walter nennt die Freiwilligendienstler „eine Bereicherung“.
Und das Angebot möglicher Einsatzgebiete ist groß. Allerdings klaffen Bewerbungen und Planungen der Anbieter Mitte des Jahres auseinander. Walter: „Wir fangen im April/Mai an, Kräfte zu suchen. Aber Mitte des Jahres haben wir immer einen Engpass.“ Antonia Gemein bestätigt: „Wir zittern so lange, bis die Unis ihre Bescheid verschickt haben.“ Wird nichts aus dem Studienplatz, ziehen junge Leute Plan B – Freiwilligendienst – aus der Schublade und bewerben sich bei Caritas, DRK und anderen.