Gladbeck. Manche Gastronomen in Gladbeck überprüfen Impf- und Testnachweise nicht. Und wer 3G kontrolliert, wird mitunter beschimpft und bedroht.
Die Lockerungen der Corona-Regeln machen einiges wieder möglich, auch den Besuch eines Restaurants. Wer unbeschwert essen möchte, möchte darauf vertrauen, dass die anderen Gäste geimpft, genesen oder getestet sind. Doch kontrollieren das die Gastronomen in Gladbeck überhaupt? Ein Rundgang der WAZ hat Negatives ans Licht gebracht.
Abendessen im Restaurant Jammerkrug: Es ist voll, jeder Tisch besetzt, wie in Vor-Corona-Zeiten. Leider gehe es dort auch so zu, als wäre die Pandemie vorbei, haben uns zwei Besucher, unabhängig voneinander, erzählt. Niemand werde nach einem Impfnachweis oder negativen Test gefragt.
Im Meygarten hat das Paar vor uns die Handys schon gezückt und zeigt dem Mitarbeiter im Eingangsbereich die Impf- oder Testnachweise unaufgefordert. Wir lassen unsere Smartphones absichtlich in der Tasche – und können ungehindert weitergehen. Naja, vielleicht wird am Tisch kontrolliert. Fehlanzeige. Als wir das Lokal wieder verlassen, „vergessen“ wir die Maskenpflicht, gehen zur Kasse an der Theke, bezahlen, plaudern noch ein bisschen mit der Kassiererin. Kein Hinweis auf den fehlenden Mund-Nasen-Schutz. Das Personal übrigens trägt ausnahmslos Masken.
lm Mundart müssen Gäste am Eingang warten, bis das Personal den Nachweis und sogar den Personalausweis geprüft hat
Auch bis zum Rathauscafé Schwarte hat sich Ende September offenbar die Kontrollpflicht noch nicht herumgesprochen, und auch nicht, dass die Zeit der „Zettelwirtschaft“ vorbei ist. Jeder Gast hinterlässt dort immer noch seine Kontaktdaten auf Papier. „Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie, dass Sie im Besitz eines Impfnachweises oder aktuellen Negativ-Tests oder Genesenen-Attests sind. Der Nachweis ist mitzuführen und ggf. bei Kontrollen durch die zuständige Behörde vorzuweisen“, steht auf dem Zettel. Nicht so ganz im Sinne der aktuellen Verordnung. „Die Nachweise einer Immunisierung oder Testung sind beim Zutritt von den für diese Einrichtungen und Angebote verantwortlichen Personen oder ihren Beauftragten zu kontrollieren“, heißt es dort.
Im Restaurant Mundart hält man sich vorbildlich daran. Vor der Tür zum Gastraum weist ein Schild unmissverständlich auf die 3G-Regel hin. Beim Eingang müssen die Gäste warten, bis das Personal den Nachweis und sogar den Personalausweis geprüft hat. Und was wir nicht aus eigener Erfahrung wissen, sondern von anderen Besuchern: Kontrolliert wird auch, wer nur durch den Schankraum zum Biergarten geht. Ausnahmen gibt es auch im Restaurant „Poseidon“ nicht. Draußen und drinnen wird kontrolliert. Man kennt uns, aber das ändert nichts. Seit Ausbruch der Pandemie waren wir nicht dort. Also: Impfnachweis vorzeigen. Dass wir dieses Mal als „Tester“ unterwegs sind, weiß Mitbetreiberin Kerstin Prasinos nicht.
Einige Besucher seien ganz verwundert über die Kontrollen
Auch in „Thesings Marktstübchen“ achtet man penibel darauf, dass jeder Gast geimpft, getestet oder genesen ist. Als die Restaurants nach dem Lockdown wieder öffnen durften, war dort eigens eine Mitarbeiterin ausschließlich damit beschäftigt, die Nachweise an der Tür zu kontrollieren.
KOD hat noch keine Verstöße festgestellt
Fehlende Kontrollen sind nicht die einzigen Verstöße, die uns aufgefallen sind. Mal fehlten Hinweisschilder auf die 3G-Regel, mal trugen Servicekräfte keine Masken, achtete niemand auf die Maskenpflicht der Gäste. Nicht überall wurden Tische desinfiziert, wenn Gäste gegangen bzw. neue Platz genommen hatten.
„Kontrollen durch den Kommunalen Ordnungsdienst erfolgen stichprobenartig und auf Beschwerden hin“, teilt die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit. Beschwerden seien in den vergangenen Monaten „nur vereinzelt bis gar nicht“ eingegangen. In den zurückliegenden Wochen habe es aufgrund von Hinweisen zwei Kontrollen gastronomischer Betriebe gegeben. Verstöße seien dabei nicht festgestellt worden.
Inzwischen weiß Betreiber Wolfgang Thesing von den meisten (Stamm-)gästen, dass sie die Voraussetzungen erfüllen. Kennt er jemanden nicht, überprüft er die Dokumente. „Und häufig sind Besucher dann ganz verwundert, dass es bei uns Kontrollen gibt“, erzählt er. Kein Wunder, wenn man weiß, wie locker es anderswo zugeht.
Bei Missachtung der Regeln werden Bußgelder fällig – für Gast und Gastronom
Auch im Schloss Wittringen. Zur Kaffeezeit ist das Restaurant gut besucht. Ein großes Schild vor der Tür weist auf die geltende 3G-Regel hin – kontrolliert wird die Einhaltung nicht. Nur einer der Service-Kräfte, die wir sehen, trägt den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz – unter der Nase. Dass auch wir den Gastraum „oben ohne“ verlassen, interessiert niemanden. Das i-Tüpfelchen entdecken wir schließlich, als wir uns das Schild vor der Tür noch einmal genau ansehen. Da teilt der Betreiber seinen Gästen mit, dass sie beim Verstoß gegen die 3G-Regel bei einer Kontrolle für die Strafe aufkommen müssen.
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Ein klares „Nein“ kommt dazu aus dem Rathaus. „Sowohl der Gastronom als auch der Gast müssen in einem solchen Fall eine Strafe zahlen, und die lässt sich nicht ,umlegen‘“, teilt Pressesprecher David Hennig mit. Die Bußgelder sind nicht zu knapp. 50 Euro sind bei Nichttragen einer medizinischen Maske fällig, 250 Euro bei Nutzung der Innengastronomie ohne Impfung oder Test. Der Betreiber einer Gastronomie muss sogar 500 Euro zahlen, wenn er dabei auffällt, dass er Impf- oder Testnachweise nicht kontrolliert hat. Fazit nach unseren Stichproben: Bei regelmäßigen Kontrollen wäre so manches Bußgeld fällig!
>>> Das sagen die Gastronomen zu den Beobachtungen der WAZ:
Im Anschluss an unsere Besuche in den Restaurants haben wir die Gastronomen um Stellungnahmen gebeten.
Vom Restaurant Jammerkrug kommt ein klares Dementi: „Wir als Jammerkrug-Team möchten zuerst einmal klarstellen, dass wir die Maßnahmen der Corona-Regeln sehr ernst nehmen. Wir halten uns stets an die 3G-Regel“, heißt es in der Antwort-Mail. Jeder Gast werde am Eingang kontrolliert. Habe jemand keinen Mund-Nasen-Schutz, bekomme er eine Maske vom Haus. Vergesse ein Gast sie auf dem Weg zum Salatbuffet oder zur Toilette, weise ihn das Personal auf die Maskenpflicht hin. In Einzelfällen könne das möglicherweise unbemerkt bleiben: „Wenn das Lokal voll ist, ist es leider nicht immer möglich, alle Gäste gleichzeitig im Auge zu behalten.“
Heiner Schwarte vom Rathauscafé ist überzeugt, alles richtig zu machen. Er habe sich von der Kreishandwerkerschaft rechtlich beraten lassen: „Unsere Gäste versichern mit ihrer Unterschrift auf den Kontaktlisten an Eides statt, dass sie geimpft, genesen oder getestet sind und die Nachweise bei sich haben.“ Kontrollieren könnten das nur die Ordnungsbehörden. „Wie soll unser Personal feststellen, ob die Nachweise echt sind?“ Seit der Lockerung der Regeln am 1. Oktober allerdings gelte bei ihm eine andere Regelung: „Seit wir unsere Innenräume wieder voll besetzen dürfen, muss jeder Besucher im Eingangsbereich oder am Tisch den Nachweis zeigen. Die Listen entfallen.“
Einige Gastronomen berichten von Beschimpfungen und Bedrohungen
Die Verantwortlichen des Restaurants Schloss Wittringen lehnen eine Stellungnahme ab. Einzig Erwin Zorn, Chef im Meygarten, räumt mögliche Versäumnisse ein: „Wenn Sie keinen Nachweis vorzeigen mussten, sind Sie in einem unglücklichen Moment gekommen, aber es ist unser Fehler“, sagt er, versichert aber, die Regel sei das in seinem Restaurant nicht. „Im Gegenteil. Weil wir so genau kontrollieren und Leute nach Hause schicken, die keinen Nachweis haben, werden wir oft beschimpft, vor Ort und in sozialen Medien.“ Von Beschimpfungen oder gar Bedrohungen sprechen auch andere Gastronomen. Kerstin Prasinos sagt sogar: „Manche, die ich abweise, reagieren so ungehalten, dass ich Angst bekomme.“
In der Szenekneipe Café Goethestraße sind die Kontrollen nicht so einfach. Auf dem Gehweg stehen Rauchende dicht gedrängt, Gast- und Thekenraum sind proppevoll. Im Eingangsbereich ist ein Kommen und Gehen. „Das Personal ist klar angewiesen, jeden Kunden, der ins Goethe geht, zu überprüfen“, unterstreicht Chef Felix Herberhold. In Stoßzeiten sei das sicherlich schwieriger. Er überlege daher, so Herberhold, künftig mit Stempeln auf der Hand für Kontrollierte zu arbeiten, „um besser den Überblick behalten zu können“.