Ruhrgebiet. Geimpfte, Getestete und Genesene dürfen in NRW in Gaststätten. Erste Wirte und Veranstalter gehen jetzt darüber hinaus - zum Teil erheblich.
Für den „Playboy“ gehört die Bar „Balke“ in Dortmund zu den 100 besten in Deutschland, aber unter den hundert schnellsten ist sie bestimmt auch: Im Internet, zwischen Reservierungsbutton und Gin-Reklame, weist sie jetzt darauf hin, dass nur noch genesene und geimpfte Gäste in den Innenbereich kommen dürfen. Wer nur getestet ist, muss draußen bleiben; und ja, die Bar hat einen Außenbereich. Zur Toilette dürfen auch diese Gäste hereinkommen. An was man alles denken muss!
Das 2G auf eigene Faust begründet das „Balke“ damit, in der Verantwortung zu stehen, „das gesundheitliche Risiko vor allem für unser Personal, aber auch für unsere Gäste soweit wie möglich zu minimieren“. Man wolle so auch für eine hohe Impfquote werben. Das sei der „vielversprechendste Hebel, um ohne größere Einschränkungen weiter durch die Pandemie zu kommen“.
„Die einzige Möglichkeit für die Rückkehr von so etwas wie Normalität“
Das ,Balke’ ist zwar schnell, aber schon nicht mehr allein: Während in Nordrhein-Westfalen 3G gilt, setzt eine kleine, aber wachsende Minderheit von Wirten und Wirtinnen, Veranstaltern und Veranstalterinnen bereits auf das strengere 2G oder kündigt es an für demnächst. Über das Hausrecht dürfen sie das, und so sind Gäste gut beraten, fortan vorab zu schauen, was in ihrem Gasthaus gilt: 3G, 2G, 2G Light, 2G+, R2G . . . ach Quatsch, R2G ist doch falsch, das sagen Wichtigtuer kennerisch über Koalitionsmöglichkeiten in Berlin.
Auf 2G mit Ausnahme von Menschen, die sich nicht impfen lassen können, setzt von Mittwoch an auch das ehrenamtlich geführte Kulturzentrum Steinhof in Duisburg. Es sei „die einzige Möglichkeit für die Rückkehr zu so etwas wie Normalität in absehbarer Zeit“, sagt der Vorsitzende Arno Eich: „Wir retten gerade das, was noch zu retten ist. Ohne deutlich höhere Impfquote wird es keine wirtschaftlich tragbaren Kulturangebote mehr geben.“
Gaststättenverband kann noch nicht einschätzen, ob das Erfolg hat
In Gladbeck ist es beispielsweise Wolfgang Thesing, der für „Thesings Marktstübchen“ eine Art 2G light ankündigt: Zutritt für Geimpfte, Genesene und PCR-Getestete; der PCR-Test ist der zuverlässigste, aber auch der teuerste. Für Zeiten des Hochbetriebs am Wochenende müsse er zwar eine Kraft abstellen, „die dann nur den Einlass kontrolliert, damit keiner ohne Nachweis durchschlüpft“, sagt Thesing: Aber das sei ihm der erhöhte Schutz der Mitarbeiter und Gäste wert.
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Der nordrhein-westfälische Hotel- und Gaststättenverband ist in der Frage entschieden unentschieden. „Wir begrüßen die Abkehr von der reinen Inzidenzbetrachtung hin zum Zugang für 3G“, sagt sein Sprecher Thorsten Hellwig. Ebenso begrüße man, dass nun „jeder für sich, seine Mitarbeiter und seine Gäste . . . für oder gegen 2G entscheiden kann.“ Man könne noch nicht einschätzen, wie hoch deren Anteil werde und wie erfolgreich das sei: „Das wird von Betrieb zu Betrieb und abhängig von der Gästestruktur sehr unterschiedlich sein.“
Bermuda-Dreieck belässt es beim Zutritt für alle 3G
Sicher ist: Eine deutliche Mehrheit steht derzeit hinter 3G. Im Bochumer Bermuda-Dreieck etwa mit seinen dutzenden Gaststätten und tausenden Freisitzen „muss weiterhin jeder die Chance haben, sich aktuell testen zu lassen“, sagt Christian Bickelbacher, der Sprecher der Interessensgemeinschaft. Teilweise waren dort Testzentren sogar in Gastronomien, direkt davor gibt es sie immer noch.
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Die Zwei-G eingeführt haben, berichten von ganz überwiegend freundlichen Reaktionen ihrer Kundschaft. „Ausnahmslos positive Rückmeldungen“ beschreibt Jan Möller, der Geschäftsführer der Balke-Bar, und der Steinhof zählt unter 100 Facebook-Reaktionen „90 Prozent Zustimmung“. Der Inhaber einer Tanzschule in Dortmund, die zumindest bei Erwachsen jetzt auch Impfung oder Heilung voraussetzt, hat den Moment der Verkündung vor Publikum so erlebt: „Die Leute sind aufgestanden und haben applaudiert“, so Klaus Rimek.
Einige Wirte in Gelsenkirchen ergreifen noch strengere Vorkehrungen
Kalle van Loon aus der Castrop-Rauxeler „Marktschänke“ will Mitte September in den Innenräumen umstellen auf 2G, nach dem Gastro-Festival „Castrop kocht über“. Er sei es leid, dass Menschen mit gefälschten Tests zu ihm kämen, sagt van Loon. Er hat ein System mit Armbändchen ausgeklügelt: täglich wechselnde für Getestete, die ja auch hier außen willkommen sind; dauerhaft nutzbare für Geimpfte und Genesene: „Die Gäste finden das ganz toll.“
Auch Veranstalter von Oktoberfesten haben bereits angekündigt, auf 2G zu setzen, so in Moers und Essen. Es ist vermutlich erst der Anfang, es gibt ja auch noch 2G+: In Gelsenkirchen verlangen bereits zwei Wirte von Geimpften und Genesenen noch zusätzlich einen Schnelltest. „Doppelt- und Dreifach-Schutz“nennt es Peter Wendt aus der Kneipe „Fliegenpils“. 3G war einmal. Bald kommt 2D.